Young Storyteller Award
Kurzgeschichten aus dem Pflegewohnheim

- Mit seinen Kurzgeschichten zum Thema Pflege nimmt Mario Schemmerl am "Young Storyteller Award 2022" teil.
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Mit seiner Kurzgeschichten-Sammlung "Lebendig bleiben" möchte Gesunden- und Krankenpfleger Mario Schemmerl einen literarischen Blick in die hochsensible Lebenswelt Pflegeheim ermöglichen.
GRAZ. Versorgungsengpass, Personalmangel, Notstand – die Gegebenheiten in der Pflege beziehungsweise damit verbundene Missstände sind seit Jahren dringliche Angelegenheiten der Gesellschaft und damit auch ein wiederkehrendes Thema in Politik und Medien. Einblicke in die Problemlagen gewähren dabei häufig Männer und Frauen, die tagtäglich in der Pflege involviert sind.
Der diplomierte Gesunden- und Krankenpfleger Mario Schemmerl hat sich vergangenes Jahr schon mehrfach an die Öffentlichkeit gewandt und mit der steirischen Presse über akute Herausforderungen in der Pflege gesprochen. Damals ging es insbesondere um die Belastungen im Alltag in der Altenpflege mit Corona. "Wir haben Schutzausrüstungen getragen, wir haben Todesfälle gehabt, wir haben alles für die Angehörigen gegeben", berichtete der junge Grazer, der damals als Diplompfleger in Hart bei Graz tätig war und fügte hinzu: "Wir würden es wieder leisten, aber nicht unter diesen Bedingungen."

- Seit über zehn Jahren arbeitet der Grazer im Pflegewohnheim. Seine Erfahrungen verarbeitet er in literarischer Art und Weise.
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Politik zwischen den Zeilen
Nun will Schemmerl dem Thema über einen anderen Weg Ausdruck verleihen: In seinem kürzlich erschienenen Buch "Lebendig bleiben" erzählt der Diplompfleger Kurzgeschichten aus dem Pflegeheim. "Ich wollte über dieses Herzensthema Pflege schreiben, aber nicht anklagend sondern einfach erzählen, wie es wirklich ausschaut", so Schemmerl. Dabei wolle er die Politik bewusst außen vor lassen, "das Politische steht ohnehin zwischen den Zeilen".
Geschichten aus den Perspektiven von Bewohnerinnen und Bewohnern, Angehörigen, Pflegekräften – sogar aus Sicht eines Bettes – sollen tiefe Einblicke in den "hochsensiblen Ort Pflegeheim" ermöglichen. "Ich will damit eine Lanze für den Beruf brechen und auch Menschen erreichen, die noch keine Berührungspunkte mit der Pflege hatten", schildert der Autor. Seine Motivation, ein Buch über die Arbeit im Pflegewohnheim zu schreiben, käme aber auch durch das Bedürfnis nach einer persönlichen Reflexion: "Für mich ging es auch darum, wieder darüber nachzudenken, was unsere Arbeit im Pflegeheim ist welchen Stellenwert Empathie dabei einnimmt."

- Der Pflegenotstand in Österreich und der Steiermark ist ein Thema, das die Öffentlichkeit bewegt.
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Leid und Hoffnung
Um eine Aufarbeitung seiner eigenen Erfahrungen ging es Schemmerl bereits in seinem ersten Buch "Willkommen in der Wunde", in der er die Trauer über den Verlust seines Zwillingsbruders und seiner Mutter thematisiert. "Lebendig bleiben" ist diesmal zwar kein Trauerbuch, doch nennt Schemmerl im Vorwort den für seine bedrückenden Filme bekannten Drehbuchautor Michael Haneke als Vorbild, was nicht auf eine "Feel-good-Komödie" hoffen lässt. "Auch im Leid liegt für mich Schönheit und Hoffnung", ist der Diplompfleger überzeugt.
Mit dem Buch nimmt Schemmerl am diesjährigen "Young Storyteller Award" teil. Seinen Beruf im Pflegeheim lässt er im Herbst 2022 "schweren Herzens" hinter sich und startet stattdessen mit der Betreuung von Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung. "Nach zehn Jahren in der Pflege braucht man unter diesen Umständen einen Wechsel."
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