Gefragte Frau
"Mein Tag Graz"-Obfrau Sigrid Querch im Interview

Sigrid Querch rät zur psychischen Gesundheitsvorsorge: "Bitte wartet nicht, bis es kippt. Denn der Weg zurück kann sehr lang sein." | Foto: Konstantinov
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  • Sigrid Querch rät zur psychischen Gesundheitsvorsorge: "Bitte wartet nicht, bis es kippt. Denn der Weg zurück kann sehr lang sein."
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Bei "Mein Tag Graz" sind Kaffeetratscherl wichtiges Werkzeug für Wohlbefinden, verrät Obfrau Sigrid Querch. Zweck des Vereins samt Praxisgemeinschaft im Grazer Herz-Jesu-Viertel ist der Erhalt der psychischen Gesundheit.

GRAZ/ST. LEONHARD. Gegenüber der Herz-Jesu-Kirche, genauer gesagt in der Naglergasse 38, finden sich seit März 2020 Café, Platzltreff und Praxisgemeinschaft von "Mein Tag Graz". Was hinter dem "Verein zur Prävention, Verbesserung und Erhaltung ganzheitlichen Wohlbefindens" steckt, hat Gründerin und Obfrau Sigrid Querch im Gespräch mit MeinBezirk.at verraten.

Wie kam es zur Idee für "Mein Tag Graz"?
SIGRID QUERCH: Die ersten Gedanken dazu sind schon 2014 während meiner Tätigkeit als Psychologin bei einem Arbeitsmarktkurs zur beruflichen Integration entstanden. Dort hat den Leuten, denen es größtenteils psychisch sehr schlecht gegangen ist, neben der Tagesstruktur vor allem der gegenseitige Austausch geholfen. Das Gleiche wollte ich als freiwilliges Modell in einem gemütlicherem Rahmen anbieten. Viele Menschen haben große Vorbehalte gegenüber Psychologen und Menschen, die im Sozialbereich arbeiten, weshalb sie sich ohne niederschwelligen Zugang erst sehr spät Hilfe suchen. Dem wollen wir mit unserem Café entgegenwirken.

Kurz vor dem ersten Lockdown wurde das Café von "Mein Tag Graz" eröffnet. | Foto: Konstantinov
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Wurde das Angebot von Anfang an gut angenommen?
Ich persönlich habe es mir wesentlich einfacher vorgestellt, weil das Café ja von Anfang an dazu da war, um Schwellenängste zu nehmen. Inzwischen – und darüber bin ich sehr glücklich – haben wir eine kleine Stammklientel. Anfangs haben uns die Leute aber nicht überrannt. Neugierde war zwar da, aber auch Skepsis. Zwei Wochen nach der Eröffnung hat es dann den ersten Lockdown gegeben. Ich weiß aber nicht, ob sich das Café schneller etabliert hätte, wenn Corona nicht gewesen wäre.

Worauf sind Sie im Rückblick besonders stolz?
Dass ich es überhaupt gemacht und durchgehalten habe. Wobei das freilich nur gemeinsam mit dem "Mein Tag"-Team gegangen ist. Dabei möchte ich Vera Grbic besonders danken, die mich immer wieder aufgerichtet hat. Bis uns diesen Sommer finanzielle Hilfe von der Stadt zugesagt worden ist, bin ich für das Projekt alleine aufgekommen. Das war eine Berg- und Talfahrt. Ohne Förderung hätte ich wahrscheinlich nicht weitermacht – und wäre es eine One-Woman-Show gewesen sowieso nicht.

Im Vorstand sitzen mit einer Ausnahme nur Frauen. Ist das ein Zufall?
Wir haben jedenfalls nicht bewusst darauf geachtet. Alle, die mitmachen, sind langjährige Wegbegleiterinnen. Sicher war vor einigen Jahren der Sozialbereich sehr frauenlastig, aber ich hoffe und bin mir eigentlich sicher, dass wir nicht das Verhältnis der Berufssparte abbilden.

Sigrid Querch betont: "Bei uns ist jeder willkommen." | Foto: Konstantinov
  • Sigrid Querch betont: "Bei uns ist jeder willkommen."
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Und wie sieht es bei den Klienten bzw. Klientinnen aus?
Einen Prototyp gibt es nicht, was auch der Grundidee entspricht und mich froh macht, weil wir alle Menschen ansprechen wollen. Vom Alter her würde ich sagen, dass der Großteil 40 plus ist, bis hin zu Senioren. Alle eint, dass sie gerne zu uns kommen. Da treffen sich ganz gesellige Menschen mit anderen, die unter sozialen Ängsten leiden. Zu beobachten, wie durch positive Gruppendynamik Vertrauen aufgebaut wird und Freundschaften entstehen, ist wahnsinnig toll.

Gibt es Zukunftspläne für den Verein?
Wir arbeiten stetig daran, dass die Grundidee bekannter wird und dass uns mehr Leute entdecken; dass wir mehr Einmietungen in der Praxisgemeinschaft bekommen und das Team wächst. Unsere grundlegenden Ziele bleiben trotzdem der wertschätzende Umgang in einem diversen Umfeld, dass Menschen gestärkt werden und sie in schwierigen Phasen Hilfe zur Selbsthilfe bekommen.

"Bei uns soll sich jeder gut aufgehoben fühlen", so die Psychologin. | Foto: Konstantinov
  • "Bei uns soll sich jeder gut aufgehoben fühlen", so die Psychologin.
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Steckbrief: Sigrid Querch

Sigrid Querch ist im Grazer Herz-Jesu-Viertel aufgewachsen und hauptberuflich Grafikerin. Zudem studierte die Grazerin Psychologie und absolvierte die Ausbildung zur Klinischen, Gesundheits- und Arbeitspsychologin. Im September 2019 gründete Querch mit Gleichgesinnten den Verein "Mein Tag Graz" mit Sitz in der Naglergasse 38 (gegenüber des Haupteingangs der Herz-Jesu-Kirche). Dort befindet neben der multiprofessionellen Praxisgemeinschaft für psychische Gesundheit das vereinseigene Café, das frei zugänglich als Anlaufstelle gegen Einsamkeit und für nachbarschaftliche Vernetzung dient. Mehr Infos dazu: meintag-graz.jimdofree.com

MeinBezirk.at-Wordrap

  • Das Herz-Jesu-Viertel ... ist speziell.
  • Wohlbefinden bedeutet für mich … die Balance zwischen Aktivität und Ruhe.
  • In der Adventzeit werde ich … so weit es mir möglich ist, Ruhe finden.

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