Wie 1:1-Beziehungen Chancen produzieren

Mentoren- und Jugendtreffen im Grazer Stadtpark: Im Gespräch mit der WOCHE wird über das Programm Sindbad Bilanz gezogen. | Foto: Stadt Graz/Fischer
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Das Programm Sindbad vernetzt Mentoren und junge Menschen auf Lehrstellensuche. Die erste Bilanz ist positiv.

"Ich möchte Mechaniker werden. Wenn das nicht klappt, würde mich der Job des Flugbegleiters interessieren." Der 15-jährige Hussein Al-Atbee redet nicht lange um den heißen Brei herum, wenn es um seine Zukunftspläne geht. Was ihm noch fehlt, ist eine fixe Zusage für einen Ausbildungsplatz. Seit sieben Jahren ist der Jugendliche in Österreich, aber gerade für Menschen mit Migrationshintergrund gestaltet sich die Suche nach einer geeigneten Lehrstelle oft schwierig. Manchmal wissen Jugendlichen schlicht und einfach nicht, an wen sie sich bei Fragen wenden und von wem sie Tipps erhalten können. Und genau diese Lücke möchte Sindbad füllen.

Herkunft spielt keine Rolle

Dahinter verbirgt sich ein Mentoringprogramm für junge Menschen, die beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt Unterstützung brauchen. Die größte Besonderheit dabei ist das Beziehungsmanagement: Jeder Jugendliche, der sich bei Sindbad meldet, kann sich einen Mentor aussuchen, der dann rund neun Monate als Begleiter fungiert. "Wir arbeiten daran, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenswelten miteinander in Verbindung treten und gemeinsam Chancen ergreifen, unabhängig ihrer sozialen Herkunft", erklärt Carla Apschner, Standortleitung Graz, das Prinzip. 2016 wurde Sindbad in Wien ins Leben gerufen, mittlerweile gibt es fünf Standorte. In der Murmetropole wurde das Programm, das finanziell unter anderem von der Stadt und dem Land unterstützt wird, vor rund zwei Jahren ausgerollt. Die Verantwortlichen ziehen exklusiv für die WOCHE Bilanz – und die fällt mehr als nur positiv aus.

Bezugsperson und Freund

"Seit 2019 haben sich rund 80 Teams, bestehend aus einem Mentor und einem Jugendlichen, gefunden. Mehr als 80 Prozent der Paarungen schließen das Programm auch ab und 80 Prozent der jungen Menschen schaffen den Einstieg in die Lehre oder beginnen eine Ausbildung", freut sich Graz-Standortleiterin Sonja Monitzer. Diese Hoffnung hat auch der 15-jährige Iraker Al-Atbee. "Als ersten Schritt konnte er einmal ein Praktikum in einer Werkstatt machen", erzählt seine Mentorin Laura Reutler. Für diese Funktion hat sie sich bei Sindbad beworben, "weil ich aus dem pädagogischen Bereich komme und auch in meiner Freizeit etwas in diese Richtung machen wollte". Es sind aber nicht nur berufliche Aspekte, die einen Mentor mit "seinem" Jugendlichen verbinden. "Man ist oft einfach nur Bezugsperson, hilft bei Behördenwegen, beim Schreiben von Lebensläufen oder bei der Bearbeitung von Hausübungen", wirft Madeleine Hödl, die ein 15-jähriges Mädchen mit Migrationshintergrund betreut, ein. Clemens Gugl wiederum gefällt der Gedanke, jungen Menschen, die es vielleicht nicht so leicht haben, zu helfen.

Rezept und Türöffner

Sozialstadtrat Kurt Hohensinner freut sich über die tolle Sindbad-Bilanz in Graz. "Es gibt zahlreiche Faktoren, wie Bildung, Spracherwerb oder ein geregelter Job, die zu einer gelungenen Integration von Menschen beitragen. Die persönliche 1:1-Begleitung, wie sie bei Sindbad gelebt wird, ist ein Rezept für effiziente Integration. Die Mentoren sind selber jung und kennen die Lebenswelt der Jugendlichen." Dieses Konzept müsse in Zukunft noch weiter forciert werden. Auch Familienlandesrätin Juliane Bogner-Strauß outet sich als Sindbad-Fan: "Ich bin einerseits stolz, dass die Jugendlichen den Mut haben, am Projekt teilzunehmen, und andererseits auch stolz auf die große Menge an Mentoren, die sich dazu bereiterklären zu helfen. Wichtig wäre zudem auch, dass vor allem junge Mädchen einen Einblick in nicht frauenspezifische Berufe erhalten."

Infos: sindbad.co.at

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