Filmland Steiermark: Von allem ein bisschen MEHR!
Interview mit Regisseur Stefan Müller zu: Marlene – der erste österreichische Actionfilm

Stefan Müller, Regie | Foto: Copyright: Sophia Grabner
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Während in Kärnten die Filmszene im wohlverdienten Winterschlaf ruht, startet in der benachbarten Steiermark Stefan Müller bundesweit seinen Actionfilm „Marlene“ und der freundliche Mittdreißiger legt wert auf den Zusatz, dass es sich bei „Marlene“ um den ersten österreichischen Actionfilm handelt. Ob das wirklich so ist und um vieles mehr geht es in dem Interview über 10.000 Kilometer hinweg, zwischen mir im rauen Los Angeles und Stefan Müller, einem echten „Raubein“ im wilden Volk hinter dem Semmering. Beide fahren wir mit schweren Geschützen auf und so eröffneich ‚Die Frau mit der 45er Magnum‘ das Trommelfeuer auf einen smarten Grazer Filmemacher, der das Blut von der Leinwand rinnen lässt. Viel Spaß mit einem beinharten Interview, das dem großen Bruce Willis geschuldet ist: Keine Schweinebacke kommt hier lebend raus!
Eure Tini Trapp

1. Hi Stefan Müller, ich bin Christine Trapp aus Los Angeles, Kalifornien und ich habe Dich und deinen Film „Marlene – der erste österreichische Action-Film“ auf Facebook gefunden, kannst Du dich für unsere Leser (Mein Bezirk.at/Kärnten) bitte vorstellen, woher bist Du und wie bist Du zum Filmemachen gekommen?

Stefan Müller: Sehr gerne. Mein Name ist Stefan Müller und ich bin Filmemacher aus Graz. Ich habe die Leidenschaft zum Film schon sehr früh in meiner Kindheit entdeckt und im Alter von 6 Jahren meinen Eltern die Kamera, die eigentlich von ihnen angeschafft wurde um meine Kindheit filmisch festzuhalten, weggeschnappt und den Spieß umgedreht. :-) Ich habe das Handwerk Großteils autodidaktisch erlernt, aber auch über die Jahre mehrere Filmkurse und Workshops von diversen Filmemachern besucht.

2. Dein Film hat alles was ein guter Actionfilm braucht. Eine haarstäubende Story, die schöne Steiermark wird von einem Verbrechersyndikat terrorisiert. Ein Auftragskiller, der sich in sein Zielobjekt verliebt und zwischen die Fronten gerät. Ein echtes ‚Pulp Fiction‘-Movie. Wieso sollte das Publikum Deinen Indie-Film ansehen, wenn das Publikum längst die Sehgewohnheiten des US-Kinos übernommen hat.

Stefan Müller: Weil es ein österreichischer Actionfilm aus Österreich ist und kein amerikanischer Actionfilm aus Österreich. Die Inhaltsangabe liest sich klassisch, aber der Aufbau, die Figurenzeichnung und die Inszenierung unterscheidet sich vom gängigen Hollywood Blockbuster. Natürlich muss man bei dem Genre Action seine Vorbilder im Amerikanischen, Asiatischen und französischem Kino suchen, denn im deutschsprachigen Raum gibt es da einfach nicht viel zum abgucken, aber es war uns immer ganz wichtig dem Genre unseren eigenen Stempel aufzudrücken.

3. In Österreich haben schon viele versucht so etwas wie eine Alternative zu dem großzügig unterstützten Förderfilm aufzubauen, z.B. Florian „Flo“ Lackner aus dem benachbarten Kärnten, der mit „Red Santa Towen“ (2006), „Yellow Cape Town“ (2007), „Planet USA“ (2013) ebenfalls aus dem Action-Fach kommt, oder Daniel Hoesl mit „Soldate Jaenette“ (3.128 Besucher / 2013) und „Win Win“ (1.993 Besucher / 2016) im anspruchsvollen Fach, von all diesen Leuten hat man nie wieder etwas gehört und auch bei Dir hat die Produktionszeit für „Marlene“ 4 lange Jahre gedauert. Wieso sollte es Dir und deinem Verein „LOOM – Verein zur Förderung der Film- und Medienproduktion“ gelingen, das Steuer herumzureißen und dem Aut-Publikum endlich die Genre-Filme bieten, die immer wieder von Aut-Filmfreunden gefordert werden?

Stefan Müller: Wir haben keinerlei Intention das Steuer herumzureißen. Unser erster Film „Jenseits“ (2006) wurde von den heimischen Förderstellen großzügig unterstützt und mir wurde dadurch die Möglichkeit gegeben, meine ersten größeren Gehversuche in diesem Medium auszuprobieren. Seither haben wir 4 Spielfilme inklusive „Marlene“ erarbeitet und jeder dieser Filme wurde mal mehr und mal weniger von den Filmförderstellen unterstützt. Natürlich würden wir uns bei jedem Projekt mehr Budget wünschen, doch ich bin auf jeden Fall dankbar, dass wir bei jedem neuen Projekt von der Filmförderung bedacht und unterstützt werden. Und mit diesem Support fällt es uns leichter unsere Ideen und unsere Leidenschaft umzusetzen.

4.) Was ist aus Deiner Sicht das größte Problem des Aut-Films, sowohl des Indie-Films, wie des Aut-Förderfilms. Von 2018 (778.386) zu 2019 (378.723) haben sich die Besucherzahlen des Aut-Förderfilms praktisch halbiert. Vom Aut-Indiefilm gibt es überhaupt keine Besucherzahlen. Wo müssten Filmemacher, wie Filmförderer ansetzen?

Stefan Müller: Bei der „Marlene“ Premiere wurde der August Schmölzer, der eine der Hauptrollen im Film innehat, gefragt, ob er der Meinung sei, dass der österreichische Film a bissal mehr Action vertragen könnte und er antwortete: „Der österreichische Film kann von ALLEM mehr vertragen.“ Besser kann man es eigentlich nicht sagen und das ist glaube ich der Ansatzpunkt für Förderer, Produzenten und Macher, Vielfalt. Nicht nur Krimis, Komödien und triste Sozialdramen. Actionfilme, Horrorfilme, Science-Fiction, Abenteuerfilme, Fantasyfilme, da gibt es so viel mehr. Vor kurzem habe ich in einer Podiumsdiskussion gehört, dass weltweit der Output von Mediencontent steigt, nur in Österreich sinkt er. Da gehört angesetzt. Die kommende Netflix Serie über Sigmund Freud hat alles in Prag gedreht, weil es in Wien keine passende Infrastruktur gibt. Keine Studios und nicht die passenden Teams. Das ist schade und da muss aufgeholt werden, damit vom Kabelträger bis zum Schauspieler mehr Möglichkeiten zur Ausübung des gewünschten Berufs vorhanden ist. Wenn sich die Jungschauspieler hierzulande riesig freuen eine Rolle als Verdächtige der Woche in "Soko Donau" zu ergattern, oder als Kellnerin im „Bergdoktor“ dann ist das einfach ein bisschen schade. Eine Rolle als Krieger in „Game of Thrones“ oder Zombie in „Walking Dead“ ist da ja schon tausendmal lustiger und bringt vermutlich auch mehr Erfahrung und ein besseres Honorar mit sich.

5.) Aus Aut ist immer wieder zu lesen, dass der Zugang zu den Fördergeldern sehr schwierig ist. In den Interviews, die ich bisher geführt habe, wurde immer wieder von den Filmemacherinnen und Filmemachern angeregt mit der „großen Gießkanne“ über das Land zu ziehen und z.B. eine Aut-Indie-Film-Million zu verteilen, da ob „großer Förderfilm aus staatlich finanzierten Film- & Fernsehfond“ oder „Indie-Film“ sowieso das Geld des Steuerzahlers verhökert wird, nur, dass der Steuerzahler, (meistens) nichts davon bemerkt. Wie ist dazu Deine Meinung und wie ist die Situation in der Steiermark für den Indie-Film?

Stefan Müller: Naja, so würde ich das nicht sagen. Die Förderstellen sollen natürlich aufgeschlossen gegenüber Nachwuchsprojekten und Genrevielfalt sein, aber sie achten auch auf ein gewisses Maß an Qualität. Qualität in Form von der Geschichte und auch in Form von den Umsetzungsmöglichkeiten. Die meisten Independent Filme haben oftmals noch sehr Amateurhafte Züge in sich und die Förderstellen müssen einschätzen wieviel Budget für so etwas angebracht ist. Wenn ich bei meinem ersten, oder zweiten Film einfach so € 200.000,- zur Verfügung gehabt hätte, wäre das furchtbar enttäuschend für alle Beteiligten gewesen. Das Handwerk muss erlernt werden und ein großes Budget hätte meine ersten Filme vielleicht technisch verbessert, aber mit Sicherheit kaum Handlungstechnisch oder inszenatorisch. Und die Förderstellen wären enttäuscht vom Endprodukt gewesen und hätten mir womöglich für meine Nachfolgeprojekte zu Recht nichts mehr gegeben. So habe ich genug bekommen um loszustarten und herumzuprobieren, ohne dass sich irgendjemand rechtfertigen musste warum man diesem Müller soviel Geld für diesen miesen Amateurfilm gegeben hat. Nach nun 14 Jahren wissen schon ein paar Förderstellen wer wir sind, wie wir arbeiten und das wir unsere Projekte fertigstellen und sauber abrechnen. Man muss auch bedenken, dass es Jungfilmemacher gibt, die sich überschätzen. Die suchen dann für € 100.000,- an, bekommen vielleicht € 50.000,- , denken sich das passt schon, ich mach den Film für dieses Geld auch, geben das Geld an den falschen Posten aus und der Film wird mittendrin abgebrochen, oder die Produktion fällt in sich zusammen und das Projekt wird nie fertiggestellt. Das geförderte Budget wurde aber bereits ausgegeben und jetzt steht ein 24 jähriger Jungfilmemacher da und hat den Fördervertrag unterschrieben, dass er für die geförderte Summe den fertigen Film bis dann und wann abzuliefern hat, kann diesen Vertrag nicht mehr erfüllen und muss sich jetzt überlegen wie er € 50.000,- zurückzahlt. Diese Horrorgeschichten gibt es leider. Und eine Förderstelle will so etwas vermeiden. Dadurch betrachten sie die Einreichungen sehr genau und stellen Anhand von diversen Qualitätsmerkmalen und bisherigen Referenzen fest, was angebracht ist. Das die Förderstellen auch oft gute Projekte ablehnen ist schon klar, aber die meisten geben sich Mühe.

6.) Du lebst in Graz, der Stadt der „Diagonale – dem Festival des österreichischen Films“. Ist je einer deiner Filme auf der „Diagonale“ gezeigt worden und wenn JA, wie ist er dort aufgenommen worden, wenn NEIN, wieso ist er dort nicht gezeigt worden?

Stefan Müller: Nein, wir liefen noch nie auf der Diagonale. Keine Ahnung warum. Diese Frage sollte man vermutlich eher den Festivalintendanten stellen.

7.) In Aut gibt es eine neue Bundesregierung: Was wären Deine Wünsche aus der Sicht eines Aut-Indie-Filmemachers an die Aut-Kulturpolitik im Allgemeinen und an die Kulturpolitik in der Steiermark im Regionalen, also in dem Bundesland in dem Du wohnst?

Stefan Müller: Bitte keine Kürzungen im Förderbudget für Filmschaffende! :-))

8.) Der Aut-Indie-Film wird weder von der Presse, noch vom Publikum so gut nicht wahrgenommen. Wo wäre Deiner Meinung nach, der geeignete Platz für eine langfristige Veröffentlichung Deiner Filme, bzw. des Aut-Indie-Films um damit zumindest etwas „gute Kasse“ zu machen?

Stefan Müller: Video on Demand ist hier definitiv die Zukunft. Prime Video, Netflix oder auch iTunes. Wo man früher in den Videotheken die Geheimtipps entdeckt hat, geschieht das jetzt auf den Streaming Portalen. Oftmals surfe ich durch die Amazon Prime App und entdecke spannende Titel von denen ich noch nie etwas gehört habe und diese kleine cineastische Entdeckungsreise im Wohnzimmer macht mir auch riesig Spaß. Weiters ist China sicher ein interessanter Markt, wenn es um internationale Distribution geht. Wie schon gesagt, weltweit geht der Output an Audiovisuellen Medien nach oben, bis auf Österreich. Also die Nachfrage nach guten Inhalten ist da und es macht ja nix, wenn andere Länder große Freude mit österreichischen Actionfilmen haben, wir haben ja grad einen:-))

9.) Letzte Frage: Gibt es ein neues Projekt? Wenn Ja: Welches?

Stefan Müller: Ja, „der Pfad“ bzw. „the Trail“ wird ein Mystery Abenteuerfilm den wir gerade drehen und der hoffentlich Ende 2021 bei der Diagonale abgelehnt wird. ;-)

Vielen Dank für das Interview und wie Erfolg für Deine Projekte
Tini Trapp

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