Lokalaugenschein in Lend
So leben geflüchtete Ukrainer in Graz
Über 2.300 geflüchtete Menschen aus der Ukraine befinden sich in Graz in der Grundversorgung, 144 davon sind in Lend in einem ehemaligen Studentenheim untergebracht. MeinBezirk.at hat sie nach über einem Jahr Krieg besucht.
GRAZ. Der Krieg in der Ukraine hat kein Ende in Sicht, seit fast eineinhalb Jahren suchen Menschen aus den betroffenen Regionen aus diesem Grund Schutz. Aktuell leben 5.886 Vertriebene aus der Ukraine in der Steiermark, die in der Grundversorgung durch das Land Steiermark unterstützt werden, 2.333 davon in Graz. MeinBezirk.at war in einer der Grazer Flüchtlingsunterkünfte im Bezirk Lend und hat sich mit den Betroffenen getroffen und mit ihnen gesprochen: Wie geht es ihnen? Wie sieht der Alltag aus? Welche Perspektiven sehen sie?
Glücklich, aber nicht sorglos
Lillya Lokayets ist seit August 2022 in der von Jugend am Werk betreuten Unterkunft untergebracht, die letzten zehn Monate waren auch für Sie keine einfache Zeit. Lokayets: "Anfangs war die Stimmung sehr traurig, jetzt wird es aber besser. Hier sind wir sicher und uns geht es gut." Jubelstimmung käme allerdings trotzdem keine auf, denn viele der in Graz lebenden Familien haben Angehörige und Freunde, die noch in der Ukraine leben und direkt vom Konflikt betroffen sind. Lokayets lebt mit ihrer Mutter, ihrem Sohn und ihrem Hund in einer der 30 Wohneinheiten, die aus einer gemeinsamen Küche, einem gemeinsamen Bad und getrennten Schlafzimmern bestehen.
Sprache im Fokus
Der nächste große Schritt ist für sie das Erlernen der Sprache, um auch am Arbeitsmarkt gute Chancen zu haben, dafür besucht sie den im Haus angebotenen Deutschkurs. Langfristige Pläne hat sie wie so viele andere aufgrund der ungewissen Situation nicht: "Es ist so schwer zu planen, ich weiß nicht was kommen wird. Ich hatte in der Ukraine einen guten Job, eine schöne Wohnung, einfach ein gutes Leben, das lässt man natürlich nicht gerne zurück, aber vielleicht finde ich hier auch einen guten Job und habe auch ein gutes Leben. Dann könnte ich mir durchaus vorstellen hier zu bleiben."
Früher war die Anlage, in der heute 144 Geflüchtete, davon 75 Frauen, 31 Männer und 38 Kinder, untergebracht sind, ein Studentenheim, dass vor seiner neuen Nutzung bereits einige Zeit leer stand. Ende Mai letzten Jahres zogen die ersten 48 Gäste ein, im Juli und im Oktober folgten jeweils weitere 48 Personen. Betreut werden sie von einem Team von Jugend am Werk, wobei drei der vier Betreuenden ukrainisch oder russisch als Muttersprache haben, was vor allem für Neuankömmlinge eine große Hilfe darstellt.
"Alltag schaffen"
Eine dieser Betreuerinnen ist Olena Mishchii, die bereits 2007 als Cellistin nach Graz kam. Vor knapp über einem Jahr schlug sie zumindest tagsüber einen neuen Weg ein. Im Gespräch betont sie, dass man vor allem bemüht ist den Menschen im Alltag eine Struktur zu schaffen und sinnvolle Beschäftigungen zu ermöglichen. Dazu gehören neben den Deutschkursen und Workshops auch Hilfstätigkeiten innerhalb der Kommune. "Wenn wir als Betreuerinnen zu zweit hier sind, können wir uns natürlich nicht immer um alle Anliegen gleichzeitig kümmern, dafür beziehen wir aber die Bewohnerinnen und Bewohner mit ein, dass Leute die schon länger da sind, anderen unter die Arme greifen." Dabei ginge es oft um Kleinigkeiten wie zum Beispiel dem Kauf eines Öffitickets.
Garten- und Kinderbetreuung
Vor allem für die Kinder mussten rasch Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Eine der Wohneinheiten wurde als Spielzimmer hergerichtet und auch der anliegende Volleyballplatz ist bei Schönwetter ein Treffpunkt. Mishchii erzählt weiter, dass man gerade dabei sei, hinter dem Haus einen Garten für die Bewohnerinnen und Bewohner einzurichten, wo diese in Zukunft selbst Gemüse anpflanzen könnten. Auch ein gemeinsamer Fitnessraum wird Stück für Stück mit gespendeten Geräten eingerichtet. Mishchii: "Wir haben mit nichts begonnen und versuchen uns Stück für Stück vorzuarbeiten." Spenden an sich seien immer noch ein großes Thema für die Geflüchteten. Von gespendeten Grundnahrungsmitteln, die alle zwei Wochen ausgegeben werden, über Bekleidung, Haushaltsartikel bis hin zu Möbeln werde immer noch alles gebraucht.
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