Nachbarschaftskonflikte
Immer mit der Ruhe
Wenn in Mehrparteienhäusern plötzlich mehr Menschen gleichzeitig und oft den ganzen Tag zuhause sind, könnte das vermehrt zu Nachbarschaftskonflikten führen. Die WOCHE hat beim Friedensbüro nachgefragt, ob das in Graz der Fall ist.
Die gute Nachricht gleich vorweg: "Im Moment merken wir noch nicht, dass es mehr Nachbarschaftskonflikte gibt", berichtet Friedensbüro-Geschäftsführerin Jutta Dier, die aber auch zu bedenken gibt: "Ich glaube, dass viele Menschen zuerst einmal Zeit gebraucht haben, um zuhause anzukommen." Dennoch, ein paar Anfragen hat das Friedensbüro bereits bekommen, beispielsweise wegen spielender Kinder im Hof beziehungsweise am Spielplatz der Siedlung und in diesem Punkt lässt Dier keinen Platz für Ausreden: "Diese Nutzung ist derzeit gesetzlich nicht erlaubt."
Recht auf Stille?
Doch auch, wenn die Spielplatz-Nutzung derzeit verboten ist, gibt es einen anderen Punkt, den die Geschäftsführerin klar betont: "Man muss sich bewusst sein, dass man in seiner Wohnung nicht das Recht hat, seine Nachbarn nicht zu hören." Der Gedanken, dass man in seiner eigenen Wohnung absolute Stille verdient habe, sei falsch und diesen Anspruch gebe es gesetzlich nicht, so die Expertin. "Das ist beispielsweise in Siedlungen auch gar nicht möglich." Lärmbelästigung ist jedoch einer der häufigsten Konfliktgründe in Mehrparteienhäusern, ein klärendes Gespräch ist auch nicht immer möglich. So werde der Kontakt oft gemieden und das störende Geräusch zunehmend stärker wahrgenommen. Die Hilfe des Nachbarschaftsservice des Friedensbüros kann hier Unterstützung bieten.
Doch Dier gibt auch zu bedenken: "Wahrscheinlich weiß der Nachbar gar nicht, dass man etwas aus seiner Wohnung zu laut hört und beispielsweise nicht schlafen kann." Die Geschäftsführerin empfiehlt deshalb, einen freundlichen Brief zu schreiben und ihn auf die Türmatte zu legen. "Man sollte derzeit ja auch keinen direkten Kontakt haben", so Dier.
Frische Luft schnappen
Neben dem Lösen von Konflikten kümmert sich das Team des Nachbarschaftsservice derzeit aber auch um die Klienten und sieht nach, ob sie alles haben, was sie brauchen. Doch nicht nur in Zeiten wie diesen, sondern auch ganz generell, bietet das Friedensbüro Unterstützung bei der Lösung von Konflikten in Grazer Mehrparteienhäusern. "Unser Angebot wird von der Stadt Graz finanziert, ist also für jene Leute, die sich an uns wenden, kostenlos." Gemeinsam mit dem Anrufer überlegen sich die Experten dann, welche weiteren Schritte gesetzt werden. Mediation und gewaltfreie Kommunikation stehen dabei bei den Mitarbeitern des Nachbarschaftsservice ganz oben auf der Werkzeug-Liste.
Wem es derzeit in der Wohnung zu viel wird, dem empfiehlt Dier: "Raus gehen und Spaziergänge machen. Wer Kinder zuhause hat, soll sie einfach auch einmal dem Partner übergeben, damit man auch Zeit für sich hat. Raus gehen und frische Luft schnappen, kann hier wirklich helfen."
Sollten Sie Informationen oder Unterstützung vom Nachbarschaftsservice benötigen, können Sie sich telefonisch unter 0316/872 2183 (Montag bis Donnerstag 8 bis 16 Uhr, Freitag 8 bis 12 Uhr) oder per Mail an nabas@friedensbuero-graz.at melden.
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