Wirtschaftsbund fordert
"Vor Neuwahlen muss es einen Gesetzesstopp geben"
Die ersten 100 Tage hat er ohne gröbere Schrammen überstanden: Seit 1. März werkt der Steirer Kurt Egger als Generalsekretär des Wirtschaftsbundes (WB) in Wien.
ÖSTERREICH. Den Schritt in die Bundeshauptstadt hat er nicht bereut: "Es ist intensiv, aber noch spannender als ich es mir vorgestellt habe", schmunzelt er. Immerhin ist er ja mitten in die heißeste Phase der Bundespolitik "geköpfelt", gerade die letzten Tage waren außergewöhnlich, bei Egger sorgen sie für Kopfschütteln.
Gesetzesstopp vor Neuwahlen
"Mit dem Casino-Parlamentarismus der letzten Sitzungen wurden Tatsachen geschaffen, die Kosten verursachen und Jahre brauchen werden, um sie abzuarbeiten." Deshalb formuliert der WB-General auch gleich die erste Forderung an die am 29. September zu wählende Regierung: "Sie muss sofort festlegen, dass künftig ab dem Moment, zu dem Neuwahlen fixiert werden, keine kostenwirksamen Gesetze mehr beschlossen werden dürfen."
Aus Sicht der Wirtschaft seien die Entwicklungen bedenklich. Mit guter Konjunkturlage habe man 2018 einen Budgetüberschuss erreicht, jetzt würde man das alles über Bord werfen. Er hoffe stark, dass nicht in Sondersitzungen oder in der letzten Nationalratssitzung am 24. September noch weitere "Kosten-Bomben" gezündet werden.
Keine Freude mit "Papa-Monat" und Co.
Kritik übt Egger vor allem an den Beschlüssen zum "Papamonat" und den neuen Anrechnungszeiten in der Karenz. "Das schmerzt die Unternehmer, vor allem die Klein- und Mittelbetriebe. Und alles, was diese belastet hemmt Investitionen und damit Entwicklung." Wie hält es der WB also mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie? "Das hat einen hohen Stellenwert und wird im Zusammenspiel zwischen Mitarbeitern und Unternehmern in vielen Fällen gelebt. Ich wehre mich nur – so wie beim Beispiel Papamonat – gegen den Rechtsanspruch." Denn Egger ist überzeugt, dass die "kleine Sozialpartnerschaft in den Betrieben ausgezeichnet funktioniere.
"Zuverdienstgrenze streichen"
Der Arbeitsmarkt, im speziellen der Fachkräftemangel ist natürlich auch im Wirtschaftsbund allgegenwärtiges Thema. "Wir haben in Österreich 360.000 Arbeitslose und immer noch unzählige offene Stellen, mindestens 100.000 von diesen 360.000 müssen wir mobilisieren", fordert Egger. Und will, um den Anreiz zu verstärken, die Zuverdienstgrenze für Arbeitslose streichen. "Denn mit der Mindestsicherung und einem kleinen Nebenjob kommt man auf 1.200 Euro netto, dafür müssen andere bis zu 40 Stunden arbeiten", ärgert er sich. Nachsatz: "Es kann doch nicht der der Blöde sein, der jeden Tag in der Früh aufsteht und arbeiten geht. Arbeit muss sich lohnen."
Auch über die Bundeslandgrenzen hinweg müsse man denken: "Zum Beispiel in der Gastronomie. In Wien gibt es jene Arbeitskräfte, die uns in Tirol und Salzburg fehlen."
Genug Gehör für den Wirtschaftsbund?
Bleibt die letzte Frage: Ist der Wirtschaftsbund in der Bundespolitik stark genug vertreten, fühlt man sich in der ÖVP ausreichend gehört? "Selbstverständlich. Präsident Harald Mahrer ist eng mit Sebastian Kurz abgestimmt, wir besetzen im Parlament mit Karlheinz Kopf, Peter Haubner, Andreas Ottenschläger, Josef Lettenbichler und Michaela Steinacker wichtige Sprecherfunktionen." Zusätzlich sei man der wesentliche Verhandler bei der Fusion der Sozialversicherungen. Sozialpartnerschaft funktioniert also? "Sagen wir so: Sie hat Luft nach oben ..."
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