„Jeder muss sich selbst behaupten“

Sind Sie eine Feministin? Können Sie mit dem Begriff etwas anfangen?
Ich sehe mich selbst nicht so, weil der Begriff von meinem Leben weit weggerückt ist. In der Gastro-Szene hat man es als Frau unter vielen Männern nicht immer leicht, aber ich denke, in der Praxis muss sich jeder selbst behaupten.

Wann und wie haben Sie sich behauptet?
Ich habe mit 21 Jahren mein erstes Lokal eröffnet, da hatte ich gar keine andere Wahl. Als Frau ist besonders viel Konsequenz und harte Arbeit nötig.

Welche Erfahrungen haben Sie besonders geprägt?
Jedes meiner vier Lokale, das ich eröffnet habe, hat mich geprägt – ich bin immer ein Stück weiter gewachsen.
Als Kind habe ich schon mit
13 Jahren im Gasthaus meines
Onkels mitgeholfen.

Für Nicht-Gastronomen: Was würde uns an Ihrem Arbeitsalltag überraschen?
Dass ich auch als Chefin
immer vor Ort mitarbeite und nicht nur operativ tätig bin. Man muss auch in der Praxis angreifen, zum Beispiel, wenn es darum geht den Müll
wegzutragen.

Was ist Ihre Lieblingsspeise?
Beef Tartare von meinem Küchenchef.

Was bedeutet für Sie „Erfolg“?
Wenn ich am Ende des Tages nach Hause komme und mich zufrieden auf die Couch setzen kann. Zum Beispiel, weil ich gute Rückmeldungen von Gästen bekommen habe.

Welche Charaktereigenschaft hätten Sie gerne?
Mehr Härte und die Fähigkeit auf Distanz zu gehen, wenn mich Dinge stören. Es wäre dann zum Beispiel leichter, zwischen Berufs- und
Privatleben eine klare
Trennlinie zu ziehen.

Wer ist Ihre Familie?
Mit ihr arbeite ich jeden Tag zusammen: Mein Vater ist
für die Bilanz, meine
Mutter für die Buchhaltung zuständig. Ich genieße es, mit ihnen oft in Kontakt zu sein.

Möchten Sie später selbst Kinder haben?
Nein, ich weiß schon seit ich ein Teenager bin, dass ich keine Kinder möchte. Ich liebe Kinder und höre oft, dass ich die perfekte Mutter wäre, aber ich weiß einfach, dass ich selbst keine Mutter sein will.

Muss man sich als Frau
dafür öfters rechtfertigen?
Ich persönlich habe zum Glück nicht die Erfahrung gemacht. Das Wichtigste ist, dass jeder Mensch sein Leben in gewissem Rahmen selbst gestalten kann.

Eine Zeitmaschine wartet und bringt Sie an jeden
möglichen Ort. Wohin reisen Sie?
Ich träume insgeheim davon mit 40 Jahren auszusteigen und irgendwo am Meer ein kleines Bed&Breakfast zu
eröffnen. Dort würde ich
dann in entspannter Atmosphäre leben und meinen Gästen einen schönen
Urlaub ermöglichen.

Wie beurteilen Sie die Gastro-Szene in Graz?
Die Stadt hat eine unglaubliche Dichte an Lokalen.
Da ist für für jeden
Geschmack etwas dabei.

Was braucht die Stadt noch?
Mehr Freiraum für
Wirtschaftstreibende, denn
es gibt hier unzählige bürokratische Hürden. Etwas
überspitzt gesagt muss man
sich fast jede Schraube
bewilligen lassen.

STECKBRIEF

- geb. am 4. Februar 1982
- hat vor zwei Monaten das „Cafe Rosenhain“ übernommen und erneuert
- ist auch Geschäftsführerin des kolumbianischen Restaurants „Condor“ und der Bar „Seasons“. Die Bar hat siemit 21 Jahren eröffnet.
- arbeitete zuvor acht Jahre lang in der Gastronomie.
- besuchte die Tourismusfachschule.