Neue Grazer Bürgermeisterin
Elke Kahr über das neue Amt, ihre Kraft und den "Lebensmenschen"
Rund 60 Tage ist Elke Kahr jetzt als neue Grazer Bürgermeisterin im Amt. Im Gespräch mit MeinBezirk.at zieht sie eine erste Bilanz.
GRAZ. Wer die Amtsräume des Grazer Bürgermeisters unter Siegfried Nagl kannte, leidet unter leichten "Orientierungsproblemen", wenn er jetzt die Büros von Elke Kahr betritt. Noch wirkt alles ein wenig improvisiert, ein bisschen unaufgeräumt.
Um so aufgeräumter ist die neue "Chefin", die zwischen einem anderen Medientermin und einer Angelobung zum Gespräch mit MeinBezirk.at kommt. Stress? "Nein, nein, das geht sich alles gut aus, ich habe Zeit." Also dann: Wie fällt sie aus, die erste Bilanz nach rund zwei Monaten im Amt? "Du musst in dieser Funktion sehr schnell ins Tun kommen. Mein Vorteil ist, dass ich schon etwas älter bin, dass mir schon sehr bewusst ist, welche Verantwortung ich hier habe", stellt sie klar. Es sei jetzt einmal wichtig gewesen, die Abläufe zu organisieren, die Kommunikation mit den Ämtern ins Laufen zu bringen, gut informiert zu sein. "Neu ist, dass ich jetzt immer die Koalition mitdenken muss", legt sie Wert auf gute Zusammenarbeit mit Grünen und SPÖ.
Der Schwerpunkte der Arbeit seien derzeit stark durch Anliegen von außen bestimmt, die Auftritte vielfältig. "Ich war diese Woche beim Verein der Opernfreunde genau so wie bei einem Schlupfhaus-Projekt." Dort habe sie gleich ein Ansuchen auf eine Gemeindewohnung miterledigt, Nähe zur Bevölkerung ist dabei ein Begriff, der immer wieder fällt. Die Aufgabe sei natürlich eine andere geworden. Die Spannbreite sei schon sehr groß, sie reiche von Obdachlosen bis zu den oben zitierten Opernfreunden.
Elke Kahr: 80 Sozialtermine am Samstag
Soziale Notfälle werden ihr aber wohl immer näher bleiben, für die Verteilung der KPÖ-Gelder muss jetzt halt das Wochenende herhalten: Am Samstag hat Kahr im 10-Minuten-Takt rund 80 Menschen empfangen, die um Unterstützung angesucht haben. "Die Leute sind froh, dass ich trotzdem da bin, viele haben nicht geglaubt, dass dies weiter möglich sein wird." Der Terminkalender ist bis obenhin voll, woher nimmt sie die Kraft? Bei dieser Frage wird Kahr kurz nachdenklich.
"Ich habe das Glück, so großartige Kollegen zu haben. Obwohl: Derzeit ist zu wenig Zeit für Gespräche, das fehlt mir schon. Auch für die Partei kann ich derzeit nicht genug da sein." Privat versucht sie sich zumindest den Sonntag freizuhalten. "Der ist mir heilig, der gehört der Familie." Pause. Nachsatz: "Und der liebe Franz, eine Seele von einem Menschen. Ohne einen solchen Mann ginge das nicht, wir sind seit 38 Jahren zusammen", schwärmt sie von Lebensgefährten Franz Stephan Parteder, dem "Mastermind" der KPÖ in Graz.
Elke Kahr, die "Vertrauensfrau"
Was macht sie als Politikerin aus? "Ich denke, ich habe die Fähigkeit, Menschen Vertrauen zu geben und kann ihnen damit auch Halt geben." Dieser Vertrauensaufbau sei auch wesentlicher Faktor für den Wahlerfolg in Graz gewesen. "Das war nicht ein Erfolg der KPÖ, ich sehe das breiter: Wir haben den Menschen wieder Vertrauen in die Politik und damit auch Hoffnung gegeben." Und: "Toleranz und Freundlichkeit ist wichtig, das braucht es gerade jetzt wie einen Bissen Brot."
Als ihre Aufgabe sehe sie es, Sozialleistungen zu sichern und Arbeit zu schaffen. Sie will auch bei den Gewerbe- und Wirtschaftstreibenden genau hinschauen. "Die haben es schwer genug, das ist Selbstausbeutung, was da teilweise betrieben wird." Auf die Hausbesitzer will sie zugehen: "Man muss bei den Mieten nicht immer alles ausreizen, das würde den Unternehmern helfen." Und was fehlt ihr persönlich? Ein leiser Stoßseufzer: "Zeit, um einmal in Ruhe nachdenken zu können."
Wie alles begann:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.