Reisebericht
Land der Gegensätze – auf den Spuren von Jesus durch Israel

- Der Felsendom, darunter die Klagemauer – ein bekanntes Bild von Jerusalem.
- Foto: R. Reischl
- hochgeladen von Roland Reischl
Ankunft Israel, Freitag nachmittag, Tel Aviv: Ohrenbetäubende Beats am Strand, ausgelassenes Partyvolk, es wird gefeiert, dass sich die Balken biegen. Szenenwechsel: Samstag morgen, Jerusalem, am Sabbat: Streng gläubige orthodoxe Juden eilen, das traditionelle Gebetstuch Tallit um die Schultern, eilen zur Synagoge, alle Geschäfte haben geschlossen, die Bankomaten im jüdischen Viertel spucken nicht einmal einen Schekel aus. So wie nichts funktioniert, was „mit Strom bewegt wird“. Bedeutet auch: Kein Kaffee zum Frühstück, kein Spiegelei im Hotel. Und ein eigener Sabbat-Aufzug – der bereits am Freitag eingeschaltet wurde, nonstop fährt und in jedem Stockwerk stehen bleibt.
Vom Sabbat bis zur Regenbogenparade
Unter diesen Voraussetzungen macht sich eine steirische Delegation auf Erkundungstour, unsere Reiseführerin Schewy, Israelitin und Jüdin aus Überzeugung, bringt es auf den Punkt: „In Tel Aviv wird gefeiert, in Haifa gearbeitet und in Jerusalem gebetet.“
Während in Tel Aviv 200.000 Menschen die Regenbogen-Parade feiern, lebt man in Jerusalem nach strengsten Glaubensregeln. Und in Haifa – wo zur Lösung der Verkehrsproblematik übrigens Doppelmayr eine Stadtseilbahn baut – geben sich längst Google, Yahoo und Co. die Türklinke in die Hand. „We agree to disagree“, beschreibt der österreichische Wirtschaftsdelegierte Günter Schabhüttl den kleinsten gemeinsamen Nenner. Nation der Gegensätze, klingt nach Phrase, trifft es aber punktgenau. Und: Ein Spiegelbild der Welt und ihrer Religionen, komprimiert auf wenigen Quadratkilometern, in einem Land, das gerade einmal eine Spur größer ist als die Steiermark, in dem aber 9 Millionen Menschen leben. Umgeben von Ländern, die nicht gerade als idealtypische Nachbarn durchgehen: Syrien, Jordanien, Ägypten und Libanon.
Geheimtipp: Schwester Bernadette hält die österreichische Fahne hoch
Aber zurück nach Jerusalem: Nach einem kurzen Abstecher zum Ort des „letzten Abendmahls“ und einem Spaziergang durchs armenische Viertel beginnen wir unsere Tour am wohl markantesten Ort der jüdischen Metropole: Fast einträchtig existieren Felsendom (nach Mekka und Medina die drittwichtigste Moschee des Islams) und die jüdische Klagemauer Seite an Seite. Besonders die Gebete der tausenden Juden in traditioneller Tracht (streng getrennt von den Frauen) an der „Westmauer“, sind beeindruckend und in ihrer Intensität auch ein wenig beängstigend. Der Tourist steht und staunt, mehr ist auch nicht möglich, weil Fotografieren am Sabbat strengstens verboten ist. Für die zahlreichen Japaner vor Ort quasi die Höchststrafe ...
Wer eine Verschnaufpause in heimischen Gefilden sucht, dem kann geholfen werden: Mitten im Zentrum Jerusalems steht das österreichische Hospiz, Schwester Bernnadette, Kreuzschwester aus Oberösterreich, führt dort ein liebevolles Regiment. 120 Betten warten auf müde Pilger, im idyllischen Gärtchen gibt es nicht nur Meinl-Kaffee mit Apfelstrudel, sondern auch feines steirisches Gösser-Bier. „Hausherr“ ist eigentlich Kardinal Schönborn, die israelische Polizei muss um Erlaubnis bitten, will sie die rot-weiß-rote Enklave betreten.
Auf den Spuren Jesu
Direkt vor der Tür des Hospizes betritt man die „Via Dolarosa“, den Kreuzweg. Ein ebensolcher wird es auch für die Steirer-Delegation: Menschenmassen schieben sich Richtung Golgotha, für die wenigen Meter am Weg zur Grabeskirche sollte man durchaus eine gute halbe Stunde bis Stunde einplanen. Die Grabeskirche selbst entschädigt allerdings für vieles. Ob man nun gläubig ist oder nicht: Es ist ein ganz besonderer Ort, kraftvoll, berührend, schön. Selbst unzählige drängelnde Menschen werden zur Nebensache, können den besonderen Augenblick nicht stören.
Wo alles begann
Dem Trubel entkommen, führt uns die Reise sozusagen rückwärts, nächste Station: Bethlehem. Zusätzliche Spannung ist garantiert, geht es doch über die „Grenze“ ins Westjordan-Land. Israelis ist die Einreise wegen Gefahr für Leib und Leben verboten, Reiseführer und Busfahrer haben eine Sondergenehmigung. Das Leben im Ausnahmegebiet wirkt ebenso ruhig und beschaulich wie auf der anderen Seite der Grenze, einzig die Präsenz jordanischer Polizei weist auf die Besonderheit des Gebietes hin. Die Geburtsgrotte (und nicht der Stall) von Bethlehem ist logischerweise rund um Ostern etwas schwächer besucht als die Grabeskirche, nach rund 30 Minuten Wartezeit steht man dort, wo den Überlieferungen nach Jesus auf die Welt gekommen ist. Mehr muss man nicht wissen, ein weiterer schöner Augenblick, Bilder, die man für alle noch kommenden Weihnachtsfeste mit nach Hause nimmt.
Zum Schluss nach Nazareth
Das letzte Stück der Reise führt uns noch einen Schritt zurück: In der Verkündigungskirche in Nazareth, wo Maria von ihrer „Mission“ erfahren hat, erwartet uns ein Gottesdienst mit vielen fröhlichen Menschen, trotz vieler Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten gelingt auch hier (halbwegs) friedliche Koexistenz der Religionen, Christen, Muslime, Juden und andere Religionen leben Seite an Seite, Mischehen sind zwar nicht an der Tagesordnung, aber sie sind möglich und sie werden auch geschlossen.
Das Finale der zweitägigen Israel-Tour bilden ein Besuch am See Genezareth (unbedingt den Petrusfisch probieren) und der Ort der Bergpredigt in Tabgha in Nordisrael. Bleibt demnach als Schlusssatz nur: Selig sind jene, denen eine solche Reise möglich gemacht wird, denn sie werden zwar müde, aber voller großartiger Eindrücke heimkehren.
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