Die Kirche und Zidane
Wolfgang Pucher spricht über sein Lebenswerk und darüber, dass auch Priester Freizeit haben.
„Ehrlich gesagt denke ich schon länger darüber nach, was ich beim Jubiläumsfest sagen werde“, streicht sich Wolfgang Pucher nachdenklich über sein Kollar. „Vielleicht werde ich den Brief eines inzwischen verstorbenen Zuhälters, der zuerst im Gefängnis und dann bei uns im Vinzi-Dorf gelandet ist, vorlesen“, sagt der Pfarrer dann. „Natürlich sind Zuhälter auch für mich eine der schlimmsten Menschen überhaupt. Aber als er niemanden mehr gehabt hat, haben wir ihn natürlich aufgenommen und in dem Brief hat er geschrieben, dass er durch die Vinzenzgemeinschaft zu sich selbst und zu Gott gefunden hat – und das ist doch die Aufgabe eines Priesters.“
Am 24. und 25. Juni steigt am Hauptplatz das Jubiläumsfest der Vinzi-Werke – Puchers Lebenswerk. Und beim Gespräch in seiner überschaubaren aber mit allerlei Erinnerungen und vor allem Arbeit voll geräumten Stube im Pfarrhaus St. Vinzenz erschließt sich einem schnell, weshalb aus einem in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsenen Schuhmacher-Sohn der wohl populärste Geistliche der Steiermark geworden ist.
Ein Quantensprung
Pucher wählt seine Worte mit Bedacht, spricht sie aber mit einer Überzeugung und Vehemenz aus, dass selbst die hohe Politik nicht erst einmal klein beigeben musste. „Von Anfang an stand bei der Vinzenzgemeinschaft der Wunsch, sich um Menschen zu kümmern, die ausgegrenzt werden. Unsere Arbeit war ein Quantensprung in der Sozialarbeit.“
Auch Puchers großem Ziel, der Überwindung der Obdachlosigkeit in Österreich, ist man aus seiner Sicht einen großen Schritt näher gekommen. „In Graz haben wir meiner Ansicht nach die inländische Obdachlosigkeit überwunden und auch in Salzburg stehen wir kurz davor.“
Eine sozialgeschichtliche Wende erlebte Österreich für den 77-Jährigen im Vorjahr. „Wenn in der ganzen Flüchtlingsthematik erstmals jene Menschen lauter sind, die helfen wollen, Flüchtlingszüge in Wien oder Salzburg mit Applaus empfangen werden, ist das schon eine Wende. Und das bei allen auch negativen Begleiterscheinungen – gerade die Ereignisse in Köln haben gezeigt, dass es nicht so einfach ist, wie viele sich das vorstellen.“
Malen und Fußball
Bei der Frage, ob Priester auch Freizeit haben, springt ein Lächeln in Puchers Gesicht. „Natürlich – ich kann Ihnen auch zeigen, was ich da mache“, lächelt der viel zitierte „Armenpfarrer“, kramt in seinen Laden und holt einen Zeichenblock hervor. „Ich male und zeichne mit Leidenschaft – mein Meisterwerk ist wohl dieser Mose aus der Kirche San Pietro in Vinculi.“ Pucher nimmt sich aber auch die Zeit, um Österreichs Spiele bei der Europameisterschaft in Frank-reich zu verfolgen. „Ich kenne zwar eigentlich nur zwei Vereine, nämlich Bayern München und den TUS Kirchbach – aber natürlich drücke ich unserem Team die Daumen. Und Fußballer wie Zidane oder Cristiano Ronaldo bewundere ich sehr.“
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