Couchgeflüster über die Psyche

"Wir leben in einer schwerbelasteten Hochdruckgesellschaft", weiß Andreas Mauerer, der seit Kurzem in Semriach praktiziert. | Foto: WOCHE
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Andreas Mauerer ist u. a. Psychotherapeut in Semriach. Die WOCHE sprach mit ihm über die Sorgen der Gesellschaft und wie wichtig Kommunikation für die Psyche ist.

WOCHE: Ihr Beruf lässt tief in die Seelen der Menschen blicken. Gehört dazu eine gesunde Portion Voyeurismus?
Andreas Mauerer: Mit Voyeurismus habe ich wenig zu tun. Mein Interesse gilt der direkten Entwicklung der Persönlichkeit. Spannend sind die unterschiedlichen Facetten der Menschen. Aber man muss behutsam und bedacht herangehen, denn kein Mensch, und damit kein Problem, ist gleich.

Worum macht sich der Mensch heutzutage Sorgen?
Generell ist der Mensch überfordert. Wir leben in einer schwerbelasteten Hochdruckgesellschaft. In immer kürzerer Zeit muss mehr geleistet werden. Das endet häufig im Burnout, in Depressionen oder Süchten. Trotz dieser Erkenntnisse ist die Versorgung der Klienten hierzulande schlecht. Am meisten wird in die Pharmaindustrie investiert, damit die Medikation die Psychotherapie begleitet. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist bis zu einem gewissen Punkt in Ordnung, aber niemand sollte dann davon abhängig gemacht werden.

Gibt es auch junge Patienten?
Ja, sie werden immer jünger. Ich spreche vom natürlichen Leiden der Kinder und Jugendlichen durch Übersättigung. Wobei man sagen muss: Leider Gottes ist es so, dass gut 80 Prozent der Kinder selbst keinen Therapiebedarf haben. Da stecken Eltern dahinter, die einen Einfluss ausüben. Nehmen wir zum Beispiel Scheidungskinder her: Getrennte Eltern könnten auch vernünftig miteinander Unklarheiten aussprechen und nicht alles über die Kinder kommen lassen.

Es geht also generell um das Miteinander-Kommunizieren?
Beinahe ausschließlich. Und über das Bauchgefühl. Früher hatte man auf lange Sicht Sitzungen aufgesucht. Auch bis zu drei Jahren. Heute kommen die Leute nach dem Motto "Ich habe ein Problem, am besten muss es schon gestern gelöst worden sein". Dabei ist es so wichtig, dass Klienten sich wohlfühlen und sich gut begleitet fühlen.

Nicht jeder traut sich, Hilfe aufzusuchen. War das immer so? Was hat sich verändert?
Der Bedarf an Psychotherapien besteht nach wie vor. Ich bin erfahren genug, um sagen zu können, dass dieser im ländlichen Bereich sogar noch größer ist als in der Stadt. Zugleich ist es aber weniger anonym, sodass meist nicht vor Ort Hilfe aufgesucht wird.
Zwar kennen die wenigsten den Unterschied zwischen Psychotherapie, Psychoanalyse und Beratung, aber generell verspürt man heutzutage mehr Akzeptanz. Obwohl es immer noch negativ anmutet, zum "Deppendoktor" zu gehen, wie man früher so schön dazu gesagt hat.

Wie geht man mit der "Seelenschau" nach so vielen Jahren um?
Es ist ganz natürlich, dass es je nach Erfahrung – und bei mir sind es 36 Berufsjahre – gewisse Ermüdungserscheinungen bekommt. Auch ich werde älter und muss ein wenig zur Ruhe kommen (lacht). Solange ich aber noch teilhaben kann an der Entwicklung der Menschen, denn es verändert sich viel, mache ich das.

Zur Person
1991 startete Andreas Mauerer in Wien seine freie Praxis als Psychotherapeut, Supervisor und Coach. Portfolio: Nach der inspirierenden und kreativen Auseinandersetzung mit Musik und Tanz verlagerte Mauerer seinen Schwerpunkt in die Begleitung, Betreuung und Behandlung von Menschen als Psychotherapeut. Dabei setzt er vorerst das Hauptaugenmerk auf den Bereich Sucht und widmet viel Zeit, Kraft und Energie Projekten aus Wissenschaft und Forschung. Außerdem initiierte und organisierte er mehrere Projekte und Events ('Biker Against Drugs', 'Leben ohne Sucht – Golf Charity Event', 'Suchtkongress in Wien 2011' etc.).
Unternehmensphilosophie: "Wertschätzung, Ruhe und Gelassenheit – um dennoch geistig und körperlich ständig in Bewegung bleiben."
Kontakt: Markt 7, 8102 Semriach; www.mauerer.at
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