Darf man das Handy des Partners kontrollieren?

Handy oder Kamera des Partners? Darf man sie „kontrollieren“? Nein, denn das macht alles eher schlimmer, sagt der Psychologe.    Bilderbox.com | Foto: Bilderbox.com
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Die Antwort ist ganz klar: Nein, sie dürfen nicht! Das ist in Ihrem Interesse und in dem Ihres Partners. Soweit zur Theorie, aber das löst das grundsätzliche Problem nicht. Wie gehen Sie mit Ihrem Misstrauen um?
Vielleicht verhält sich Ihr Partner neuerdings anders, distanziert oder extrem überschwänglich – und Sie spüren, dass das nichts mehr mit Ihnen zu tun hat. Da kann es passieren, dass Sie – wie von Geisterhand gezogen – auf das Handy Ihres Partners schauen: Laut Statistiken handeln rund 35 Prozent der Erwachsenen so und überschreiten die Grenzen – meistens mit fatalen Folgen.
Es lohnt sich die Frage, warum das so ist: Vielleicht liegt es an schlechten Erfahrungen mit dem Ex und Sie glauben nun, Ihren Partner kontrollieren zu müssen. Vielleicht denken Sie: Ihr Partner ist Ihr Leben und Sie können ohne ihn nicht sein? Mitunter betrachtet man den anderen leider als sein „Eigentum“. Hinter all dem steht meist mangelnder Selbstwert und die Unsicherheit, ob man geliebt wird. Aus Eifersucht machen Menschen absurde Dinge, wie man als Therapeut erfährt: Da näht etwa ein eifersüchtiger Ehemann zur Kontrolle ein Handy im Teddybären des Sohnes ein. Internetfirmen machen mit Überwachungsangeboten gute Geschäfte.

Lieber nicht schnüffeln
Warum ist es nun nicht gut, dem Partner hinterherzuschnüffeln?
Die psychische Energie des Schnüfflers geht in Kontrollwahn, Misstrauen, Ärger und Enttäuschung über anstatt in Beziehungsgesten oder Aufbau des eigenen Selbstwertes. Kontrollieren macht in den seltensten Fällen attraktiv – etwas Eigenes zustandezubringen schon. Schnüffeln blockiert Autonomie: Sie können nichts anderes tun, als sich in Abhängigkeit ärgerlich auf den anderen zu fokussieren. Das ermüdet. Momente der Resonanz werden seltener.

Sechs Tipps für Sie
Wie schafft man es nun, der Versuchung des Schnüffelns zu widerstehen?
1.) Tun Sie sich selber Gutes und schätzen Sie sich selbst. Kleine Gesten des Genusses helfen dabei. Verzeihen Sie sich kleine Fehler und Unsicherheiten.
2.) Bauen Sie sich Ihr eigenes Reich, stehen Sie auf eigenen Beinen. Den Schlüssel zu dieser Insel haben nur Sie, darauf können Sie Ihren Partner einladen.
3.) Suchen Sie für sich Herausforderungen mit anderen, unabhängig von Ihrem Partner. Das macht zufrieden und attraktiv.
4.) Seien Sie wertschätzend im Umgang mit dem anderen.
5.) Seien Sie offen zu Ihrem Partner. Vertrauen entsteht aus Verbindlichkeit und Verlässlichkeit. Beginnen Sie damit. Suchen Sie kleine Momente der Resonanz, in denen Sie sich anblicken und eins sind. Auf dieser Basis können Sie offen miteinander sprechen: „So geht es nicht. Ich warte auf deine Ideen.“ Wenn Sie stark und souverän sind, kommen die Ideen Ihres Partners bestimmt.
6.) So entstehen Vertrauen und Sicherheit. Sicherheit zu wissen, wann es zu viel ist. Wenn mit Ihnen gespielt wird, können Sie sicher sein, dass Sie jetzt gehen müssen. Sie sind es wert, eine gleichberechtigte Partnerschaft zu führen.

DER EXPERTE
Dr. Philip Streit ist Psychologe, Psychotherapeut und Lebens- und Sozialberater. Seit 20 Jahren leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz.
www.ikjf.at , Tel.: 0316/77 43 44
Jede Woche beantwortet er in der „WOCHE“ eine Frage rund um Erziehung und Beziehung.
Ihre Anregungen können Sie an die Redaktion schicken:
elisabeth.poetler@woche.at

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