Soldatin im Interview
"Befehlston beim Bundesheer schreckt viele ab"
Das Bild von „Frau Soldatin“ ist in der Gesellschaft noch nicht ganz so verankert, wie man meinen könnte. Grund genug Katrin Hubmann für unsere Serie "Die gefragte Frau" zum Interview zu bitten. Seit 22 Jahren ist sie mit Leib und Seele beim österreichischen Bundesheer.
STEIERMARK/GRAZ. Österreichweit gibt es 670 Soldatinnen (von insgesamt 15.000). Katrin Hubmann ist eine von ihnen und arbeitet beim Militärkommando Steiermark in Graz. Ihrem Beruf widmet sie sich mit ganzem Herzen wie auch der Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten. Im Gespräch mit MeinBezirk erzählt sie, warum sie selbst keine typische Frau ist, was sie ihren Kindern mitgibt und warum der Frauenanteil beim Bundesheer so gering ist.
Interview mit Soldatin Katrin Hubmann
Wieso sind Sie Soldatin geworden?
Ich liebe meine Uniform, ich bin gern Soldatin, mir taugt das. Es ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf.
Wie kommt man eigentlich als Frau zum Bundesheer?
Mein Vater war schon beim Bundesheer, mein Opa war im Krieg. Somit habe ich das quasi schon vorgelebt bekommen. Für mich war immer klar: Ich will zum Bundesheer.
Wie hat Ihre Karriere beim Heer angefangen?
Nachdem ich eine Glaserlehre abgeschlossen habe bin ich 2000 in Straß eingerückt. Dort habe ich die Ausbildung zur Jägergruppenkommandantin gemacht. Das ist wirklich eine gediegene Ausbildung im Bereich der Infanterie. Die Eckpunkte: Man ist immer draußen, schießt mit allen möglichen Waffen, fährt mit Panzer und Hubschrauber mit.
Wann sind Sie dann zum Militärkommando Steiermark gekommen?
2006 bin ich für die Ausbildung zur Einsatzleiterin im Katastrophenschutz und Strahlenschutzbeauftragte nach Graz gekommen. Dort hilft man den Leuten, dort wo sie Hilfe brauchen. Sprich: Murenabgänge, Windbruch, Brücken bauen, Schnee schaufeln, Überflutungen.
Was sollte man für das Bundesheer mitbringen?
Meine Meinung ist, dass man nicht diese typische Frau sein sollte. Ich kann nicht komplett geschminkt oder mit langen Fingernägeln zum Heer gehen. Im Zivilen kann man sich so anziehen, aber bei uns funktioniert das nicht.
"Man sollte nicht diese typische Frau sein."
Katrin Hubmann, Soldatin
Sie haben viele verschiedene Ausbildungen gemacht?
Ich habe viel ausprobiert, weil ich das einfach so wollte. Das war aber alles die Zeit vor meinen Kindern. Die sind jetzt neun und sechs Jahre alt. Mit Kindern geht das Szenario Einsatzleiter nicht mehr. Deswegen bin ich jetzt Offizier-Stellvertreterin und hauptsächlich im Innendienst. Ich brauche einfach einen Job, wo ich gewisse Termine vorab planen kann.
Ist das Bundesheer familienfreundlich?
Wir haben in den verschiedenen Garnisonen eine kostenlose Kinderbetreuung in den Sommerferien. Das sind vier Wochen wo meine Kinder mit in den Dienst gehen. Wenn mein Dienst vorbei ist, hole ich die Kinder und fahre nach Hause. Außerdem haben wir zum Beispiel eine Kinderweihnachtsfeier, wo der Nikolaus mit dem Panzer herkommt.
Ist es schwer gleichzeitig Soldatin und Mama zu sein?
Es ist eine Herausforderung, wenn ich einmal eine Woche weg muss und ich dann absolut nicht erreichbar bin. Aber es funktioniert, weil mein Mann nimmt sich da frei und kümmert sich um die Kinder. Und das muss in einer Familie auch funktionieren, dass man sich gegenseitig unterstützt.
Wieso diese Leidenschaft für das Bundesheer?
Ich bin der Meinung, dass es diese gelebte Kameradschaft sonst so nicht gibt. Wir bewegen uns als Gruppe draußen von A nach B, meistern gemeinsam Situationen und das schweißt einfach zusammen. Das ist das Schöne. Man sagt andere Leute zahlen für das.
Gibt es einen Unterschied zwischen Mann und Frau beim Heer?
Schmäh führen, wie man bei uns sagt, gehört einfach dazu. Aber ich habe in 22 Jahren nie ein Problem gehabt. Man muss sich meiner Meinung nach dem auch in gewisser Hinsicht anpassen. Wenn ich mir diese typische zu weibliche Frau vorstelle, funktioniert das nicht. Ich bin auch sehr dahinter, dass die Damen das akzeptieren lernen, dass man mit den Männern mit muss.
Wieso gibt es so wenig Soldatinnen?
Lehrjahre sind keine Herrnjahre. Ich denke, es schreckt viele ab, weil bei uns dieser Befehlston herrscht, der im Bundesheer einfach verankert ist. Zuhause mit den Kindern rede ich natürlich nicht so. Aber wir haben gewisse Regeln und daran muss man sich halten und gewöhnen. Viele glauben auch, man muss sich die Haare abschneiden. Ich habe nie lange Haare gehabt, weil ich diese typische Frau nie war und ganz anders erzogen wurde.
Wie sehen das Ihre Kinder?
Mein 6-jähriges Dirndl ist das absolute Gegenteil von mir. Sie zieht nur Kleider, Leggins oder Strumpfhosen an und hat mehr Schminksachen als ich bis dato in meinem ganzen Leben. Der Bub sagt schon, dass er Soldat werden will, vielleicht lebe ich das auch ein bisschen vor. Wenn er diesen Weg gehen will, unterstütze ihn. Aber wenn er eine Lehre als Friseur machen will, ist mir das auch recht.
"Wenn mein Sohn einen Lehre als Friseur machen will, ist mir das auch recht."
Wünschen Sie sich mehr Soldatinnen?
Es ist immer schön wenn junge Damen sich für diesen Beruf entscheiden. So wie ich das jetzt lebe, ist das die Erfüllung eines Lebenswunsches. Ich freue mich, wenn ich einem jungen Dirndl zeigen kann, dass es ein cooler Job ist, wo man viel machen kann. Die ersten Jahre muss man durchbeißen, damit ich was erreiche. Aber je länger du dabei bist, desto leichter wird es.
Katrin Hubmann lebt für das Bundesheer.
- 41 Jahre alt
- lebt in Fernitz
- abgeschlossene Glaserlehre
- seit 22 Jahren beim Bundesheer
- eingerückt 2002 in Straß
- Verheiratet, zwei Kinder
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