Graz stellt sich dem Prozess gegen Alen R.
Die WOCHE befasst sich mit den wichtigsten Punkten und Fragen im Prozess gegen Alen R.
Der 20. Juni 2015 hat Graz erschüttert. Ein damals 26-jähriger Täter raste mit seinem Auto durch die Stadt, tötete dabei drei Menschen und verletzte über 100 weitere. Gestern startete der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter Alen R. am Landesgericht für Strafsachen in Graz. Die WOCHE informiert über das Verfahren, das Graz bewegt.
Geschworene entscheiden
Da auf Basis der Sachverständigengutachten von Zurechnungsunfähigkeit des Täters auszugehen ist, beantragte die Staatsanwaltschaft die Einweisung des Täters in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Die acht Geschworenen entscheiden im Prozess zunächst über Schuld oder Unschuld des Angeklagten. Erst wenn diese Frage geklärt ist, wird den Geschworenen die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit gestellt. „Geschworene können zum Schluss kommen, dass der Angeklagte zurechnungsfähig war. Sie müssen alles, was sich ihnen im Verfahren bietet, ihrer Entscheidungsfindung zugrunde legen“, erklärt die für Presse zuständige Richterin des Landesgerichts für Strafsachen Barbara Schwarz. Gutachten, Zeugenaussagen und allfällige Aussagen der behandelnden Ärzte werden herangezogen.
Mögliche Szenarien
Kommen die Geschworenen zum Schluss, dass der Angeklagte schuldig und zurechnungsfähig ist, wird er in einer Justizanstalt untergebracht. Erachten sie den Angeklagten für schuldig und zurechnungsfähig, aber mit der Notwendigkeit einer psychischen Betreuung, kommt er in eine Sonderabteilung einer Justizanstalt. Das dritte mögliche Szenario ist, dass die Schuld, aber auch die Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten festgestellt wird. In diesem Fall würde er in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht werden. Daher muss einerseits die Frage der Schuld bzw. Unschuld und andererseits die der Zurechnungsfähigkeit bzw. -unfähigkeit beantwortet werden. Erst danach wird gemeinsam mit den Berufsrichtern über die Strafe bzw. Einweisung entschieden.
Verhandlungsfähigkeit
„Die Verhandlungsfähigkeit ist anders zu prüfen als die Zurechnungsfähigkeit“, erklärt Richterin Schwarz. „Dabei geht es darum, ob der Angeklagte jetzt in der Lage ist, einem Gerichtsverfahren zu folgen.“ Der bestellte Gutachter stellte die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten fest, die auch von einem zweiten Sachverständigen in einer freiwilligen Stellungnahme bekräftigt wurde.
NACHGEFRAGT BEI...
Richterin Barbara Schwarz vom Straflandesgericht Graz
Wie kann man sich eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher vorstellen?
In gewisser Weise ist es wie ein Krankenhaus, aber die Anstalt kann auch schlimmer als ein Gefängnis sein. Zum Teil darf man sich nicht frei bewegen und steht unter ständiger medikamentöser und persönlicher Betreuung.
Wie streng sind die Regeln?
Es gibt strikte Reglementierungen und einzelne Trakte, die abgeschlossen sind. Manche dürfen auch ihr Zimmer nicht verlassen, weil sie von den Ärzten als zu gefährlich eingestuft werden.
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