Der Mensch ist die wichtigste Zutat: Traditionsbäcker Andreas Strohmayer im Gespräch

Das traditionelle Mittagessen in der „Herzl“ am Mehlplatz in herrlicher Altstadt-Atmosphäre ließen sich Andreas Strohmayer von der gleichnamigen Traditionsbäckerei und WOCHE-Redakteur Robert Bösiger schmecken. | Foto: prontolux
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Die Wagner-Breze gehört einfach zu Graz, fast so wie der Schloßberg und der Uhrturm. Denn wer hat nicht schon einmal Halt gemacht an der Hauptbrücke oder am „Moser-Eck“, um sich mit einem köstlichen Brezerl, je nach Gusto heller oder dunkler, salziger oder milder, zu stärken? Wer hat nicht schon einmal im Stadion bei einem Sturmkick, (oder einst beim GAK) zu seinem kühlen Blonden ein Brezerl gejausnet?
Produziert werden die Wagner-Brezen am Karlauer Platz, wo die Familie Strohmayer seit 1733 die gleichnamige Bäckerei betreibt. Wir haben uns mit dem Geschäftsführer Andreas Strohmayer zum Business Lunch in der Herzl Weinstube getroffen, um uns über das perfekte Brot, das harte Bäckerei-Geschäft und über die Ehre und die Bürde zu unterhalten, in ein Familienunternehmen hineingeboren zu werden.

WOCHE: Herr Strohmayer, verraten Sie uns das Geheimnis der Wagner-Breze?

Strohmayer: Das ist ein altes, überliefertes Familienrezept, das von Mischer zu Mischer übergeben wird. Viele wollten die Breze schon kopieren, das ist aber noch niemanden gelungen. Das Geheimnis liegt aber an den Menschen in unserer altehrwürdigen Backstube am Karlauer Platz, wo ein Klima herrscht, in dem die Brezen einfach gelingen.

Das Rezept liegt im Safe?
Das Rezept ist nicht alles. Bei einer Eierspeise ist das Rezept auch nicht besonders schwierig, aber eine gute Eierspeise ist eine Kunst, sie schmeckt bei jeder Hausfrau unterschiedlich. Bei der Breze ist es auch eine Aufgabe, dass wir sie jedes Mal so hinbekommen.

Wie muss das perfekte Brot sein?

Brot muss ansehnlich sein. Eine schöne Form, hell, resch, eine gerade Schnittfläche, eine elastische Krumme. Und es muss gut schmecken, nach natürlichen Aromen. Ohne Geschmacksverstärker oder künstliche Zusatzstoffe.

Jede Tankstelle, jeder Supermarkt verkauft Gebäck. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie heute als Traditionsbetrieb, der auf Handarbeit setzt?
Wir produzieren keine Massenprodukte, wir produzieren in unsere Backstube wie eine Hausfrau ihre Mehlspeisen, nur mit maschineller Hilfe.
Ein gewisser Anteil der Kunden kauft sehr bewusst ein. Aber das Angebot der kleinen gewerblichen Betriebe sinkt, die Marktpräsenz ist sehr gering. Nach dem Krieg gab es ca. 200 Bäcker, heute vielleicht 20. Die Vertriebswege sind andere, dafür sperren immer mehr Supermärkte auf.

Ihre Bäckerei besteht seit 1733, als erstgeborener Sohn haben Sie den Familienbetrieb übernommen. Eine Ehre oder eine Bürde?
Meine Eltern haben durch Leistung, Geschick und Tüchtigkeit uns Kindern ein Leben ermög-licht, wie es als Nicht-Selbstständige kaum möglich gewesen wäre. So gesehen empfinde ich es als große Ehre und als großes Glück.
Ich bin meinen Vorfahren dankbar, dass sie durch die schrecklichen Zeiten gekommen sind. Was glauben Sie, was meine Großmutter durch die Kriege mitgemacht hat? Das Bäckerleben war immer schon schwierig, seit dieser Zeit betreiben die Bäcker eigentlich einen Rückzugskampf.

Lohnt sich der Kampf?
Die Ideologie, dass man selbstständig ist, die Situation, sein eigener Herr zu sein, ist durch nichts aufzuwiegen. Zurück in eine weisungsorientierte Hierarchie ist schwierig. (lacht)

Zur Person

Andreas Strohmayer wurde am 14.9.1954 in Graz geboren.
Ist verheiratet, eine Tochter Ausbildung: Handelsakademie und Bäckerlehre
Geschäftsführer seit 1986, hat den Familienbetrieb von seinem Vater übernommen.
Schätzt an seinem Beruf die Selbstständigkeit, die Kreativität und die Tradition.
Legt als Chef Wert darauf, dass seine Mitarbeiter nicht „nur angestellt“ sind, sondern sich in einer „Gefolgschaft“ mit der Firma identifizieren und gerne arbeiten.
Lebt für seinen Betrieb, „drei Monate Seychellen sind nicht möglich.“
Pendelt nach Wolfsberg, wo er bei seiner Familie zur Ruhe kommt.

Zur Firma

Die Bäckerei Strohmayer gibt es seit 1733 am Karlauer Platz.
Vor dem 1. Weltkrieg kam der Standort in der Sackstraße dazu.
Die „Wagner-Breze“ ist nach ihrem „Erfinder“ Gottfried Wagner benannt. Im Krieg brannte die Bäckerei seines Sohnes ab, woraufhin die Brezen beim befreundeten Andreas Strohmayer (Großvater des heutigen CEO) produziert wurden.
Das breite Sortiment wird an Supermarktketten und an Gasthäuser geliefert.
45 Mitarbeiter

* Hier lesen Sie weitere Interviews in unserer Serie "Business-Lunch".

Das traditionelle Mittagessen in der „Herzl“ am Mehlplatz in herrlicher Altstadt-Atmosphäre ließen sich Andreas Strohmayer von der gleichnamigen Traditionsbäckerei und WOCHE-Redakteur Robert Bösiger schmecken. | Foto: prontolux
In fünfter Generation leitet Andreas Strohmayer seit 1986 das Familienunternehmen. | Foto: prontolux
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