Perspektiven für die Heimatlosen in Deutschfeistritz

Das ehemalige evangelische Bildungshaus wurde vor neun Jahren ein Zuhause für Flüchtlinge.
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  • Das ehemalige evangelische Bildungshaus wurde vor neun Jahren ein Zuhause für Flüchtlinge.
  • hochgeladen von Katharina Grasser

Beim Betreten des Heimes des Diakoniewerkes fällt eines auf: viele bunte Farben und lachende, freundlich grüßende Jugendliche. "Hallo" und "Grüß Gott" tönt es aus einem Zimmer, in dem gerade drei ungefähr 15-jährige Burschen kochen. Die Tristesse oder Aggression, die gemeinhin mit dem Wort Asylantenheim verbunden wird, sucht man hier vergeblich. "Unsere wichtigste Aufgabe ist, die Jugendlichen auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten", meint Ilse Hierzer, Heimleiterin, über ihre Schützlinge. Natürlich gebe es auch in seltenen Fällen Reibereien. "Wir sehen uns als Bindeglied zwischen der örtlichen Bevölkerung und unseren Bewohnern und bemühen uns im Bedarfsfall um zufriedenstellende Lösungen."

Schulungsmaßnahmen

Für viele der 47 UMF (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) aus dem Asylantenheim und einige Kinder der dort untergebrachten Familien wurde im Poly Deutschfeistritz eine eigene Klasse eingerichtet. Dort lernen sie Deutsch sowie den üblichen Lehrstoff. Ilse Hierzer: "Einige der Jugendlichen sind sehr sprachbegabt und lernen sehr schnell. So konnten wir bereits zwei in Lehrstellen unterbringen. Zwei besuchen die externe Hauptschule und einer sogar das Oberstufenrealgymnasium." Alle sind in Schulungsmaßnahmen. Die UMF müssen mit 18 Jahren ausziehen. "Oft weiß ich dann gar nicht, was mit ihnen geschieht", erzählt Hierzer. "Wir würden uns eine Art Nachsorge wünschen, die Jugendlichen stehen nach der sehr intensiven Betreuung bei uns dann wieder plötzlich ganz alleine da."

Ferialjob gesucht

Hamzat (15) aus Tschetschenien erklärt: "Ich suche einen Ferialjob, ich möchte Geld verdienen". Was er sich damit kaufen will? "Einen Gatschhupfer", lacht der Bursche verschmitzt.

DREI FRAGEN AN:

Superintendent Hermann Miklas, evang. Kirche Stmk.
Was ist für Sie das Wichtigste in der Asylantenbetreuung?
Die Qualität ist dabei sehr wichtig, die ideale Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben. Und Engagement, ohne dem geht es nicht.
Und was noch?
Dass ein guter Kontakt mit der ansässigen Bevölkerung besteht. Die Jugendlichen gehen zur Schule und zum Fußballspielen, etc.
Warum funktioniert es in Deutschfeistritz so gut?
Das ist sicher auch dem Engagement von Ilse Hierzer und Bgm. Michael Viertler zu verdanken.

"Mein Traum ist Medizin zu studieren

Saeed, der seit vier Monaten im Heim lebt, erzählt seine Geschichte.
Saeed (17) wurde in Afghanistan geboren. Als er fünf Jahre alt war, flüchtete seine Familie in den Iran. Auf der Flucht verlor er seinen Vater. Im Iran angekommen war er als ältester Sohn für das Wohl der Familie verantwortlich. Mit acht Jahren arbeitete er bereits auf verschiedenen Baustellen, spät abends besuchte er die Schule. Ohne Aussicht auf eine Zukunft im Iran, beschloss die Familie, Saeed durch einen Schlepper nach Europa bringen zu lassen. Das kostete sie alles, was sie an Geld hatten. Nach einer beschwerlichen Reise und traumatischen Erlebnissen – vor seinen Augen stürzten Menschen bei der Überquerung eines Gebirgskammes in den Tod – landete Saeed in Griechenland. Und schließlich in Österreich, wo Saeed aufgegriffen und ins Flüchtlingslager Traiskirchen gebracht wurde. "Dort waren die Zustände teilweise nicht menschenwürdig", berichtet Saeed über die Zeit, die er mit 1700 anderen Flüchtlingen dort verbrachte. Seit vier Monaten wohnt Saeed in Deutschfeistritz und versteht bereits sehr gut Deutsch. Traurig stimmt ihn, dass er nur selten mit seiner Familie im Iran telefonieren kann. Saeed besucht das Poly und sucht eine Lehrstelle als Maler und Anstreicher, da er schon viel Erfahrung mitbringt. "Ich möchte mir damit auch eine weitere Schulbildung finanzieren. Mein Traum ist es, Medizin zu studieren", lacht der ehrgeizige junge Mann.

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