Umfrage
Brauchen junge Leute Kleidungsvorschriften im Schulalltag?
Bauchfreie Tops, hüfthohe Hosen, markige Sprüche auf Hoodies (Kaputzen-Sweater) und dann noch mit einer Jogginghose in den Unterricht. Viele Eltern fürchten den fast täglichen Streit vor dem Kleiderkasten. Doch was ist an unseren Schulen überhaupt kleidungstechnisch angesagt? Und wie stehst du dazu?
DEUTSCHLANDSBERG. Zu eng, zu kurz, zu löchrig, zu lässig: Für viele Erwachsene ist die Jogginghose in der Schule oder das bauchfreie Top ein absolutes No-Go, für Jugendliche aber total angesagt, um "in" und damit unter den Gleichaltrigen auch anerkannt zu sein. Egal in welchen Stil: Die Kleidung junger Leute ist vielen ein Dorn im Auge.
Jetzt ist das Thema Kleidungsvorschrift an manchen steirischen Bildungseinrichtungen erneut aufgepoppt. Ist das Outfit reine Geschmacksache oder sollte doch ein gewisses Regelwerk für den Schulalltag eingeführt werden? MeinBezirk.at hat sich dazu in den Bildungseinrichtungen ab der fünften Schulstufe im Bezirk Deutschlandsberg umgehört.
Eine Frage des gesunden Hausverstandes
"Ich bin grundsätzlich gegen extreme Positionen. Ich kann weder Kleidung, mit der man offensichtlich provozieren möchte, noch Vorschriften, wie man sich zu kleiden hat, etwas abgewinnen", so Guntram Kehl, Direktor der Mittelschule Groß St. Florian.
Bezieht man das ganze Thema auf Schule, so wird seiner Meinung nach wohl neben der Umsetzung der kognitiven Inhalte des Lehrplanes immer mehr der Fokus auf das "Training des gesunden Hausverstandes" gerichtet werden müssen, wozu er auch die Eltern in die Pflicht nimmt.
"Natürlich sind auch die Erziehungsberechtigten in dieser Aufgabe in die Pflicht zunehmen und dazu zu motivieren, mit ihren Lieben mehr Zeit für den so notwendigen Gedankenaustausch zu investieren."
Guntram Kehl, Direktor an der Mittelschule Groß St. Florian
Kleidungsvorschrift in Bereichen der Fachschule
An den landwirtschaftlichen Fachschulen wie in Stainz gibt es ohnehin Unterrichtsbereiche, vor allem im praktischen Unterricht, wo es ganz klare Kleidungsvorschriften gibt, nämlich auf Grund hygienischer oder sicherheitstechnischer Vorgaben.
"Für den restlichen Unterricht wird dieses Thema im Moment in unserer Schul- und Hausordnung, die vom Schulgemeinschaftsausschuss beschlossen wird, mit dem Begriff 'angepasster Kleidung' geregelt", so Direktor Hannes Kollmann von der Fachschule Stainz.
Diverse Änderungen werden immer mit den Schülerinnen- beziehungsweise Schülervertretern und Elternvertretern im Schulgemeinschaftsausschuss besprochen. "Grundsätzlich nehme ich bei uns an der LFS Stainz aber keinen großen Diskussionsbedarf in diese Richtung war", betont Kollmann.
Mit den warmen Temperaturen werden die Teile kürzer
MariaHaring-Weigl hat als Direktorin der Fachschule Burgstall in Wies vor allem junge Damen in ihrer Obhut. Damit gehen auch entsprechende modische Fragen einher:
“Das Bekleidungsthema steht auch in unserer Bildungseinrichtung spätestes zu der Zeit, wenn die Tage wärmer werden, an der Tagesordnung. Wenn die Temperaturen heißer werden, werden Hosen und Oberteile gerne kürzer. Wir sprechen mit den Schülerinnen das Thema offen an und wägen gemeinsam ab, was salonfähig ist und was nicht. Als Schule, die auf das künftige Berufsleben vorbereitet, ist es uns wichtig, dass die jungen Leute in der Lage sind, sich anlassbezogen zu kleiden – und Schule ist nun mal nicht Freizeit. Deswegen legen wir auch an heißen Tagen auf ein köperbedecktes Outfit Wert, wo dennoch Modetrends Platz haben", betont Maria Haring-Weigl.
Am Polytechnikum
Und wie steht es an der Polytechnischen Schulen als Kaderschmiede für angehende Lehrlinge? "In unserer Hausordnung gibt es keine Vorschriften bezüglich der Kleidung. Zum Schulbeginn gibt es an unserer Schule aber ein Bewerbungsprojekt, in dem Schülerinnen und Schüler über passende Kleidung vor allem für berufspraktische Tage sowie für Bewerbungsgespräche informiert werden", so Jürgen Zechner, Leiter der Polytechnischen Schulen Stainz und Deutschlandsberg.
Berufsbildende Schulen ticken anders
Somit ist insgesamt festzustellen, dass berufsbildende Schulen noch um einen Tick bestimmter an die Wirkung des äußeren Erscheinungsbildes herangehen, schließlich sieht man dabei bereits eine Bewusstseinsbildung für die Zukunft der jungen Leute:
"Gerade als berufsbildende mittlere und höhere Schule bereiten wir unsere Schülerinnen und Schüler auf die Arbeitswelt vor. Das beinhaltet unter anderem, wie man Geschäftsbriefe verfasst, wie man in verschiedenen Situationen mit Kundinnen und Kunden umgeht und auch wie man sich im Berufsleben angemessen kleidet", betont Direktorin Elke Herler von der HAK/HAS Deutschlandsberg.
Für diese Bewusstseinsbildung gibt es in den Handelsakademien sogar einen eigenen Unterrichtsgegenstand mit der Bezeichnung Business Behaviour. "Insofern habe ich den Eindruck, dass unsere Schülerinnen und Schüler beim Thema "Kleidung" doch einigermaßen sensibilisiert sind", so Herler.
Vorbildwirkung und Eigenverantwortung
Ähnlich sieht es Andrea Reschinger, Direktorin an der HLW/FW Deutschlandsberg, die vor allem auf die Selbstverantwortung der jungen Leute setzt. "Bei vielen jugendlichen Menschen ist die Kleidung ein sehr wichtiges Thema. Als berufsbildende Schule gilt es in unserer Ausbildung im Praxisbereich schon allein hygienebedingt Vorgaben einzuhalten", so Reschinger.
"Zur Vorbereitung auf das Berufsleben gehört auch die Auseinandersetzung mit dem äußeren Erscheinungsbild. Wir setzen auf die Selbstverantwortung unserer Schülerinnen und Schüler, sowie auf die Vorbildwirkung der Lehrerinnen und Lehrer und Eltern."
Andrea Reschinger, Direktorin an der HLW und FW Deutschlandsberg
Entwicklung der Persönlichkeit
Dass die Schule als öffentlicher Raum nicht nur den Rahmen zum Lernen, sondern auch die Gelegenheit zur Entwicklung der Persönlichkeit und damit verbunden eines adäquaten Auftretens bietet, davon ist Direktorin Gerda Lichtberger vom BG/BORG Deutschlandsberg überzeugt. Ein erster Eindruck bildet sich schließlich oft schon durch äußere Erscheinung, insbesondere durch die Kleidung.
"Es geht allerdings nicht um Vorschriften und Verbote, sondern um eine Bewusstseinsbildung für das eigene Auftreten und soziale Intelligenz innerhalb der Schulgemeinschaft. Als Schule hat man die Verantwortung, Umgangsformen zu fördern, einschließlich der Sensibilisierung für angemessene Kleidung. Dies ist ein Lernprozess mit langfristigem Nutzen für das Leben."
Gerda Lichtberger, Direktorin am BG/BORG Deutschlandsberg
Dieser Artikel könnte dich ebenso interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.