Not in der Kinderbetreuung
Betreuungsengpass zwingt Mütter "an den Herd"
Der Personalnotstand in der elementaren Kinderbildung hat einen Höhepunkt erreicht: In Graz müssen acht Kindergartengruppen beziehungsweise Krippen schließen und zahlreiche weitere ihre Öffnungszeiten einschränken. Für viele Mütter bedeutet das, dass sie ihrer Berufstätigkeit nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nachgehen können.
GRAZ. Für viele Eltern – insbesondere Mütter – bedeutet der akute Betreuungsnotstand, dass sie ihrer Berufstätigkeit mangels Kinderbetreuung nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nachgehen können. "Im Regelfall sind es Frauen, die uns besorgt kontaktieren, weil sie nicht wissen, wie sie im Herbst arbeiten sollen", so Bernadette Pöcheim von der Abteilung für Frauen und Gleichstellung der Arbeiterkammer (AK) Steiermark.
So seien immer mehr Frauen gezwungen, eine Karenzierung zu beantragen oder sogar die Berufstätigkeit aufzugeben, um ihre Kinder betreuen zu können. Die AK berichtet, viele würden zum Beispiel eine Bildungskarenz für eine Fortbildung beantragen, die sie von Zuhause aus absolvieren könnten. Ähnlich sei es mit dem Thema Homeoffice, wo zwar ein verstärktes Verständnis der Arbeitgeber da sei, "das kann aber nicht die Lösung sein – man kann nicht gleichzeitig Kinder betreuen und arbeiten, das ist eine Illusion", bekräftigt Pöcheim.
Betreuung in Frauenhand
"Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war für Frauen schon in der Vergangenheit schwer und hat sich jetzt zusätzlich verschärft", weiß Cordula Schlamadinger von der Kinderdrehscheibe Steiermark, wo derzeit äußerst viele Anfragen eingehen. "Heute wäre mein erster Arbeitstag gewesen", berichtet eine betroffene Mutter, die anonym bleiben möchte. Zwar ist die Gruppe ihres Kindes nicht von einer Schließung betroffen, der Grazerin wurde der Krippenplatz aber kurzfristig gekündigt und so ist die Hochbautechnikerin gezwungen, vorerst zuhause bei ihrem Kind zu bleiben.
Als Grund für die Kündigung wurde angegeben, ihr Zweijähriger wäre zu schwierig in der Eingewöhnung. Edith Abawe vom Frauenservice Graz geht davon aus, dass dies ebenfalls eine Folgewirkung des Personalnotstandes sei – die Situation der besagten Frau sei kein Einzelfall. "Wir haben seit etwa drei Wochen unglaublich viele Anfragen von verzweifelten Müttern", erzählt Abawe. Dass es vorrangig Frauen sind, die den Betreuungsnotstand nun ausbaden müssten, beurteilt sie als alarmierenden Rückschritt:
"Kinderbetreuung sollte kein reines Frauenthema sein – es ist ein gesellschaftspolitisches Problem, das alle gleichermaßen betrifft." Die finanzielle Abhängigkeit, in die Frauen nun gedrängt würden, sei dabei aus Sicht des Frauenservice besonders problematisch. Wie es nun für die besagte Mutter weitergehen soll, ist noch unklar – Hoffnung auf einen alternativen Betreuungsplatz hat die Grazerin kaum: "Wenn ich keinen Job habe, bekomme ich keinen Kinderbetreuungsplatz und umgekehrt", schildert sie ihre Misere, mit der sie in Graz wohl nicht alleine ist.
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