Kindergarten als Risikogeschäft
Private Träger fordern mehr Sicherheit
Graz braucht mehr Kinderbetreuung, private Träger sind auch durchaus zum Ausbau bereit, wollen im Gegenzug aber Sicherstellungen der Stadt. In der Stadtpolitik fehlt es noch am notwendigen Schulterschluss.
GRAZ. Jährlich grüßt in Graz die Debatte um Kinderbetreuungsplätze, vor allem bei Krippen und Kindergärten zeigt sich ein bekanntes Muster: ein Engpass. Besteht über Jahre mehr Bedarf als Angebot, möchte man glauben, dass Kindergärten in der Stadt fast aus dem Boden sprießen müssten, dem ist aber nicht so, ganz im Gegenteil. Als größten Grund dafür sieht Genoveva Kocher-Schruf, Leiterin Betreuung – Pflege – Kids der Volkshilfe, den Ablauf beim Bau neuer Kindergärten: "Derzeit ist es so, dass Träger mit dem Bau beginnen müssen oder den Bau in Auftrag geben müssen, lange bevor es von der Stadt Graz eine Zusage gibt, dass die Einrichtung in das sogenannte Tarifmodell aufgenommen wird." Dieses sichere den Betreibern finanzielle Zuschüsse der Stadt, um den laufenden Betrieb finanzieren zu können. Doch es sei auch schon mehrmals vorgekommen, dass diese Aufnahme nach Fertigstellung eines Bauprojekts dann nicht erfolgt ist.
"Das kann sich ein gemeinnütziger Betreiber nicht leisten.", Genoveva Kocher-Schruf
Ausbau bestehender Standorte
Ohne diesen Zuschuss sei die Führung eines Kindergartens schlichtweg nicht möglich, erklärt Tatjana Prattes, Leiterin für Finanzen und Rechnungswesen bei Wiki. Momentan betreibt man 107 Kinderbetreuungsgruppen in der Stadt, der Wille aufzustocken sei durchaus gegeben, aber: "Die Träger brauchen Sicherheit, um zu investieren." Vor allem bei Neubauprojekten sieht Prattes viel Potenzial, ohne eine Zusage der Stadt vorab sei es momentan aber einfach zu riskant. Stattdessen versuche man nun bei bestehenden Standorten weitere Gruppen unterzubringen.
Ein weiterer Punkt, der in Graz besonders greift, sind die laufenden Kosten. Während im Großteil der Steiermark nach "Echtkosten" abgerechnet wird, bekommen die Grazer Betreiber nach dem "Normkostenmodell" für jede Gruppe gleich viel. Gehälter, je nach Dienstjahre, sowie Raumgröße und Miete würden sich aber teils stark unterscheiden, was eine kostendeckende Führung in Graz kaum bis nicht möglich mache, heißt es von der KIB3, dem gemeinnützigen Träger der katholischen Kirche, der aktuell 27 Gruppen in Graz betreibt. Dort spricht man sich für Zuschüsse und Förderungen für Gebäude- oder Gartensanierungen aus, da diese vielerorts notwendig seien, aufgrund der finanziellen Zwangslage aber hinten angestellt werden. Außerdem wünscht man sich einheitliche Rahmenbedingungen für alle steirischen Träger und fordert "mittel- bis langfristige Konzepte".
Steiermarkweiter Plan
Eine Forderung, die auch Maria Gleichweit-Buchberger von den Kinderfreunden teilt. Diese führen seit 2015 zwei Kindergartengruppen in Graz, bis jetzt noch in keinem Jahr kostendeckend. "Das städtische Tarifmodell hat sich ausgelebt", meint Gleichweit-Buchberger. Der für sie wichtigste Schritt sei ein landesweiter Bedarfsentwicklungsplan, in dem, ähnlich wie in der Pflege, geschaut wird, wie viele Kinder in fünf Jahren wahrscheinlich zu betreuen sind, wie sich Zuzug und Abwanderung entwickeln und wo es neue Infrastruktur braucht.
Keine Änderung in Sicht
Aus dem Büro von Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) heißt es zum Tarifmodell: "Es ist ein unglaublich bewährter Weg, ein transparenter Weg, der auch die Gleichberechtigung der Träger sicherstellt." Die Aufnahme neuer Gruppen hänge an den Finanzen und an Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ). Generell könne diese aber immer erst nach der jährlichen Budgetverhandlung und nicht Jahre im Voraus stattfinden. Im Büro des Finanzstadtrats spielt man den Ball wieder zurück, man warte noch auf das "Gesamtkonzept" von Hohensinner, dann werde man schauen, die finanziellen Mittel schnell bereitzustellen.
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