Wie in Stein gemeißelt – Restauratorin Erika Thümmel im Gespräch
Restauratorin Erika Thümmel über den Tag des Denkmals, Rollenbilder und den nötigen Widerwillen.
Unter dem Motto "Heimat großer Töchter" begibt sich die ganze Steiermark mit dem Tag des Denkmals am 24. September auf die Spuren bedeutender Frauen und zeigt Restaurierungsprojekte historischer Bauwerke. Auch Restauratorin Erika Thümmel gibt einen Einblick in ihre Welt der Gemälde, Kunstwerke und Statuen einstiger Role Models.
Der Tag des Denkmals widmet sich den großen Töchtern der Steiermark. Sind Sie eine große Tochter?
Das müssen andere beurteilen. Aber Österreich und besonders die Steiermark hat viele große Frauen hervorgebracht. Eine davon ist zum Beispiel Maria Theresia, die erste Frau mit Regierungsbefähigung, der ich mich bei meinem Programm am 24. September widmen werde.
Welche Bedeutung hat der Tag des Denkmals für Sie?
Der Tag des Denkmals ist deshalb von so großer Wichtigkeit, da so eine Stimmung für das Erhalten geschaffen werden kann. In anderen Ländern ist Denkmalschutz etwas Positives, bei uns wird er hingegen als Entwertung gesehen. Am Tag des Denkmals werden die positiven Früchte endlich sichtbar.
Wieso ist es wichtig, hier gerade Frauen vor den Vorhang zu holen?
Ich finde, es ist auch hier wichtig, die positiven Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Natürlich darf man Themen wie die Lohnschere, Benachteiligung etc. nie außer Acht lassen – da gibt es natürlich noch viel Handlungsbedarf –, aber man sollte im Positiven schauen, was Frauen gemacht, geschafft und geschaffen haben und das auch neu bewerten.
Welche Rolle spielen Frauen bei Ihrer Arbeit?
Eine sehr zentrale und wichtige. Im Zuge des Projekts "Role Models" habe ich mich stark mit europäischer Frauengeschichte beschäftigt. Frauen wurden von den besten Künstlern ihrer Zeit in Stein gehauen oder auf Tafelbildern gemalt. Es waren widerständige, sich gegen ihre Väter, Männer und Herrscher auflehnende Frauen, die dafür verehrt wurden, aber oft mit dem Tod dafür bezahlt haben. Sie waren Vorbilder und Rollenbilder, an denen man sich orientierte.
Wo findet man diese Skulpturen und Tafelbilder?
Seit Jahren bin ich als Restauratorin unterwegs und stoße in der ganzen Steiermark auf solche Altäre, Bildwerke und Skulpturen, die solchen sich widersetzenden Frauen, wie etwa Elisabeth von Thüringen, Santa Klara oder Katharina aus Alexandrien, gewidmet wurden. Sehr interessant: Die Werke stammen vor allem aus den Epochen zwischen Christi Geburt und dem ausgehenden Mittelalter.
Wie wichtig waren und sind solche "Role Models"?
Ich glaube, es ist sehr wichtig, solche Vorbilder zu haben und sich auch an vergangene zu erinnern. Die Vergangenheit bietet uns einen so großen Erfahrungsschatz, den wir auch nutzen und wertschätzen sollten. Das gilt auch für Kunst oder Mobiliar. Man sollte lernen, "azyklisch" zu denken und zum Beispiel heute unmoderne oder nicht für wertvoll gehaltene Stücke wertzuschätzen.
Wer ist oder war für Sie persönlich ein Vorbild?
Dagmar Grage, eine Freundin und ehemalige Grazer Stadträtin. Sie war eine tolle, inspirierende und eigenwillige Frau, die ihren Weg gegangen ist. Aufgefallen ist mir das erst richtig, als sie schon von uns gegangen war.
Sind Sie auch selber manchmal eigenwillig?
Ja. Ich glaube, es ist sogar wichtig, hin und wieder eigenwillig und widerspenstig zu sein.
Sie restaurieren Kunstwerke, veranstalten Ausstellungen – schaffen Sie auch selber Kunst?
In meiner Jugend noch häufiger, nun seltener und nur aus eigenem Antrieb. Freiheit und Selbstbestimmtheit sind für mich ungemein wichtig in der Kunst.
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