Migrationsanteil an Grazer Schulen
Ein wenig Abkühlung für ein heißes Eisen

Bei der Diskussion über den teils hohen Migrationsanteil in Grazer Volksschulen sollten nicht "Äpfel mit Birnen" verglichen werden. | Foto: Unsplash
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Volksschulen mit bis zu 100 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund bieten auch dieses Schuljahr Nährboden für Diskussionen. Warum man sich die Zahlen unbedingt detaillierter ansehen sollte und warum die Verteilung der Schülerinnen und Schüler nicht ganz so einfach ist – ein Faktencheck.

GRAZ. Alle Jahre wieder kommt zu Schulbeginn die Diskussion um den teils hohen "Ausländeranteil" in verschiedenen Grazer Volksschulen auf. Schulen mit bis zu 100 Prozent Kindern nichtdeutscher Muttersprache sorgen dabei für Aufsehen, zuweilen wird von "Ärger über Ausländerschulen" gesprochen.

Unweigerlich bedeutet es für das Lehrpersonal eine besondere Herausforderung, Klassen zu unterrichten, in denen ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler dem Unterricht mangels Sprachkenntnissen nicht folgen kann. Was bei der Diskussion aber häufig vernachlässigt wird ist die Tatsache, dass "nichtdeutscher Muttersprache" nicht bedeutet, dass die Kinder kein Deutsch sprechen. "Viele sprechen perfekt Deutsch, haben aber eben eine andere Muttersprache, teilweise sind sie zweisprachig“, klärt man im Büro des Bildungsstadtrates Kurt Hohensinner auf.

Die Einstufung in "a.o." erfolgt durch den "Mika-D Test". | Foto: Unsplash
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"Ziffernsturz"

Dass es in Graz also Volksschulen gibt, in denen beinahe gänzlich kein Deutsch gesprochen wird, muss also klar als Mythos abgetan werden. Viel aussagekräftiger ist der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit sogenanntem "außerordentlichen (a.o.) Status": "Die Einstufung in 'a.o.' erfolgt durch den sogenannten 'Mika-D Test'. "Dabei werden die Deutschkenntnisse der Schülerinnen und Schüler festgestellt. Sind diese mangelhaft oder unzureichend, sodass das Kind dem Unterricht nicht folgen kann, erfolgt eine Einstufung als a.o. Schüler", erklärt man seitens der Bildungsdirektion.

Festzuhalten ist, dass dieser Wert in den Grazer Volksschulen viel niedriger ist: Im aktuellen Schuljahr haben von den 8.743 Kindern in den städtischen Volksschulen insgesamt 55 Prozent nicht Deutsch als Muttersprache, aber nur 15 Prozent davon sprechen nicht oder nur schlecht Deutsch, haben also den Status "außerordentliche Schüler". Selbst in jenen Schulen, die mit ihrem Migrationsanteil besonders hervorstechen, nimmt die Unterscheidung der Werte etwas "Pulver aus dem Fass": 99 Prozent Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache stehen in der VS St. Andrä zum Beispiel 34 Prozent Kindern mit a.o.-Status entgegen; in der VS Karl Morre sind es 165 von 179 Kindern, die eine andere Muttersprache haben, davon jedoch nur 44 mit a.o.-Status.

Dass es in Graz Volksschulen gibt, in denen beinahe gänzlich kein Deutsch gesprochen wird, muss klar als Mythos abgetan werden.  | Foto: Gabriele Paar/Privatschulen der Erzdiözese Wien
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Eltern für Verteilung verantwortlich

Natürlich könnte man nun meinen, dass auch über 40 Prozent nicht-deutsch-sprechender Kinder, wie es beispielsweise in der VS Bertha von Suttner oder der VS Gabelsberger der Fall ist, viel ist – insbesondere wenn man weiß, dass es auch Grazer Volksschulen gibt, an denen der Anteil von a.o.-Schülerinnen und -Schüler gegen Null geht (VS St. Veit; VS Mariatrost; VS St. Peter). Die Aufteilung der Kinder ist politisch allerdings nicht ganz einfach – die Zuteilung sei aus logistischen Gründen stark von örtlichen Gegebenheiten abhängig: "Wir können Kinder nicht quer durch die Stadt in die Schule fahren lassen", bekräftigt man im Büro des Bildungsstadtrates.

Die Eltern könnten jedenfalls bei der Anmeldung drei der 38 Grazer Volksschulen aussuchen, von denen nur eine Wohnort-nahe und die anderen beiden frei wählbar sind. Rund 91 Prozent würden hier die erste Wahl bekommen. "Die Verteilung funktioniert über die Eltern – wir können nicht für die Kinder entscheiden, damit tun wir ihnen nichts Gutes." Will man eine gleichmäßigere Verteilung der Kinder mit Migrationshintergrund, so müsste also erst beim Wohnort angesetzt worden. Aus dem Büro des Bildungsstadtrates meint man diesbezüglich, es müsse grundsätzlich großräumiger gedacht werden – nicht innerhalb der Stadt solle verteilt werden, sondern über das ganze Land, um den Druck von den Ballungsräumen zu nehmen.

Schulen heißen willkommen

Konträr zur stets aufrechten "rechtes Murufer, linkes Murufer"-Diskussion befindet sich die Volksschule mit dem höchsten Anteil an "a.o."-Schülerinnen und -Schülern übrigens mitten im bürgerlichen St. Leonhard: Beinahe die Hälfte der Kinder an der VS St. Leonhard links der Mur spricht kein oder nur kaum Deutsch, denn die 2019 neu eröffnete Volksschule diente im Sinne einer "Willkommensschule" im Frühjahr diesen Jahres als Erstanlaufstelle für ukrainische Kinder und Jugendliche.

Um diesem "Faktencheck" zu einem durchaus sensiblen Thema keinen Anlass zur hitzigen Diskussion, sondern einen positiven Ausblick nachzulagern, noch ein erfreuliches Faktum: der Anteil von Kindern, die kein oder kaum Deutsch sprechen nimmt im Laufe eines Schuljahres dank Förderangeboten und des Einsatzes der Pädagoginnen und Pädagogen stets ab: "Man kann davon ausgehen, dass 400 Kinder im Zuge des Schuljahres den a.o. Status wieder verlieren", heißt es aus dem Büro Hohensinner.

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