Linse der Öffentlichkeit – Graz persönlich mit Gerald Hartwig

Hartwig produziert seine Kunstwerke gerne in entspannter Kaffehaus-Atmosphäre. | Foto: prontolux
  • Hartwig produziert seine Kunstwerke gerne in entspannter Kaffehaus-Atmosphäre.
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  • hochgeladen von Verena Schaupp

Warum sind eigentlich keine Kameras erlaubt?“ Als wir Gerald Hartwig im „Ducks Coffee Shop“ treffen, ist es der Fotograf, dem diese erste Frage sichtlich auf der Zunge brennt. Hartwig – der sich mit 19 für ein Filmstudium nach L.A. aufmachte und nach 16 Jahren Auslandsaufenthalt seit zweieinhalb Jahren wieder hier in seiner Heimatstadt wohnt und wirkt – ist Gerichtszeichner beim aktuellen Jihadistenprozess am Grazer Straflandesgericht.

Wie im Film
Während 1.500 Meter Luftlinie vom „Ducks Coffee Shop“ entfernt Kameras momentan Hausverbot haben, gilt dies nicht für Stift und Zeichenblock, die in Gerald Hartwigs Händen ruhen. Der Künstler ist sich der Verantwortung bewusst: „Ich bin quasi als Linse der Öffentlichkeit dort im Gericht.“ Dann beantwortet er unsere erste Frage. „Kameras sind wegen der Verletzung von Persönlichlichkeitsrechten verboten. Fotos haben Realitätsanspruch, eine Zeichnung nicht. Da spielt etwas Suggestives mit, weil man beim Zeichnen Details bewusst weglassen kann.“ Zwar sei die Arbeit als Gerichtszeichner auch nur ein Job – und davon hatte Hartwig viele Verschiedene (vom Ausstatten an Filmsets, Drehbuch schreiben bis hin zum Verfassen seiner Comic-Romane) – dennoch beschäftige ihn das Verfahren, wenn er abends im Bett liegt. „Du kommst dir manchmal so vor, als ob du in einen Film eingestiegen bist.“

Cobra, dein Freund und Helfer
Es gab aber auch schon lustige Begegnungen im Gerichtssaal. „Einmal saß ein Cobra-Typ neben mir, ganz vermummt, hat nur genickt, ich gezeichnet. Auf einmal beugt er sich zu mir und meint ‚Ein bissl weniger Bart bei dem, oder?‘ Der war total interessiert an meiner Arbeit“, schmunzelt Hartwig. Den gebürtigen Grazer selbst fasziniert an seiner Tätigkeit vor allem eines: das Erzählen von Geschichten. „Ich war schon als Kind so ein ‚Gs’chichtldrucker‘ und habe gerne selbst welche gehört.“ Die Tradition des fantasievollen Gute-Nacht-Geschichten-Erzählens, die sein Vater bei ihm begonnen hat, führt er nun bei den eigenen Kindern fort und ergänzt stolz: „Die zeichnen auch ganz fleißig.“

Die richtige Perspektive
Hartwig lebt mit seiner Familie seit Kurzem wieder in Graz. „Ich schätze die hohe Lebensqualität hier, finde es aber wichtig, selbst mal wo Ausländer gewesen zu sein. Ich war das lange und habe mich immer überall willkommen gefühlt. Das ändert deine Sicht auf vieles.“ Beobachten, Wichtiges herausfiltern, eine Perspektive einnehmen und etwas erzählen – das will Hartwig mit seinen Zeichnungen. Möglicherweise noch einmal vor Gericht. Für heute jedenfalls kann er im Café entspannen, Leute beobachten, und wer weiß, vielleicht spinnt sich in seinen Gedanken bereits die nächste Geschichte zusammen ...

Steckbrief
Geboren am 10. 11. 1973 in Graz.
Hat in Los Angeles Film studiert und zehn Jahre in der Stadt gelebt.
Ist verheiratet, hat zwei Kinder.
Wohnt seit zweieinhalb Jahren wieder in Graz, davor fünf Jahre in Berlin.
Chamäleon ist sein autobiografisches Buch (ein „Graphic Novel“).
Caveman ist der neue „Graphic Novel“, der demnächst erscheint. Die Story stammt von der Linzerin Madhu Einsiedler, Hartwig steuert die Zeichnungen bei.
edition Brudertwist ist eine Kooperation mit seinem Bruder. Dieser schreibt die Geschichten, Hartwig illustriert sie.
Im Web

WOCHE-Wordrap
Wenn ich 85 Jahre alt bin, öchte ich ...
... sofern ich gesund bin, immer noch Geschichten erzählen.
Zeichnen bedeutet für mich ...
... Erlebtes erleben.
Das Verrückteste, was ich je getan habe ...
... das kommt noch.
Auf einen Kaffee würde ich am liebsten gehen mit ...
... mir selbst (lacht).
Gäbe es Zeitreisen, würde ich ...
... ins Paris der 30er-Jahre reisen. Das ist der Ursprung meiner Liebe zur Geschichte. So Typen wie Henry Miller, die dort im Café sitzen, das hätte ich gerne gesehen.
Wenn ich den Papst treffen würde, dann ...
... würde ich sagen: „Hola, qué tal?“ und wieder gehen.

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