WKO auf Tour
Arbeitskräftemangel ist brisant wie nie in Deutschlandsberg

Vor dem Schloss Limberg: Michael Klein, Leiter der Wirtschaftskammer Regionalstelle Deutschlandsberg, Manfred Kainz, Obmann der Wirtschaftskammer Regionalstelle Deutschlandsberg, Petra Brandweiner-Schrott, Fachgruppenobfrau der Ingenieurbüros, Siegfried W. Hermann, Geschäftsführer der Geolith GmbH und Andreas Herz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark (v.l.)
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  • Vor dem Schloss Limberg: Michael Klein, Leiter der Wirtschaftskammer Regionalstelle Deutschlandsberg, Manfred Kainz, Obmann der Wirtschaftskammer Regionalstelle Deutschlandsberg, Petra Brandweiner-Schrott, Fachgruppenobfrau der Ingenieurbüros, Siegfried W. Hermann, Geschäftsführer der Geolith GmbH und Andreas Herz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark (v.l.)
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Die Wirtschaftskammer Deutschlandsberg war wieder unterwegs bei den Unternehmen im Bezirk. Dabei kristallisiert sich der Facharbeitermangel, der sich inzwischen schon zu einem Arbeitskräftemangel entwickelt hat, als Besorgnis erregende Tatsache heraus. Die Zahl der Mangelberufe hat sich in nur einem Jahr sogar verdoppelt.

BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. In den vergangenen Tagen haben sich wieder Vertreter der Wirtschaftskammer Deutschlandsberg mit WKO-Vizepräsident Andreas Herz, Regionalstellen-Obmann Manfred Kainz und Regionalstellenleiter Michael Klein auf den Weg gemacht, um im Rahmen der "WKO on Tour" diverse Unternehmen zu besuchen.

"Wir machen diese Tour durch unseren Bezirk schon an die 20 Jahre. Im persönlichen Gespräch bei den Unternehmerinnen und Unternehmern können wir erkennen, wo der Schuh drückt und wo wir als Wirtschaftskammer und Interessensvertreter den Unternehmerinnen und Unternehmern unter die Arme greifen können", erklärt Regionalstellen-Obmann Manfred Kainz und WKO-Vizepräsident Andreas Herz ergänzt: "Es ist uns vom Landespräsidium sehr wichtig, dass wir hier eng mit den Regionalstellen und Vertretern der zuständigen Fachgruppen und Fachverbänden unterwegs sind."

Die Tour im Detail:

Das intensive Besuchsprogramm führte die WKO-Vertreter zum Unternehmerfrühstück ins Marktcafé Schmuck in Wies, anschließend zur Firma Mastro Präzisionstechnik GmbH (Spezialist für präzise Stanz- und Biegeteile) sowie zu Siegfried Hermann (Ingenieurbüro auf dem Gebiet der Geologie) ins Schloss Limberg, wo auch Pressevertreter zu den Gesprächen eingeladen wurden.

Nach dem Besuch bei Spar Eybel in Aibl samt Besichtigung der modernen E-Tankstelle ging es zum Mittagsessen bei intensivem Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern regionaler Leitbetriebe zum „Romantikhof“ in Hörmsdorf. Helmut Reiß, tätig im Metall- und Landmaschinenbau, die Firma Teup, Technische Entwicklungs- und Produktions GmbH (Maschinen- und Fertigungstechnik) sowie Logicdata Electronic und Software Entwicklungs GmbH (Mechatronik), allesamt im Wirtschaftspark in Deutschlandsberg angesiedelt, machten die Tour am Nachmittag komplett.
 

Besucht wurden: 

  • Bäckerei Schmuck in Wies
  • Mastro Präzisionstechnik GmbH in Wies
  • Geolith/Hypersond GmbH in Limberg/Bad Schwanberg
  • Spar Eybel in Aibl mit E-Tankstelle
  • Romantikhof Kiefer in Hörmsdorf
  • Electronic & Software Entwicklungs GmbH in Deutschlandsberg 
  • Helmut Reiss, Meisterwerkstätte in Deutschlandsberg
  • Teup, Technische Entwicklung und Produktions GmbH in Deutschlandsberg

Bei der Geolith GmbH/Hypersond Erdwärmetechnik GmbH mit Sitz auf Schloss Limberg in Bad Schwanberg gab es die Gelegenheit für ein Pressegespräch, dem der Hausherr und Geschäftsführer Siegfried W. Hermann ebenso beiwohnten wie Petra Brandweiner-Schrott, Fachgruppenobfrau der Ingenieurbüros. "Die Problemstellungen sind gerade jetzt sehr brisant und reichen von zu den hohen Energiekosten über die zu hohen Lohnnebenkosten bis zu einem eklatanten Arbeitskräftemangel. Das ist eine riesige Herausforderung. Die Vertreterinnen und Vertreter der Ingenieursbüros gehen sogar schon direkt in die HTL, um so künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuwerben", erklärt Petra Brandweiner-Schrott.

Alarmierende Zahlen auf dem Fachkräfteradar

„Deutschlandsberg, wir haben ein Problem“, bringen es Andreas Herz und
 Regionalstellenobmann Manfred Kainz angesichts der neu vorliegenden Daten aus dem Fachkräfteradar auf den Punkt. Dieses weist für die Steiermark – und im speziellen für unsere Region – eine Verdoppelung der Mangelberufe innerhalb nur eines Jahres aus.

Bereits 155 Berufe verzeichnen demnach einen durchschnittlichen Stellenandrang von unter 1,5 (Grenzwert für Mangelberufe), 2021 waren es 74.

„Wir sehen hier eine dramatische Verschärfung der Situation, die auch bei unseren heutigen Betriebsbesuchen im Rahmen von WKO on Tour ein großes Thema waren. Wacht die Politik nicht in Bälde auf, fahren wir als Standort mit Vollgas und ohne Airbag gegen die Wand."
WKO Vize-Pros. Andreas Herz und Regionalstellen-Obmann Manfred Kainz

Forderungen, um Menschen in die Arbeitswelt zu bringen

Sie fordern ein Bündel an Leistungsanreizen, um so neue Zielgruppen für den Arbeitsmarkt zu motivieren, allen voran ältere Menschen, die man länger im Erwerbsleben halten möchte.
Durch die demographische Entwicklung rollt eine enorme Pensionierungswelle auf unser Land zu. Innerhalb von nur 15 Jahren hat sich der Anteil der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark von rund 69.000 auf fast 151.000 mehr als verdoppelt. Der Anteil der unter 25-Jährigen in den steirischen Firmen hat dagegen im selben Zeitraum von 72.000 auf 61.000 rapide abgenommen.

„Wir befinden uns inmitten eines demographischen Tsunamis, dessen Folgen für unsere Gesellschaft nach und nach sichtbar werden."
Andres Herz, Vizepräsident WKO Steiermark

Auch der Familienbetrieb von Ursula und Hannes Eybel in Aibl/Eibiswald stand am Tour-Programm der Wirtschaftskammer
  • Auch der Familienbetrieb von Ursula und Hannes Eybel in Aibl/Eibiswald stand am Tour-Programm der Wirtschaftskammer
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Wie massiv heimische Unternehmen diese Folgen bereits spüren, zeigt die aktuelle Auswertung des WKO-Fachkräfteradars fürs erste Halbjahr 2022. Dabei wird die Zahl der Arbeitslosen (ab Lehre) pro offene Stelle als Indikator herangezogen, das Ergebnis daraus ist die sogenannte Stellenandrangsziffer. In der Steiermark ist diese in den vergangenen Jahren sukzessive gesunken. Betrug diese 2019 im Schnitt noch 2,34, so waren es im Vorjahr – trotz wirtschaftlicher Coronaverwerfungen – 1,90 und heuer überhaupt nur mehr 1,16, wobei alle Werte unter 1,5 von den Experten der WKO grundsätzlich als Mangel eingestuft werden.

Aus Fachkräftemangel wird Arbeitskräftemangel

„Wir sprechen darum auch nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem generellen Arbeitskräftemangel“, betont Herz. Sowohl Quantität als auch Qualität dieses Mangels haben sich massiv verschärft. Denn zum einen ist die Zahl der Mangelberufe (Stellenandrang von unter 1,5) innerhalb nur eines Jahres in der Steiermark von 74 auf 155 gestiegen. Andererseits hat die Dimension, also die Zahl der offenen Stellen in den Branchen zum Teil massiv zugenommen.

Laut einer im März und April durchgeführten österreichweiten Befragung unter 4.000 Betrieben („Fachkräfteradar IBW 2022“) bestehen die häufigsten und größten Rekrutierungsschwierigkeiten bei Lehrabsolventen. Wobei es hier zum Teil auch massive Unterschiede je nach Branche und Region gibt. Vor allem in der Bundeshauptstadt würde es Potenzial geben, den Arbeitskräftemangel in den Regionen abzuschwächen, allerdings bräuchte es laut Andreas Herz dafür eine größere Mobilitätsbereitschaft.

Betriebsbesichtigung bei der Mastro Präzisionstechnik GmbH in Wies
  • Betriebsbesichtigung bei der Mastro Präzisionstechnik GmbH in Wies
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Für die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftskammer besteht angesichts dieser Schieflage akuter Handlungsbedarf: „Wir werden – der Medizin sei Dank – älter und älter, gehen aber früher in Pension als in den 70er-Jahren. Das kann so nicht funktionieren! Wir bauen eine Hypothek gegenüber unserer Jugend auf, die absolut unverantwortlich ist. Darum müssen wir in einem ersten Schritt das faktische Pensionsantrittsalter – derzeit 61,8 Jahre bei Männern und 59,8 bei Frauen – ans Gesetzliche anpassen. Und wir werden über kurz oder lang auch an einer Anpassung dieses Alters an die gestiegene Lebenserwartung nicht vorbeikommen. So ehrlich müssen wir den Menschen gegenüber sein", betont Andreas Herz.

Darüber hinaus brauche es Anreize, um die Menschen generell länger im Erwerbsleben zu halten. Dass es möglich ist, zeigen Vergleichszahlen zu anderen Ländern. Während in  Österreich aktuell gerade einmal 55 Prozent der 55- bis 64-Jährigen im Arbeitsleben stehen, sind es in Schweden 78 Prozent sind.

„Wer auch in seiner Pension weiterarbeiten möchte, sollte zumindest von erneuten Pensionsversicherungsbeiträgen befreit sein.“
Andreas Herz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark

Beschäftigungsquote auf Rekord-Wert

Kainz ortet aber auch in anderen Bereichen Verbesserungsbedarf: „Wir haben mittlerweile eine Rekord-Beschäftigungsquote erreicht, trotzdem ist die Arbeitszeit rückläufig, weil vor
allem immer mehr Junge nur mehr Teilzeit arbeiten wollen. Klar ist, dass das aber auch an fehlenden Rahmenbedingungen liegt, wenn ich etwa ans Thema Kinderbetreuung denke. Hier müssen wir das Angebot dringend verbessern" ist Kainz überzeugt.

"Im Bereich der Arbeitslosen dagegen darf es nicht mehr so einfach sein, mit Sozialleistungen und Zuverdiensten gut über die Runden zu kommen. Wir machen uns deshalb für mehr Leistungsanreize in Form eines degressiven Arbeitslosengelds stark.“
Manfred Kainz, Regionalstellenobmann der WKO Deutschlandsberg

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