Mit kühlem Kopf: Die Hypo-Aufdeckerin aus Graz

Starke Frau: Irmgard Griss war eine der ersten Richterinnen am Obersten Gerichtshof. | Foto: prontolux
  • Starke Frau: Irmgard Griss war eine der ersten Richterinnen am Obersten Gerichtshof.
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Wir treffen uns nun an der Uni Graz, im Resowi-Café …
Ja, ich komme gerade von der Vorbesprechung für eine Lehrveranstaltung, ich halte ein Seminar zum Thema Internet- und Medienrecht.

Sprechen die Studenten Sie auf die Hypo an?
Nein, Gott sei Dank nicht! (lacht)

Wie geht es Ihnen, wenn sie von neuen Hypo-Milliardenlöchern hören?
Ich verfolge das natürlich, aber es beschäftigt mich nicht besonders. Unsere Aufgabe war es, die Vorkommnisse rund um die Hypo Group Alpe-Adria aufzuklären, das haben wir gemacht.

Die Hypo-Untersuchungskommission leiteten Sie unentgeltlich. Wie viele Stunden Arbeit waren das?
Ich habe nicht mitgezählt, es waren viele Gespräche, intensives Aktenstudium … von April bis 2. Dezember. Ich war schon beschäftigt!

Sind Sie eine Idealistin?
Nein, ich habe mich entschieden, dafür kein Geld zu nehmen, weil es notwendig war: So hätte ich jederzeit aufhören können – etwa falls wir keine Unterlagen bekommen hätten. Der Rechtfertigungsdruck ist dann kleiner. Ich wollte den Auftrag gut erfüllen.

Sind Sie stolz auf Ihre Leistung?
Ich bin froh darüber und dankbar, weil wir Glück hatten: bei der Zusammensetzung der Kommission und weil die Institutionen bereit waren, mit uns zu arbeiten.

Hat Sie diese Hypo-Kapitel geprägt?
Das nicht, aber ich habe einiges gelernt, etwa wie Entscheidungen, wie jene zur Verstaatlichung, zustande kommen.

War die Medienpräsenz neu für Sie?
Ja, aber daran gewöhnt man sich. Ich wusste ja: Das ist von kurzer Dauer und flaut ab – zum Glück! Aber das Interesse an den handelnden Personen ist ja berechtigt.

Als Präsidentin des Obersten Gerichtshofes und in der Hypo-Kommission waren Sie eine Frau unter vielen Männern. War das für Sie je spürbar?
Eigentlich nicht, in einem professionellem Umfeld spielt das keine Rolle. Als ich 1993 als Richterin mit einer Kollegin an den OGH kam, waren wir dort die dritte und vierte Frau. Für manche OGH-Richter war das sicher eine Umstellung. Die erste OGH-Richterin gab es etwa 1988, die erste Richterin in Graz etwa 1973. Ich hatte aber nie das Gefühl, mich mehr anstrengen zu müssen, weil ich eine Frau bin.

Es gibt das Klischee, dass Frauen in Führungspositionen sozialer agieren …
Bei Gericht habe ich beobachtet: Es ist ein Vorteil, wenn in einem Senat Männer und Frauen sind, weil sie unterschiedliche Lebenserfahrungen einbringen – etwa in Bezug auf Obsorgefälle. Frauen haben auch oft eine andere Art sich einzubringen. Viele Frauen sind auch eher aufgaben- als karriereorientiert: Sie wollen etwas gut machen und achten weniger auf ihre Karriere. Viele orientieren sich auch eher am Wohl der anderen, etwa der Familie, gehen in Karenz. Schwächer ausgeprägt ist bei Frauen oft das Selbstbewusstsein: Das muss aber nicht immer negativ sein … (lacht)

Sie haben zwei Söhne. War es unkompliziert, Familie und Karriere zu vereinbaren? Unkompliziert ist das nie, aber ich hatte viel Unterstützung. Dennoch habe auch ich die Phase durchlebt, in der man das Gefühl hat: Man kann weder den Kindern noch der Arbeit wirklich gerecht werden.

Zum Thema Gerechtigkeit: Erlernen wir den Sinn dafür mit den Lebensjahren oder werden wir egoistischer?
Auch Kinder können furchtbar egoistisch sein, aber manche Menschen werden es durch ihre Erfahrung. Sie sagen sich: Wenn ich mich nicht um mich kümmere, tut das niemand.

Sie strahlen stets große Gelassenheit aus. Woher kommt das?
Ich weiß nicht, ob ich über große Gelassenheit verfüge (lacht). Aber ich habe jedenfalls das Glück, ein Leben zu führen, das frei von großen Belastungen ist: Ich habe eine Familie, bekomme Pension, kann in der Natur sein, lesen, …

Ihre Zukunftspläne? Bundespräsidentin?
(lacht) Ich nehme es als Kompliment – das ist es. Ich leite noch die Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte. Ansonsten strebe ich nichts an. Wenn etwas auf mich zukommt, das befriedigend sein kann, lehne ich es nicht ab, solange ich es kann. Ich bin 68, also nicht mehr ganz jung (lacht).

STECKBRIEF
- geb. 1946, lebt in Graz
- war langjährige Richterin, Präsidentin des Obersten Gerichtshofes
- leitete 2014 die Untersuchungskommission zur Causa Hypo Alpe Adria
- Lehrauftrag an der Uni Graz, leitet die Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte

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