Abschottung Tirols
Heimische Politik und Wirtschaft reagieren großteils mit wenig Verständnis

Es sind bereits 75 Fälle der Südafrika-Variante in Tirol bekannt, vorwiegend im Bezirk Schwaz. Durch das erhöhte Ansteckungsrisiko der neuen Mutation steht das Land vor einer zusätzlichen Herausforderung. | Foto: Pexels/Polina Tankilevitch
  • Es sind bereits 75 Fälle der Südafrika-Variante in Tirol bekannt, vorwiegend im Bezirk Schwaz. Durch das erhöhte Ansteckungsrisiko der neuen Mutation steht das Land vor einer zusätzlichen Herausforderung.
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TIROL. Da sich die Mutation aus Südafrika immer weiter in Tirol ausbreitet, fordern mehrere Virologinnen und Virologen eine Abschottung von Tirol zum Rest Österreichs. VertreterInnen der Tiroler Politik und Wirtschaft zeigen sich nicht gerade erfreut über die aktuelle Debatte.

WK-Tirol schließt sich LH Platter an

„Tirols Wirtschaft steht hinter den Ansagen des Landeshauptmannes, der einen konstruktiven und sachlich begründbaren Ansatz verfolgt und sich nicht der Hysterie anschließt“, reagiert der Tiroler Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser auf aktuell 75 bekannte Ansteckungen mit der südafrikanischen Mutation in Tirol. Er ergänzt: „Die Daten geben keine rigorosen Schritte, wie jüngst in der Diskussion aufgetaucht, her. Im Gegenteil: Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Schaden überbordender Maßnahmen wäre gerade jetzt fatal." Walser fordert, einen vorsichtigen, professionellen, aber zugleich angemessenen Weg zu gehen.

Dornauer appelliert an Landesregierung

Für den Parteiobmann der Tiroler SPÖ Georg Dornauer ist klar: „Es muss alles getan werden, um einen längeren Lockdown oder gar eine neuerliche, überstürzte Isolation Tirols zu verhindern. Die schwarz-grüne Landesregierung steht in der Pflicht 1) die Testkapazitäten im Land massiv zu erhöhen, 2) das Contact Tracing im Land massiv auszuweiten, 3) das Sequenzieren endlich zu forcieren und ihre offenkundigen Versäumnisse in diesen drei Bereichen umgehend zu beheben.“ Dornauer erinnert Landeshauptmann Platter in diesem Zusammenhang auch daran, dass die von Platter ausgerufene „Selbstisolation“ Tirols im Frühjahr 2020 verfassungswidrig war.

„Die ständigen Hiobsbotschaften aus Tirol sind leider kein Zufall und Schaden der Reputation des Landes in Österreich und dem Ausland weiterhin massiv. Das liegt auch daran, dass ÖVP und Grüne aus der Causa Ischgl offenkundig nicht genug gelernt haben, und noch immer auf dieselben Köpfe im Krisenmanagement setzen“, so Dornauer und ergänzt: „Ganz Österreich fragt sich etwa angesichts der jüngsten massiven Vorwürfe durch Virologin Dorothee von Laer einmal mehr, wieso ein Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg nach wie vor im Amt ist.“ Laut ihm falle auch eine „lange gänzlich fehlende und bis heute mangelhafte Tiroler Impfstrategie" in der aktuellen Situation ins Gewicht.

Er forderte vor dem gestrigen Treffen der Klubobleute mit LH Platter eine lückenlose Aufklärung und transparente Informationen: „Wie kam die Mutation während eines Lockdowns ins Land und welche Rolle haben dabei Reisende und Skigebiete gespielt? Was wurde nach Bekanntwerden der ersten Fälle und vor dem gestrigen Alarm durch Expertin Dr. Dorothee von Laer zur Eindämmung unternommen? Und welche neuerlichen und zusätzlichen Beschränkungen stehen der Tiroler Bevölkerung nun ins Haus?“, erläutert Dornauer die klare Linie des SPÖ Landtagsklubs. Zudem spricht er sich einmal mehr für eine umgehende Schwerpunktsetzung im Contact Tracing und den Ausbau der Testkapazitäten aus. „In ganz Tirol, vor allem aber in den Ballungsräumen, entstehen jeden Tag aufs neue lange Schlangen vor den Teststraßen - das ist ein erhebliches Risiko. Hier müssen wir endlich die Kapazitäten bedarfsorientiert aufstocken und mit den Wohnzimmertests in den Gänge kommen. Nur so können wir regelmäßig, verlässlich und flächendeckend testen.“

Wirtschaftsbund zeigt wenig Verständnis

Eine klare Absage erteilen heute Tiroler Wirtschaftsvertreter – unter ihnen Wirtschaftsbundobmann NR Franz Hörl, Clemens Happ (Innungsmeister der Tiroler Friseure) und Astrid Westerthaler (Tiroler Innungsmeisterin der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure) – der aktuellen Forderung nach einer Isolation Tirols. „Sechs aktuell positiv auf die beiden Virusmutationen getestete Personen können und dürfen nicht dazu führen, ein ganzes Land auszuknocken“, stellt Wirtschaftsbundobmann Hörl klar.

Jedoch sind bereits 75 Fälle der Südafrika-Variante derzeit in Tirol bekannt, vorwiegend im Bezirk Schwaz. Durch das erhöhte Ansteckungsrisiko der neuen Mutation steht das Land vor einer zusätzlichen Herausforderung.

Unsicherheiten vor geplanten Lockerungen

Branchen, die kurz vor der Öffnung stehen, reagieren besorgt auf die aktuelle Diskussion. „Die bereits definierten ersten Öffnungsschritte sind wichtig und auch gesundheitlich vertretbar. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns in einer veränderten Situation gegenüber dem vergangenen Frühjahr befinden und sehr viel mehr an Know-How, Bewusstsein und auch Automatismen in unserem täglichen Handeln verfügen. In Kombination mit den neu hinzukommenden Möglichkeiten des Testens und Impfens, muss eine Öffnung nun jetzt wie geplant erfolgen“, so Astrid Westerthaler, Tiroler Innungsmeisterin der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure, die auf die besonderen Auflagen für ihre Branche – Stichwort negatives Testergebnis – hinweist.

FPÖ kritisiert Bundesregierung

„Die Bundesregierung tut gut daran, die Finger von Tirol weg zu lassen. Eine Quarantäne Tirols kommt für uns Freiheitliche nicht in Frage, da Tirol derzeit im Kampf gegen die Pandemie besser dasteht, als andere Bundesländer, wir haben eine Inzidenz von unter 100. Die schwarz-grüne Bundesregierung soll auf sich eher selber schauen, wenn es gerade massive Engpässe beim Impfstoff gibt. Dies ist ein Versagen der EU, von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem grünen Regierungspartner. Ziel muss es sein alte und vulnerable Personen noch besser zu schützen, es darf aber nicht das Ziel sein das Land wirtschaftlich, sozial und gesellschaftlich zu ruinieren", so der Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger.

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