"Das ist mein Leben"
Rosa Schlögl ist First Responder mit Leib und Seele

- Seit 1993 brennt Rosa Schlögl für die ehrenamtliche Mitarbeit beim Roten Kreuz, seit 2000 ist sie eine von 54 First Respondern im Bezirk Graz-Ungebung.
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Besonders in ländlichen Gebieten sind First Responder zu einem wertvollen Glied in der Rettungskette geworden. Im Notfall sind sie vielfach schneller vor Ort als der Rettungswagen. Um First Responder zu werden, braucht es neben dem klassischen Erste Hilfe-Kurs eine 32 Stunden umfassende Zusatzausbildung und jede Menge Enthusiasmus, Einsatzbereitschaft und Empathie. So wie im Falle der Hitzendorferin Rosa Schlögl, deren Herz seit 1993 für das Rote Kreuz schlägt.
GRAZ-UMGEBUNG. Manche Menschen nehmen in der Pension ein Studium auf, andere beginnen zu stricken. Nicht so Rosa Schlögl, Rosa rettet Leben und das nicht erst seit sie im (Un)-Ruhestand ist. Sie ist eine der mittlerweile unverzichtbaren First Responder, die im Notfall schneller zur Stelle sind als die Rettung, weil sie – innerhalb des Rettungsleitsystems – dann alarmiert werden, wenn sie sich in räumlicher Nähe zum Notfall befinden. Im ganzen Bezirk Graz-Umgebung gibt es 54 First Responder. Sie alle sind mit einem speziellen Notfallrucksack ausgestattet, manche auch mit einem Defibrillator. Rosa Schlögl ist darüber hinaus mit knapp 80.000 Einsatzstunden für das Rote Kreuz ausgestattet.

- Um First Responder zu werden, ist die Absolvierung einer 32 Stunden-Ausbildung zusätzlich zum herkömmlichen 16 Stunden Erste Hilfe-Kurs erforderlich.
- Foto: Rotes Kreuz
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Für das Interview sitzen wir in Rosas gemütlicher Küche am Rande von Hitzendorf und ihre berufliche Vergangenheit als Kellnerin holt sie ein: Kaffee und Kuchen stehen bereit und dass wir dies bis zum Ende des Gesprächs auch genießen können, ist reines Glück. Denn gerade passiert glücklicherweise nichts. Zwei Handys liegen stets parat, damit Rosa auch ja keinen Notruf übersieht. "Erst gestern waren es wieder drei", schildert die resolute Pensionistin, "der erste davon schon um 4 Uhr Früh, da war ich aufgrund der Nähe gleich vor Ort, der Notarzt wurde dann noch hinzugezogen."
"Manche sind wirklich unverschämt"
Im Schnitt sind es zwischen drei und neun Einsätze pro Woche, zu denen die Hitzendorferin als First Responder gerufen wird. Die Alarmierung erfolgt via App aufs Handy und in der Nachricht sind dann schon die wichtigsten Informationen zum Notfall inkludiert: Wo ist was und wem passiert.
In der Regel wird Rosa natürlich erleichtert und dankbar empfangen, was allerdings schon auffällt, ist, dass proportional mit der Schwere des Unfalls oder Notfalls die Dankbarkeit steigt und umgekehrt, teils wirklich "unverschämt agiert wird, wenn es eigentlich gar nicht so schlimm ist", berichtet die erfahrene First Responderin. '"Wo waren Sie denn so lange?', das habe ich schon gehört", so Rosa, die sich dann um Schmerzen im Nackenbereich kümmern durfte, die eigentlich bereits vier Tage zuvor begonnen hatten. "Auch die Ausfahrt von unserem Hof auf die Bundesstraße ist oft eine Herausforderung." Trotz des Blaulichts, das sich auf dem kleinen Einsatz-Pkw von Rosa befindet, reagieren nur die wenigsten Lenkerinnen und Lenker entsprechend und lassen die Retterin ausfahren.
"Das ist deine Lebensretterin"
In ihrem Engagement ausbremsen lässt sich Rosa durch solche Erlebnisse mit Sicherheit nicht, sind sie doch erfreulicherweise die Ausnahme.
Gepackt hat Rosa das Lebensrettungsfieber im Jahr 1993. Ihr Mann hat zum damaligen Zeitpunkt schon engagiert beim Roten Kreuz mitgearbeitet, insofern "hat er mich immer unterstützt und versteht auch, wenn das Mittagessen erst um drei auf den Tisch kommt", schmunzelt die Ehefrau, Mutter und mittlerweile auch mehrfache Oma. "Mich hat's vom ersten Augenblick an gepackt", erinnert sich Rosa an die Anfänge zurück.
"Eigentlich wollte ich Krankenschwester werden, aber dazu fehlte leider das Geld."
Jahre später verwirklicht sich Rosa Schlögl ihren Traum, Menschen zu helfen als Sanitäterin beim Roten Kreuz.
Nach der klassischen Erste Hilfe-Ausbildung wurde Rosa schnell ins kalte Wasser geschupft: "Du kannst das, Rosa!", meinte damals mein Ausbildner, der wohl erkannte, dass Rosa den nötigen Mut, das Gespür und vor allem das Engagement mitbrachte. Im Jahr 2000, als die First Responder eingeführt wurden, gab es auch kein langes Zögern bei der Frage, wer eine der Ersten für diese neue Aufgabe war.

- Gibt es einen Notfall, rückt Rosa mit diesem Pkw aus - am Dach gibt es sogar Blaulicht und im Kofferraum den Notfallrucksack.
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24 Jahre sind seither vergangen und unzählige Einsätze absolviert, die in Erinnerung geblieben sind: Besonders berührend war die Reanimation eines nur eine Woche alten Babys. "Das kleine Mäderl war während eines Spaziergangs im Kinderwagen blau angelaufen und atmete nicht mehr. Ich habe gleich die Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht und das Kind so zurückgeholt." Heute ist "das Mäderl" 14 Jahre alt. "Kürzlich habe ich sie sogar wieder getroffen und wenn dann die Mama daneben steht und sagt: 'Schau, das ist deine Lebensretterin', dann kriegt man schon eine Gänsehaut", strahlt Rosa stolz.
Und wie viele Babys hat Rosa schon auf die Welt gebracht? "Ach, das waren gar nicht so viele, insgesamt sechs, dafür gleich zwei innerhalb einer Woche", berichtet die First Responderin. Und da läutet zum ersten Mal das Telefon: Glücklicherweise kein neuer Notfall, sondern eine Angehörige des Patienten vom Vortag. "Ich kenne die Familie, insofern erklärt sich der Kontakt", schildert Rosa. "Es geht ihm gut und sie wollten sich bedanken", sagt sie fast verlegen am Ende des Telefonats. In diesem Sinne: Danke an Rosa und alle anderen, die Tag für Tag Leben retten!
Was sind rettungsdienstliche First Responder?
- First Responder (Abk. FR, englisch für „Erstversorger“) sind speziell geschulte Ersthelferinnen und -helfer, die in die Rettungskette aktiv eingebunden sind. Der Begriff bezeichnet eine Person der organisierten Ersten Hilfe im Bereich des Rettungsdienstes, die bei Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels mit qualifizierten Basismaßnahmen überbrücken soll. First Responder ersetzen nicht den Rettungsdienst, sondern sind eine wesentliche Unterstützung desselben. Um im Notfall optimal helfen zu können, bekommen sie einen speziell ausgestatteten Rucksack zur Verfügung gestellt.
Was sind die Ziele des First Responder-Systems?
- Die richtigen Maßnahmen in Erste Hilfe entscheiden bei Notfällen oft über Leben und Tod. Im Ernstfall kann ein First Responder schneller am Unglücksort eintreffen als das gleichzeitig alarmierte Rettungsmittel. Die eigentliche Rettungskette wird durch die First Responder nicht geändert, sondern gestärkt. So soll die Zeit zwischen Eintreten des Not- falls und der ersten qualifizierten Versorgung, das sogenannte therapiefreie Intervall, im Sinne der Optimierung der Patientenversorgung verkürzt werden.
- Durch die örtliche Nähe zum Einsatzort und die Ortskenntnisse der First Responder sind diese wesentlich schneller beim Patienten als das jeweilige Rettungsmittel. Durch qualifiziertezierte und schnelle Rückmeldungen an den Rettungsdienst wird der Einsatzablauf zusätzlich verbessert.
- Den First Respondern kommt auch eine hohe Bedeutung im Rahmen der psychosozialen Betreuung zu. Durch ihren Einsatz kann Patienten und Betroffenen das Gefühl von Sicherheit vermittelt werden. Die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes soll neben Maßnahmen der Ersten Hilfe (lebensrettende Sofortmaßnahmen) zudem durch aktive Betreuung des Patienten für diesen subjektiv verkürzt werden.
- Weiteres Ziel der First Responder ist es, durch die verringerte Zeitspanne zwischen Not- ruf und qualifizierter Erster Hilfe die Erfolgsaussichten für die nachfolgende Behandlung des Patienten zu verbessern. Je schneller qualifizierte Maßnahmen durchgeführt werden, desto günstiger ist der Heilungsverlauf und umso kürzer ist die nachfolgend notwendige Behandlungszeit im Krankenhaus. Insbesondere bei Notfällen des Herz-Kreislauf-Systems kann die Überlebensrate durch den Einsatz von First Responder erhöht werden.
Wie funktioniert die Alarmierung?
- Die Alarmierung der First Responder erfolgt über die Rettungsleitstellen (RLS) per App (Local Response). Der jeweilige Einsatzauftrag ergeht immer an alle First Responder einer Region mit Meldung über die vorliegende Lage (Notfallort, Notfallart) sowie Rückfragehinweis der RLS.
Wie viele First Responder gibt es im Bezirk Graz-Umgebung?
- 54 Personen haben hier eine 32h-Zusatzausbildung zum 16-stündigen Erste-Hilfe-Grundkurs absolviert. Sie alle sind mit einem Notfallrucksack ausgestattet, 47 davon verfügen auch über einen Defibrillator.
Mehr Informationen: Rotes Kreuz Steiermark
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