Der Einsamkeit entfliehen

Es ist wichtig, folgende Unterscheidung zu treffen: Alleinsein und Einsamkeit sind zwei verschiedene Dinge.
Alleine zu sein ist eine selbstgewählte Entscheidung: Ich ziehe mich zurück, um meine Gedanken zu ordnen, mich zu sammeln, Kraft zu tanken. Ein gewisses Maß an Alleinesein brauchen wir, um uns in Gemeinschaft gut zu fühlen.
Anders ist es mit dem Einsamsein: Einsamkeit ist ein Gefühl, das hochgradig unangenehm ist und sich oft schleichend entwickelt. Es entsteht aufgrund unserer Annahmen über uns und andere. Einsame Menschen halten oft nichts von sich selbst. Man kann sagen, sie mögen sich nicht. Sie glauben, dass sie für andere nicht attraktiv sind und verhalten sich dann genau so, dass andere dementsprechend auf sie reagieren – wie in einer selbsterfüllenden Prophezeiung.
Zum Einsamsein muss man aber nicht alleine sein: Einsam sein kann man auch bei einer schönen Feier mitten unter vielen Leuten.

Es ist unsere Wahl
So komisch es klingen mag, ob wir uns einsam fühlen, entscheiden wir selbst – auch wenn wir glauben, dass dies ausschließlich an der Nichtbeachtung durch die anderen liegt. Unsere Einsamkeit können wir dementsprechend auch selbst wieder abstellen.
Fest steht dennoch: Es gibt heute eine Reihe von Faktoren, die Einsamkeit begünstigen. Die Anonymität von Großstädten, die Vielzahl zerbrochener Beziehungen, das fortschreitende Altern, die Individualisierungstendenz einer auf Genuss ausgerichteten Gesellschaft, die das Bitten um Hilfe als Versagen etikettiert und die immer größeren Anforderungen der Leistungsgesellschaft.
Drei Stufen der Einsamkeit kennt die Psychologie: 1.) Die zeitweilige Einsamkeit: ein Gefühl der Trauer nach Schicksalsschlägen, wie Trennung, Tod, Verlust einer wichtigen Position oder Überforderung. 2.) Den sich fortsetzenden Rückzug: Nach einem Schicksalsschlag brechen einsame Menschen den Kontakt Stück für Stück zu anderen ab. 3.) Die chronifizierte Einsamkeit: Rückzug, mürrisches Reagieren auf Kontaktversuche, Abkapseln sind zur Lebensform geworden.
Bekannt ist auch, dass einsame Menschen eher ein zurückhaltendes Temperament haben. Aber Einsamkeit ist nicht persönlich festgelegt. Einsamkeit entsteht immer in einem Prozess der Auseinandersetzung mit unserer Umwelt, zu dem wir uns selbst – meist aus Mangel an Selbstliebe – entschließen.

TIPPS: DAS KÖNNEN SIE TUN

1.) Seien Sie liebevoll mit sich selbst. Bemerken Sie gute Eigenschaften und Stärken an sich.
2.) Suchen Sie Kontakt zu anderen. Es gibt viele Möglichkeiten, sowohl über das Internet, als auch über Veranstaltungen, Vereine, lange nicht mehr getroffene Bekannte, Verwandte…
3.) Stellen Sie keine hohen Ansprüche an sich und andere. Kontakte ergeben sich oft, indem man über Beiläufiges oder schöne Dinge des Lebens redet.
4.) Geben Sie dem Leben einen Sinn. Machen Sie ein Projekt – etwa einen Halbmarathon laufen, oder bei einer karitativen Organisation mithelfen. Engagieren Sie sich, dann ergeben sich Kontakte.
5.) Lassen Sie sich ablenken. Machen Sie etwas, was Ihnen Spaß macht: einen kleinen Ausflug, einen Theaterbesuch, ein Treffen mit einem Enkel. Das befreit aus der Einsamkeitsgrübelfalle. Unternehmen Sie irgendetwas.
6.) Gehen Sie auf andere zu und bitte warten Sie nicht, bis andere auf Sie zukommen.
7.) Lassen Sie sich verkuppeln von Menschen, die Ihnen nahe stehen.
8.) Freude machen. Suchen Sie sich kleine Momente, in denen Sie andere überraschen, Ihnen eine Freude machen, ohne einen Hintergedanken zu haben.
9.) Das alles ist ein Experiment und keine Entscheidungsschlacht. Machen Sie sich keinen Druck, denn das fördert die Einsamkeit. Genießen Sie neu gewonnene Nähe und Beziehung. Sie haben es selbst in der Hand, Schritt für Schritt.

Der Experte
Dr. Philip Streit ist Psychologe, Psychotherapeut und Lebens- und Sozialberater.
Seit 20 Jahren leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das größte Familientherapiezentrum der Steiermark.
Jede Woche beantwortet er in der „WOCHE“ eine Frage rund um Erziehung und Beziehung.
Ihre Anregungen und Fragen können Sie per E-Mail an die Redaktion schicken:
elisabeth.poetler@woche.at

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