"Schluss mit unbezahlten Praktika!" fordert der BWL-Absolvent Georg Erkinger

"Schluss mit prekären Beschäftigungsverhältnissen und unbezahlten Praktika!" fordert der Georg Erkinger. | Foto: prontolux
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Der Druck am Arbeitsmarkt steigt. Junge Akademiker sollen durch "Praktika" nicht mehr ausgebeutet werden.


Stellen Sie sich vor: Ihr Studium absolvieren Sie mit Auszeichnung. Sie schicken unzählige Bewerbungen, vom "Klima- und Energiefonds" der Österreichischen Bundesregierung bekommen Sie eine Antwort. Das "angemessene" Gehalt für die ausgeschriebene Praktikumsstelle mit 20 Wochenstunden beträgt 350 € brutto! Beim Telefoninterview fragt man Sie: "Wie wollen Sie sich mit 350 € das Leben in Wien leisten?"
Diesem Zynismus ausgesetzt sah sich Georg Erkinger im Jahr 2009, der als einer der Besten seines Jahrganges Betriebswirtschaft an der Uni Graz abgeschlossen hat. Er fordert nun: "Schluss mit prekären Arbeitsverhältnissen!"
Mit diesem Anliegen ist er nicht alleine: Eine Studie zur Arbeitssituation von Akademikern (ARUFA, 2011) zeigte, dass mindestens 25% nach Abschluss prekär beschäftigt sind, Tendenz steigend (siehe unten).
Auch Erkinger hantelte sich nach seinem Studienabschluss 2008 von einem befristeten Job zum anderen, er war Werkvertragnehmer an der Uni und geringfügig beschäftigt bei Jugend am Werk. Das Problem dabei: Mit diesen Anstellungsverhältnissen hatte er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für einen Anspruch muss man nämlich als über 25-Jähriger 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein.

Druck auf Arbeitnehmer steigt
"Je prekärer die persönliche Situation, desto eher nimmt man einen schlecht bezahlten Job an. Man hat keine Verhandlungsmacht", beschreibt Erkinger den wachsenden Druck auf die Arbeitnehmer. Bei vielen Praktikumsstellen wird eine Beschäftigung in Aussicht gestellt, der sprichwörtliche "Fuß in der Türe" bleibt aber oft eine Illusion: "Mit dieser Hoffnung spielt der Arbeitgeber geschickt", stellt Erkinger erbost fest, "aber eigentlich wird nach ein paar Monaten nur der nächste Praktikant geholt."
Wie soll so ein junger Mensch sein Leben planen? Man hat Fixkosten, vielleicht will man sich eine Existenz aufbauen, ein Eigenheim, Kinder. "Man kann nicht planen", ärgert sich der BWL-Absolvent. Deswegen fordert er: "Schluss mit prekären Arbeitsverhältnissen! Schluss mit unbezahlten Praktika!"

WOCHE-Wissen

Was heißt prekär? Laut GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) sind "prekäre" Dienstverhältnisse mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Diese Unsicherheit kann die Dauer, die Bezahlung und die Beschäftigungsform betreffen.
Was ist ein Praktikum? Das "Praktikum" gibt es im Arbeitsrecht nicht. Die Rechtslage kennt nur Pflichtpraktika (im Rahmen einer Ausbildung), Volontariate (freiwillig und unbezahlt, "Schnuppern") und befristete Dienstverhältnisse (z. B. Ferialpraktika).

Schreiben Sie

Ihre Meinung ist gefragt! Kennen Sie auch jemanden, der sich von einem Praktikum zum anderen durchschlägt? Schildern Sie uns Ihre Erfahrungen! Was kann man gegen diese grassierende Ausbeutung tun? Wie können wir die Arbeitgeber oder die Politik in die Pflicht nehmen? – senden Sie eine E-Mail an leserbrief@woche.at oder schreiben Sie auf unserer Facebookseite www.facebook.com/wochegraz

Nachgefragt bei

Veronika Kronberger, Plattform Generation Praktikum

Was ist das Problem bei "Praktika"? Das "Praktikum" hat keine arbeitsrechtliche Grundlage. Bei vielen Beschäftigungen, die "Praktikum" heißen, wird Lohn- und Sozialdumping betrieben.
Worauf soll ich bei Praktika achten?
Bei bezahlten Pflichtpraktika auf Ausbildungsinhalte. Bei freiwilligen Praktika auf die Anrechnung der Pensionszeiten und den Versicherungsschutz. Die GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) hat eine "Watchlist" eingeführt, hier kann man Missstände melden: www.watchlist-praktikum.at
Weitere Info:
www.facebook.com/PlattformGenerationPraktikum
www.gpa-djp.at/cms/A03/A03_1.10/berufsleben/interessengemeinschaften

"Schluss mit prekären Beschäftigungsverhältnissen und unbezahlten Praktika!" fordert der Georg Erkinger. | Foto: prontolux
Worauf es bei Praktika zu achten gilt, weiß Veronika Kronberger von der Plattform Generation Praktikum. | Foto: dewi
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