Kinder brauchen auch beim Essen klare Regeln
Unser Familienflüsterer erläutert, wie man mit Essgewohnheiten des eigenen Kindes umgeht und worauf es ankommt.
„Mein Kind ist beim Essen so heikel“, diesen Satz hört man von vielen Eltern, wenn sie ihre Sorgen bezüglich der Essgewohnheiten ihrer Kinder äußern. Ein Großteil der Elternschaft teilt diese Bedenken. Eines vorweg: Übermäßiges Sorgen ist fehl am Platz.
Regelmäßig und ausreichend
Es ist normal, dass Eltern die Gesundheit und Entwicklung ihrer Kinder gefährdet sehen, wenn diese beim Essen aus der Reihe tanzen. Oft können Kinder abstruse Essgewohnheiten entwickeln. Wochenlang nur Spaghetti mit etwas Sauce, kein Obst und kein Gemüse sind nur einige Beispiele. Das Wichtigste ist aber, dass Kinder regelmäßig und ausreichend Nahrung zu sich nehmen. Als Elternteil darf man da und dort nachhelfen, um den Kindern richtige Essgewohnheiten beizubringen. Aber alle Studien, die zum Essverhalten von Säuglingen, Kleinkindern und Kindern bis zur Pubertät durchgeführt wurden, zeigen, dass Kinder mit selbstregulatorischer Fähigkeit ausgestattet sind – sie haben die Energie und die Fähigkeit, zu dem zu kommen, was sie brauchen. Es ist daher noch nie vorgekommen, dass ein gesundes Kind verhungert ist.
Tipps für Eltern
Die Herausforderung liegt dabei bei den Eltern selbst: In Überfürsorge muten sie es ihren Kindern nicht zu, selbst ihre Gewohnheiten zu entwickeln. Zugleich lassen sie beim Essen alles zu und züchten so „kleine Tyrannen“ heran, die bestimmen, wann, was und wo gegessen wird. Durch die eigene Unsicherheit machen Eltern viel mit und haben Schwierigkeiten, auch beim Essen die notwendigen Spielregeln aufzustellen. Etablieren Sie diese als „Wir Eltern“ gemeinsam und souverän. Hier einige Tipps, wie Sie mit den „heiklen Essgewohnheiten“ Ihres Kindes besser umgehen:
1. Selbstreflexion. Gehen Sie zurück in Ihre eigene Vergangenheit und entwickeln Sie basierend darauf ein ermutigendes Bild für die Zukunft, wie Sie mit Essen umgehen werden. Holen Sie sich dafür auch Unterstützung. Wie war es bei Ihnen und wie haben Sie es geschafft?
2. Fixpunkte. Führen Sie immer fixe Essenszeiten und Rhythmen ein. Achten Sie tunlichst darauf, dass es zwischen diesen Zeiten nichts zu essen gibt.
3. NO GOs sind andauerndes Knabbern und Essen nur vor dem Fernseher oder auf Extraplätzen.
4. Mut, abzubrechen. Haben Sie Mut, das Essen zu beenden, wenn es fortlaufend zu Szenen bei Tisch kommt. Vermeiden Sie den Machtkampf.
5. Kinder einbinden. Beteiligen Sie Ihr Kind so früh wie möglich an dem, was es zu essen gibt. Nehmen Sie es mit zum Einkauf. Übergeben Sie ihm Verantwortung, auch etwas selbst zuzubereiten.
6. Seien Sie fantasievoll. Geben Sie zubereiteten Dingen Namen. Kinder mögen dies besonders.
7. Auf das Essen fokussieren. Essen Sie nie nebenbei. Machen Sie die Nahrungsaufnahme zu einem besonderen Ereignis, bei dem man genießt.
8. Mahlzeiten zelebrieren. Wir Menschen sind Kulturwesen, also gehören eine nette Aufmachung und Zeit dazu – denn Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern ein genussvoller Vorgang, auf den sich alle freuen.
Dr. Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, sowie Lebens- und Sozialberater.
Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das größte Familientherapiezentrum der Steiermark.
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