Med Uni Graz
Großer Fortschritt in der Erstversorgung von Frühgeborenen

- In der Neonatologie an der Med Uni Graz werden Frühchen bestens versorgt.
- Foto: KAV/Bernhard Noll (Symbolfoto)
- hochgeladen von Yvonne Brandstetter
Die Lungen(un-)reife stellt bei Frühgeborenen eine der größten Probleme dar. Forscherinnen und Forscher der Med Uni Graz ist es jetzt gelungen, maßgeblich neue Erkenntnisse in diesem Bereich zu gewinnen.
GRAZ. Von einer Frühgeburt spricht man in der Medizin dann, wenn ein Kind vor der vollendeten 37. Schwangerschaft das Licht der Welt erblickt. Dabei ist die Medizin stark gefordert, auch wenn sich die Versorgung von Frühgeborenen bereits auf einem hohen Niveau befindet.
Eines der größten Probleme stellt dabei aus medizinischer Sicht die Lungen(un-)reife dar, und damit die Sauerstoffversorgung der Kinder, die zu früh zur Welt kommen. In diesem Bereich haben Forscherinnen und Forscher der Med Uni Graz jetzt im Rahmen einer Multi-Center-Studie große Fortschritte erzielt.
Sauerstoff als Medikament
Alle Frühgeborenen weisen unmittelbar nach der Geburt einen gewissen Grad an Lungenunreife auf – je früher die Geburt, desto unreifer die Lunge. Daher benötigt der Großteil aller Frühgeborenen im Rahmen der Erstversorgung eine Atemunterstützung und zusätzliche Sauerstoffzufuhr. Sauerstoff ist ein sehr potentes Medikament, das in vielen Situationen das Überleben sichert.

- Maßgeblich am Fortschritt in der Erstversorgung von Frühgeborenen beteiligt: Gerhard Pichler (links) und Berndt Urlesberger (rechts)
- Foto: Med Uni Graz
- hochgeladen von Waltraud Fischer
„Aber es hat natürlich auch Nebenwirkungen. In vielen Studien hat sich gezeigt, dass gerade Frühgeborene sehr empfindlich sowohl auf Über- als auch auf Unterdosierung von Sauerstoff reagieren können. Zur Dosisfindung verwendet man die Pulsoxymetrie, welche die Sauerstoffsättigung im Blut meist an Hand oder Fuß kontinuierlich misst. Allerdings ist das Gehirn das Organ, wo die ausreichende Sauerstoffversorgung insbesondere bei Frühgeborenen als extrem wichtig angesehen wird – vor allem, um eine gute neurologische Entwicklung zu ermöglichen“, erklärt Berndt Urlesberger von der Klinischen Abteilung für Neonatologie der Med Uni Graz.
Die beiden Forschungseinheiten „Mikro- und Makrozirkulation des Neugeborenen“ (Leitung: Gerhard Pichler) und „Zerebrale Entwicklung und Oxymetrie“ (Leitung: Berndt Urlesberger) der Klinischen Abteilung für Neonatologie der Medizinischen Universität Graz haben in enger Zusammenarbeit die Idee entwickelt, dass es von Vorteil sein könnte, zusätzlich zur Pulsoxymetrie auch die Sauerstoffsättigung des Gehirngewebes zur Steuerung der Atemunterstützung und Gabe von Sauerstoff im Rahmen der Erstversorgung nach der Geburt zu verwenden.
Internationale Kooperation
Die Messung der regionalen Sauerstoffsättigung erfolgt mittels Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS), einer nicht-invasiven, schmerzlosen, kontinuierlichen Messmethodik. Hierbei wird ein Sensor auf der Stirn angebracht und anhand des Absorptionsverhaltens von Lichtwellen die regionale Sauerstoffsättigung des Gehirngewebes gemessen.

- In den letzten 14 Jahren wurde in Graz intensive Forschungsarbeit zur Unterstützung bei unausgereiften Lungen von Frühgeborenen betrieben.
- hochgeladen von Birgit Gehrke
„In den letzten 14 Jahren wurden in Graz mittels zahlreicher Vorstudien nicht nur Normwerte für die zerebrale Sauerstoffsättigung ermittelt, sondern auch die physiologischen Zusammenhänge und Einflussfaktoren untersucht. Mit diesem Wissen wurde ein Konzept erarbeitet, das eine Kombination von klinischen Handlungsanweisungen und dem Monitoring der Sauerstoffsättigung des Gehirns beinhaltet“, erklärt Berndt Urlesberger die Geschichte der Forschung in diesem Bereich an der Med Uni Graz. Es wurde sowohl das Studienkonzept an der Klinischen Abteilung für Neonatologie in Graz entwickelt als auch die Leitung der Studie, die schließlich in mehreren Ländern in Europa und Nordamerika durchgeführt wurde, übernommen. Die Studienleitung hat Gerhard Pichler aus Graz übernommen.
Nun sind die Ergebnisse dieser großen internationalen Multi-Center-Studie im hochrangigen „British Medical Journal“ erschienen. Es handelt sich hierbei um die weltweit erste klinische Studie zu diesem Thema. Insgesamt wurden 607 Frühgeborene mit weniger als 32 Schwangerschaftswochen in diese Studie eingeschlossen. Es konnte gezeigt werden, dass dieses neue Vorgehen das Potenzial hat, die Sterberate und die Gehirnschädigungen bei Frühgeborenen zu senken.
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