BH Deutschlandsberg
Die tägliche Herausforderung für den Amtstierarzt

Lokalaugenschein bei einem Rinderbetrieb: Amtstierarzt Bernhard Ursinitsch sieht den Handel und die Konsumenten gefordert, wenn es um das Tierwohl geht. | Foto: privat
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Amtstierarzt Bernhard Ursinitsch über den Bezirk Deutschlandsberg mit seinen tierischen Besonderheiten, die Bearbeitung von Anzeigen, teure Tierwohl-Standards und die Verantwortung von Konsumentinnen und Konsumenten beim Griff zum Fleisch im Handel.

BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. Seit Juli 2002 ist Bernhard Ursinitsch als Amtstierarzt im Veterinärreferat der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg tätig. Um die täglichen Anfordungern zu stemmen, kann er auf ein starkes Team setzen, nämlich mit den Tierärztinnen Verena Neumann und Bernadette Platzer sowie den Assistentinnen Sabine Haider und Pamela Sonnbichler, die als gute Seelen im Referat agieren.

Amtstierarzt Bernhard Ursinitsch mit seinem Team Verena Neumann, Pamela Sonnbichler, Sabine Haider und und Bernadette Platzer (v.l.) | Foto: privat
  • Amtstierarzt Bernhard Ursinitsch mit seinem Team Verena Neumann, Pamela Sonnbichler, Sabine Haider und und Bernadette Platzer (v.l.)
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Doch was ist überhaupt das Aufgabenfeld in Veterinär-Referat? MeinBezirk.at hat sich dazu mit Bernhard Ursinitsch unterhalten.

  • Welches sind die Aufgabengebiete am Veterinärreferat an der BH Deutschlandsberg?

BERNHARD URSINITSCH: Das Aufgabengebiet ist sehr vielfältig, Hauptthema also gut 50 Prozent,  betreffen den Tierschutz. Weitere Themen sind die Überwachung und Bekämpfung von Tierseuchen, Überwachung der Lebensmittelsicherheit in Milchbetrieben, Schlachtbetrieben und Fleischverarbeitungs-Betrieben, die Kontrolle der Produktion tierischer Nebenprodukte (Tiernahrung), die Überwachung der Verwendung, Lagerung und Anwendung von Tierarzneimitteln und Futtermitteln. Damit zusammenhängend geht die Kontrolle von tierärztlichen Hausapotheken einher.

Auszug aus dem Aufgabenbereich der Amtstierärzte der BH Deutschlandsberg

  • Organisation, Durchführung und Überwachung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen und Zoonosen
  • Überwachung des nationalen und internationalen Handels mit Tieren und tierischen Produkten
  • Überprüfung von Tierhaltungen, Tierausstellungen, Schlachtbetrieben, Tiertransporten etc. auf Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen
  • Überwachung der Gewinnung, Verarbeitung und des Vertriebes von Lebensmitteln tierischer Herkunft
  • Kontrolle der Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung
  • Mitarbeit bei der Qualitätssicherung von Lebensmitteln tierischer Herkunft
  • Überwachung der ordnungsgemäßen Entsorgung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Schlachtungsabfällen
  • Amtsachverständigentätigkeit in sämtlichen Angelegenheiten des Veterinärwesens, des Tierschutzes und des Tiertransportes
  • Mitarbeit bei den von der Fachabteilung für das Veterinärwesen geleiteten Tiergesundheitsdiensten
  • Beaufsichtigung der Gemeinden und der Gewerbebetriebe in veterinärpolizeilicher Hinsicht
  • Überwachung des Verkehrs mit Tierarzneimitteln
  • Aufsicht über die tierärztliche Berufsausübung

Weiters obliegt uns die Ausstellung von Zeugnissen für Tiere, die ins Ausland verbracht werden und die Abfertigung von Drittlandexporten von Fleischwaren und Tiernahrung.

Wir veranstalten außerdem Kurse für den Erwerb des Hundekunde-Nachweises genauso wie wir Gutachten für verschiedene Bewilligungen anfertigen. Nicht zu vergessen ist die Nachschau bei Tiertransporten.

  • Worin unterscheidet sich der Handlungsbereich des Veterinärreferates in Deutschlandsberg z.B. von jenem im Nachbarbezirk Leibnitz?

Im Bezirk Leibnitz gibt es zwei große Schlachthöfe und die Tierkörperverwertung sowie eine Autobahn, wo die Tiertransporte noch stärker ins Gewicht fallen. Das ist ein großer zeitlicher Aufwand für die Kolleginnen und Kollegen.

Dafür bestehen in Deutschlandsberg eine Brüterei und ein Geflügelschlachthof. Dazu passend haben wir auch viele Hühnermäster und Legehennebetriebe. Bei uns gibt es zudem sehr viele bäuerliche Schlachtbetriebe. So ist die teilmobile Schlachtung eine Errungenschaft der Koralmbauern.

Glückliche Schweine auf Stroh oder Holz gibt es, aber nur selten. Derzeit erlaubt das Gesetz noch Vollspaltenböden. Die Amtstierärzte sind ausschließlich für die Kontrolle zuständig, ob die Gesetze eingehalten werden. | Foto: pixabay
  • Glückliche Schweine auf Stroh oder Holz gibt es, aber nur selten. Derzeit erlaubt das Gesetz noch Vollspaltenböden. Die Amtstierärzte sind ausschließlich für die Kontrolle zuständig, ob die Gesetze eingehalten werden.
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Was die Tierarten betrifft so ist in Leibnitz eindeutig die Schweinehaltung im Vordergrund, bei uns überwiegt diese lediglich im Sulm- und Laßnitztal. Dafür haben wir deutlich mehr Rinder und wie schon erwähnt Geflügelbetriebe. Außerdem ist der Bezirk Deutschlandsberg in Bezug auf Zuchtwild in Gattern die Nummer eins in der Steiermark sowie wir in einem der teichreichsten Bezirke Österreichs leben. Dabei wird in puncto Fischhaltung der Schwerpunkt auf den Karpfen gelegt. 
Auch die Pferdehaltung erfreut sich großer Beliebtheit, wir haben einige renommierte Reitbetriebe im Bezirk.

Drei Zoos im Bezirk Deutschlandsberg

Als kleine Besonderheit verfügt unser relativ kleiner Bezirk mittlerweile über drei bewilligte Zoos, nämlich den Tier-, Wild- u. Spielpark Preding,  die Alpakaranch in Frauental und das "Cuora Center" als Zoo in Kresbach für Schildkröten.

Umgeben von ihren Alpakas: Sabine Nebel in der Alpaka-Ranch Frauental. | Foto: Josef Fürbass
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  • Zu den Aufgaben gehört ja auch die Überprüfung von Tierhaltungen, Tierausstellungen, Schlachtbetrieben, Tiertransporten etc. auf Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen. Wie werden Anzeigen dazu gehandhabt?

Wir gehen jeder Anzeige nach, sofern die Grunddaten mitgeteilt werden (Name und Adresse des Angezeigten, Grund der Anzeige). Leider verstehen die Anzeiger oft nicht, dass wir aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskünfte über das Ergebnis der Kontrollen erteilen dürfen. Aber wie lautet der alte Amtstierärztespruch:

„Für den Angezeigten tut man immer zu viel, für den Anzeiger immer zu wenig. Aber wir sind es gewohnt in diesem Spannungsfeld zu arbeiten."
Bernhard Ursinitsch, Amtstierarzt am Veterinärreferat Deutschlandsberg

  • Viele Leute fragen sich, warum die Verfahren oft so lange dauern...? 

Der behördliche Tierschutz-Vollzug ist ein ganz anderer z.B. als bei Tierschutzvereinen. Gerade wenn es um Verwaltungsstrafverfahren oder um Gerichtsdelikte geht, sind wir im Veterinär-Referat der Bezirkshauptmannschaft an strikte Verfahrens-Vorgaben gebunden. So ein Instanzenzug kann oft mehrere Monate in Anspruch nehmen bis es zu Entscheidungen von Seiten der jeweils zuständigen Gerichtes kommt. Das können auch wir nicht beeinflussen.

  • Wie sehen Sie die Umsetzung und Entwicklung von Maßnahmen in Hinblick auf das Tierwohl im landwirtschaftlichen Bereich in der Realität?

Kleine Maßnahmen sind oft leicht umzusetzen z.B. Beschäftigungsmaterial für Schweine. Große Maßnahmen scheitern oft an der Finanzierbarkeit bzw. wirtschaftlichen Rentabilität. Viele von der öffentlichen Meinung gewünschte Maßnahmen wie Freiland- oder Strohhaltung sind im konventionellen Bereich, Stichwort Mengenproduktion, aus meiner Sicht kaum umsetzbar. Ein riesiges Problem ist außerdem, dass es derzeit fast unmöglich ist, Baugenehmigungen für neue oder umgebaute Ställe zu bekommen. Die Verfahren ziehen sich oft über Jahre und sind sehr kostspielig.

  • Ist aus Ihrer Sicht die Abschaffung von Vollspaltenböden für die ohnehin immer weniger werdenden Landwirte überhaupt zu stemmen?

Die landwirtschaftliche Tierhaltung befindet sich derzeit generell in einem Umbruch. Viele Betriebe sind am Auslaufen und haben keine Nachfolger, weil sich die Kinder anderen Berufszweigen zuwenden. Für diese Betriebe wäre die lange Übergangsfrist sicher wichtig gewesen, um den Betrieb bis zur ohnehin geplanten Schließung weiterführen zu können.

Der Ersatz der Vollspaltenböden (Bild) durch Strohhaltungs-Ställe erfordert hohe Investitionen und vervielfacht den Arbeitsaufwand. | Foto: Martin Wurglits
  • Der Ersatz der Vollspaltenböden (Bild) durch Strohhaltungs-Ställe erfordert hohe Investitionen und vervielfacht den Arbeitsaufwand.
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Die finanzielle Situation und die permanente Rechtsunsicherheit bei den Vorschriften sind auch nicht gerade Motivation für potenzielle junge Landwirte, den elterlichen Hof zu übernehmen. Wie die neue Übergangsfrist aussehen wird, ist meines Wissens noch offen, hier ist die Politik am Zug. Es gibt Notlösungen um bestehende Anlagen auf die neuen Vorschriften umzurüsten. Ich habe aber meine Zweifel, ob die Güllesysteme das stemmen und ob unter dem Strich für die Tiere wirklich ein Mehrwert herausschaut. Ich weiß auch nicht, ob diese Adaptierungen schon ausreichend getestet wurden.

Definition Vollspaltenboden

Die Vollspaltenbodenhaltung ist eine weit verbreitete Haltungsform von Schweinen und Rindern in der konventionellen Landwirtschaft. In der Regel handelt es sich beim Vollspaltenboden um einen Betonboden, in den Spalten eingelassen sind. Die Diskussion rund um die Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden wird seit Jahren hart geführt. Kürzlich wurden vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) Teile des Tierwohlpakets aufgehoben, das 2022 beschlossen wurde. Konkret geht es um die unstrukturierten Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung: Die Übergangsfrist von 17 Jahren (bis Ende 2039) ist als "zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt" beurteilt worden. Somit endet die Übergangsfrist für Vollspaltenböden mit 1. Juni 2025.
  • An welchen Schrauben könnte man drehen, um das Tierwohl gerade für Nutztiere zu verbessern?

Der zentrale Punkt ist wie so oft das Geld. In der öffentlichen Diskussion wird gerne vergessen, dass die Landwirte im Grunde Unternehmerinnen und Unternehmer sind und auch ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.

Tierwohl kostet Geld

Der Stundenlohn eines Landwirts ist im Vergleich zu anderen Branchen lächerlich gering. Es gibt nur einige wenige die wirklich gut verdienen. Kein Unternehmer in Österreich würde in sein Unternehmen Geld investieren, wenn von vornherein klar ist, dass unter dem Strich eine rote Zahl bleiben wird. Die derzeitige Zins- und Preissituation tut ihr übriges. Hier sind der Handel und vor allem die Konsumentinnen und Konsumenten gefragt, Tierwohl kostet Geld.

Vom Preisniveau das für die Umstellung der Mengenproduktion auf echte Tierwohlställe mit Stroh und Auslauf notwendig wäre, sind wir derzeit weit entfernt. Für den wirklich willigen Konsumenten bleibt nur der Griff zum Bioprodukt bzw. zu Produkten mit entsprechenden Tierwohl-Standards. 
Bernhard Ursinitsch, Amtstierarzt in Deutschlandsberg

Seuchen am Radar

  • Stichwort Schweinepest: Wie groß schätzen Sie die derzeitigen Gefahrenlage für Österreich ein?

Die Gefahr ist sehr real. Dass uns die Schweinepest erreichen wird, ist so gut wie sicher, die Frage ist nur wann. Expertenschätzungen zur Folge könnte es in spätestens zwei Jahren soweit sein.

  • Welche Seuchen haben Sie im Referat noch am Radar?

Vor allem die Vogelgrippe beim Geflügel und die amerikanische Faulbrut bei der Honigbiene. Abgesehen davon und der Schweinepest sieht die Situation derzeit stabil aus.

  • Wie steht es dabei mit der Kooperation mit der Jägerschaft?

Wir haben traditionell ein gutes Einvernehmen mit dem Bezirksjägermeister und tauschen uns regelmäßig über fachliche Themen aus.

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