"Fridays for Future"-Serie
"Wir wollen auf eine lebenswerte Zukunft blicken können"

"Fridays for Future": Verständnis für das Anliegen, aber eine andere Herangehensweise als die „Klebe-Aktivisten“. | Foto: Vienna Future Report
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  • "Fridays for Future": Verständnis für das Anliegen, aber eine andere Herangehensweise als die „Klebe-Aktivisten“.
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Die Klimakrise ins Bewusstsein der Menschen rücken, die dramatischen Auswirkungen anschaulich machen: Das wollen die Aktivistinnen und Aktivisten von "Fridays for Future" erreichen. MeinBezirk.at gibt ihnen die Plattform für regelmäßige Gastkommentare. Heute geht es um die aktuellen "Kleber"-Vorfälle.

STEIERMARK. Auf Autobahnen festgeklebte Klimaaktivistinnen und -aktivisten, Angriffe auf Gemälde in Museen (oder eher auf die Glasscheiben davor), Radfahrerinnen und Radfahrer, die auf der Startbahn eines Flughafens in Amsterdam Privatjets am Starten hindern - Aktionen wie diese sind derzeit in den Medien sehr präsent. Nicht zuletzt sorgten auch in Graz Aktivisten von der "letzten Generation“ am Opernring für Aufsehen. Wie stehen wir als "Fridays for Future" Graz dazu? Haben wir Verständnis für diese Protestformen? Mit diesen Fragen werden wir aktuell oft konfrontiert und wollen uns daher in diesem Gastkommentar damit beschäftigen.

Nicht alle in einen Topf werfen, bitte!

Um vorab eines klarzustellen: Wir teilen die Forderungen von der "letzten Generation“ und anderen Gruppierungen, die hinter diesen radikalen Aktionen stehen. Es ist die Dringlichkeit zu handeln, um die schlimmsten Folgen der Klimakatastrophe noch aufhalten zu können, auf die sie mit ihrem Protesten hinweisen. Diese Dringlichkeit ist ein wissenschaftlicher Fakt. Trotzdem wollen wir uns insofern von radikalen Protestformen distanzieren, als dies nicht unsere Art des Protests ist und wir finden es wichtig, hier zu differenzieren. Es ist nicht die gesamte Klimabewegung "plötzlich radikal geworden" - die meisten haben ihre Vorgehensweise nicht wirklich verändert, daher sollten nicht alle in einen Topf geschmissen werden.

Wir von "Fridays for Future" Graz leben unseren Aktivismus durch Überzeugungsarbeit, angemeldete Demonstrationen und Podiumsdiskussionen. Mit diesen Werten wurde diese Bewegung ins Leben gerufen und basierend auf diesen Werten werden wir auch weiterhin agieren. Wir möchten nach wie vor für möglichst viele Menschen zugänglich und ansprechend sein - das zeigen auch die vielen for-Future-Allianzen, von Parents bis Religions und Scientists for Future.

Die Proteste von "Fridays for Future" werden weiterhin nur legale Mittel verwenden. | Foto: Christina Hauser
  • Die Proteste von "Fridays for Future" werden weiterhin nur legale Mittel verwenden.
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"Wir verurteilen Gewalt gegen Menschen"

Klar verurteilen möchten wir Aktionsformen, die Gewalt gegen Menschen anwenden oder Menschenleben in Gefahr bringen. Bei jedem Protest muss Sicherheit an erster Stelle stehen. Es ist aber wichtig zu betonen, dass ein extremistischer, gewaltvoller Aktionismus aktuell keineswegs gegeben ist. Laut Expertinnen und Experten besteht keine Gefahr, dass die Gruppierungen zu gewaltvollen Protesten übergehen könnten. Sozialphilosoph Robin Celikates sagt dazu: "Die Schreckgespenste eines neuen Ökoterrorismus [...] sind in der momentanen Situation völlig überzogene Diskreditierungsversuche, mit denen grundsätzlich legitimer – wenn auch im Einzelfall natürlich nicht immer gerechtfertigter – Protest kriminalisiert werden soll".

Wut, Verzweiflung, Ohnmacht

In dem Zusammenhang finden wir es wichtig zu überlegen, warum radikaler Protest zunimmt. Wir sehen Frust, Verzweiflung und den Versuch, etwas gegen die eigene Ohnmacht zu tun, als Gründe an. Diese Gefühle sind uns auch sehr vertraut. Seit vielen Jahrzehnten hat die Wissenschaft schon die negativen Folgen der Treibhausgasemissionen für das Weltklima aufgezeigt. Seither gab es unzählige Versuche, der Politik die Dringlichkeit der Thematik klarzumachen, und sie zum Handeln zu bringen. Klimabewegungen wurden belächelt oder ignoriert.

Die Ignoranz von Entscheidungsträgern und -trägerinnen hat bereits jetzt schwerwiegende Schäden und dramatische Zukunftsaussichten nach sich gezogen. Langsam wird es auch für die österreichische Wirtschaft brenzlig. Riesige Schadenssummen, verursacht durch den Klimawandel, können nicht mehr ignoriert werden. Laut einer vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studie werden die jährlichen Klimaschäden bis 2050 österreichweit bis zu 8,8 Milliarden Euro betragen. Umso unverständlicher ist es, warum es in der Politik immer noch Kräfte gibt, die Klimaschutz blockieren, wie es etwa die Volkspartei tut.

Fridays for Future wollen mit friedlichen Protesten aufrütteln. | Foto: Selina Schaffenrath
  • Fridays for Future wollen mit friedlichen Protesten aufrütteln.
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Wir möchten auf eine lebenswerte Zukunft blicken können

Österreich kommt im Gegensatz zu den meisten Länder des globalen Südens noch deutlich besser davon. Menschenleben in Österreich sind nicht so stark gefährdet wie jene, die schon jetzt mit anhaltender Dürre, existenzgefährdenden Ernteausfällen, fehlendem Trinkwasser und Hitzewellen zu kämpfen haben. Aktuell leben wir in Österreich und anderen Industriestaaten also auf Kosten anderer. Doch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird sich auch hier die Situation verschärfen. Auch hier wird die Klimakrise Leben kosten - wie viele es sein werden, darüber entscheidet unser Handeln (oder Nicht-Handeln) heute. Es ist schwierig an ein positives Zukunftsbild und den leeren Versprechen der Politik zu glauben. Wir sind jung und möchten uns auf eine lebenswerte Zukunft freuen können. Es gibt bereits Lösungen und viele Ideen für eine klimagerechte Zukunft, der überwiegende Großteil der Bevölkerung wünscht sich laut Umfragen mehr Klimaschutzmaßnahmen. Trotzdem wird die mutige Umsetzung der Maßnahmen von Tag zu Tag, Monat zu Monat und von Krise zu Krise von der Politik hinausgezögert.

Unsere Generation findet für diese Prokrastination kein Verständnis mehr. Das Vertrauen in die Politik seitens der Jugend schwindet stark und einige Gruppierungen greifen deshalb zu radikalen Mitteln. Ob das schneller zum Ziel oder doch nur zu bremsenden polarisierenden Effekten innerhalb der Gesellschaft führt, ist noch unklar und wird man erst im Nachhinein beurteilen können. Was jedoch klar ist, ist der dringende Handlungsbedarf in Sachen Klimapolitik!

Worüber man sich wirklich aufregen sollte

Wir finden es wichtig, sich weniger mit der Art des Protests, als mit dem eigentlichen Thema zu beschäftigen: der sehr realen, drohenden Klimakatastrophe, die uns alle betrifft! Die Dinge sollten in einem gesunden Verhältnis betrachtetet werden: Dass wir immer noch kein Klimaschutzgesetz haben und der "Klimaschutzsprecher" Johannes Schmuckenschlager der ÖVP offen sagt, er habe damit auch gar kein Problem - das sollte richtig wütend machen! Wütender als Farbe auf der Glasscheibe vor einem Gemälde.

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