Warum Comics? Warum Mäuse? Warum der Holocaust?
Sind Holocaust und Comic vereinbar? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Ausstellung im UniGraz@Museum.
"Kein Medium kann das Leiden des Holocaust vermitteln", so Comicforscher Ralf Palandt. Ein Anspruch, den auch die Ausstellung im UniGraz@Museum nicht erhebt.
Verharmlosung?
Die Sorge, der Holocaust müsse schon alleine durch das gewählte Medium verharmlost dargestellt werden, ist unberechtigt: "Comics sind eben nicht immer nur komisch, sondern können auch Lebenserfahrungen vermitteln", meint der Gründer der ersten österreichischen Comic-Schule, Gerry Lagler. Eine Meinung, die auch Ralf Palandt teilt: "Comics sind absolut in der Lage, ernsthafte und seriöse Inhalte zu vermitteln. Einigen wird sogar von der jüdischen Gemeinde zuerkannt, das Thema auf besonders sensible und bewusstseinserweiternde Weise zu vermitteln." Selbstverständlich gebe es schwarze Schafe: "Es gibt auch Comics aus dem rechtsextremen Milieu, die den Holocaust leugnen und somit strafrechtlich zu verfolgen sind." Im Großen und Ganzen sei es jedoch den Betrachtern selbst zu überlassen, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Comics sind auch Literatur
Durch die Schmutz- und Schundkampagne der 1950er und 1960er Jahre waren Comics lange Zeit verpönt. Eine Maßnahme, deren Folgen auch heute noch spürbar sind: "Im Vorfeld gibt es gegen die Ausstellung sehr oft Ressentiments. Diese entstehen aus dem Irrglauben, Comics wären nicht in der Lage, ernsthafte Themen wie den Holocaust zu behandeln. Das Medium kann das Thema jedoch sehr wohl stemmen", so Palandt. Im Nachhinein seien die Reaktionen der Besucher durchaus positiv, wie auch viele Gästebucheinträge zeigen: "Viele fasziniert die Vielfältigkeit der Ausstellungen." Tatsächlich wird das Thema in zahllosen Genres behandelt: Autobiographien, Kriegs-, Porno- und Superheldencomics. "Comics sind alles andere als Schund", so auch Lagler, "Gott sei Dank hat sich in der Einstellung der Menschen zum Medium Comic in den vergangenen zwanzig Jahren sehr viel getan." Gelungen und somit insbesondere lesenswert seien für Palandt "Der Boxer" von Kleist und "Maus" von Spiegelman. "Ein guter Einstieg", sagt er.
Fazit
"Comics sind eine weit verbreitete Gattung, deren Bandbreite von leichter Kost bis hin zu klassischer Literatur reicht", so Lagler. Ihn fasziniert, was so viele fesselt: Die Vielseitigkeit des Mediums, aber auch die Ähnlichkeit zum Film. Wie er zu dem Medium gelangt ist? "Wie jeder andere Mensch auch: Mit Walt Disney, Fix und Foxi - und natürlich den lustigen Taschenbüchern", grinst er.
Öffnungszeiten:
Montag 10 bis 15 Uhr
Mittwoch, Freitag 10 bis 13 Uhr
Sowie nach Voranmeldung unter 0316/380-7444
Drei Fragen an
Gerry Lagler, Gründer der "1. Österreichische Comic.Schule"
Was fasziniert Sie an Comics?
"Die Vielseitigkeit. Comics sind kein Schund - sie sind eine echte Literaturform, die sich in den vergangenen zwanzig Jahren auch etabliert hat."
Besteht durch das gewählte Medium die Gefahr einer Verharmlosung des Holocaust?
"Nein. Comics sind nicht immer komisch. Sie beschäftigen sich auch mit ernsthaften Themen, vermitteln Lebenserfahrungen und dramatische Inhalte."
Haben Sie sich auch selbst schon mit dem Thema "Holocaust" im Comic beschäftigt?
"Ja, aber nur als Leser."
Outdoor-Kurs der Comic.Schule
Die erste österreichische Comic-Schule bot im Rahmen der Wanderausstellung von Ralf Palandt einen Outdoor-Kurs an der Karl-Franzens-Universität an. Am 28. Juni wurden zum Abschluss dieses Kurses Comics zum Thema "Rassismus und Antisemitismus heute" oder "Kleine Lichtblicke im Schatten des Nazi-Regimes" angefertigt. Die Arbeiten der Teilnehmer werden im "Strassengler Comic Annual ´13" im Herbst dieses Jahres veröffentlicht.
"Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Comics" von Ralf Palandt
Der im Rahmen einer 2010 abgehaltenen Tagung entstandene Sammelband umfasst 26 Autoren. Amazon.de: 36 Euro
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