Georgien trifft Graz
Nana Kelekhidze besuchte Graz
Die georgische Lyrikerin Nana Kelekhidze gab am Dienstagabend in der Steiermärkischen Landesbibliothek ihr Debüt mit ihren georgischen Gedichten, welche ihre Übersetzerin ins Deutsche Julia Dengg gemeinsam mit ihr vortrug.
Nana Kelekhidze stammt aus Tuschetien, einer Region im Großen Kaukasus, studierte georgische Philologie in Tbilissi, wo sie heute lebt. Ihre Gedichte wurden in verschiedenen Literaturzeitschriften veröffentlicht, 2014 erschien ihr erster Gedichtband „Saschuaghamo“ im Verlag Saunje. Sie übersetzt auch Gedichte aus dem Russischen und umgekehrt.
Ihre Gedichte befragen das archaische Leben in den Bergen, die Verbindung zwischen den alten Traditionen und dem modernem Leben, ihr Frau-sein und suchen nach Formen, die Spuren und Regungen des Alltäglichen zu lesen.
Julia Dengg welche die Gedichte übersetzte und mit viel Gefühl vortrug, lebt am Dachstein und in Stainach. Arbeitet als Hirtin und als Übersetzerin aus dem Georgischen und Italienischen.
Übersetzungen (u.a.): Reso Tscheischwili: Die Himmelblauen Berge (mit Ekaterine Teti), Sara Ventroni: Im Gasometer, Giorgio Orelli: Un giorno della vita. Italienisch & Deutsch und mit der Gruppe „Versatorium“: Charles Bernstein = Karl Elektric. Gedichte und Übersetzen, vol. 1.2, Roberta Dapunt: dies mehr als paradies / la terra più del paradiso, Charles Bernstein: Gedichte und Übersetzen, vol. 1.1., Kutatási / utazási / utasítás egy. Aktuell ist eine Lyrikreihe im Entstehen, in der Übersetzungen aus dem Georgischen in Zusammenarbeit von Autoren, Übersetzern, bildenden Künstlern und Buchdruckern erscheinen werden.
Eine Kostprobe der Lesung:
მუნჯი
მე შემიძლია სულაც გავჩუმდე .
ჩავიგუბო პირი მკვდარივით .
ავიღო კოვზით შავი მიწა და
შაქარივით მოვიყარო გამშრალ ენაზე .
შავი ფერი აქვს ყველა დუმილს .
ლოდის სიმძიმე
და ზამთრის გემო .
მე შემიძლია იმდენ ხანს ვდუმდე –
მიწამ ყლორტები გამოიღოს ,
მიწამ ფესვები გამოუშვას ,
ჩამეზარდოს ყელში მკერდამდე .
მიწამ ფოთლები გამოუშვას ,
მიწამ ნაყოფი გამოიღოს –
მწიფე მარცვლები .
მერე , გეგონოს რომ მე მოვკვდი ,
მერე , გამართლდეს რომ მე მოვკვდი ,
მერე – იცინო .
მერე , წამიღონ მიწით სავსე ,
მერე , დამმარხონ შენით სავსე –
სავსე სიცივით .
დილით ავიღე კოვზით მიწა
და შაქარივით მოვიყარე გამშრალ ენაზე .
ახლა მუნჯი ვარ .
Stumm
Ich kann auch ganz verstummen.
Den Mund stauen wie eine Tote.
Die schwarze Erde auf den Löffel häufen und
sie wie Zucker auf meine vertrocknete Zunge streuen.
Jedes Schweigen ist schwarz,
schwer wie der Felsblock
und schmeckt wie der Winter.
Ich kann so lange verstummen –
dass die Erde Sprossen austreibt,
dass die Erde Wurzeln ausbildet,
die mir den Hals hinunterwachsen bis in die Brust.
Dass die Erde Blätter ausbildet,
dass die Erde Früchte austreibt –
reife Körner.
Dass du denkst ich sei gestorben,
ich dann wirklich sterbe,
du dann lachst.
Dass sie mich wegbringen voll mit Erde,
mich begraben voll mit dir –
voll mit Kälte.
Am Morgen häufte ich die Erde auf den Löffel
und streute sie wie Zucker auf meine vertrocknete Zunge.
Jetzt bin ich stumm.
Begleitet wurden die Beiden von Christoph Wundrak (bekannt durch sein Bläser-Projekt ‚Smart Metal Hornets’) und Juan Carlos Sungurlian (bekannt aus verschiedenen Jazz-Formationen und als Begleitung bei Lesungen von Barbara Frischmuth) welche mit ihren Jazzinterpretationen eine wunderbare Abrundung zu den georgischen Texten und deren deutschen Übersetzungen waren.
Ein gelungener Abend der die ZuhörerInnen in seinen Bann gezogen hat. Wir hoffen, dass Nana Kelekhidze bald wieder Graz besucht, und uns an ihren wunderbaren Gedichten teilhaben lässt.
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