Deponie-Streit
Für die Schwoicher Bürgerinitiative wird's bald blutig

Armin Hofreiter, Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Schwoicher Deponie, mit dem Polit-Podium im Hintergrund.
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Im Protest gegen die im Schwoicher Steinbruch geplante Baurestmassendeponie kündigt die Bürgerinitiative neue Maßnahmen an: Sie bietet mit einer Ärztin Blutabnahmen und Laboruntersuchungen für Schwoicher an, um regelmäßig mögliche Schwermetallbelastungen zu untersuchen. Der von "Rohrdorfer" in den Raum gestellte Verzicht auf Asbest-haltige Abfälle genügt den Aktivisten nicht.

SCHWOICH (nos). Blei, Arsen, Chrom, Quecksilber, Cadmium, Barium und Mangan – was sich in Hochofenschlacke, Gießereischutt und Glasschleifschlamm an Schwermetallen verbirgt, treibt der Schwoicher Bürgerinitiative gleichzeitig den Angstschweiß und die Zornesröte ins Gesicht.
Am Donnerstagabend, den 29. August luden die Aktivisten in Schwoich zum Informationsabend und zur Podiumsdiskussion mit Nationalratswahlkandidaten und Abgeordneten zum Neuwirt. Rund drei Stunden lang wurde informiert und diskutiert.

Voller Saal beim Neuwirt

Bürgerinitiativen-Sprecher Armin Hofreiter zeigte sich, wie auch die geladenen Politiker, stark beeindruckt von der Zahl der Interessierten und ließ die vergangenen Wochen Revue passieren. Rund 200 Schwoicher ließen sich von ihm auf den letzten Stand der Verhandlungen zwischen "Rohrdorfer"-Gruppe, Gemeinde und Bürgerinitiative rund um die geplante Baurestmassendeponie bringen, nachdem "Rohrdorfer"-GF Mike Edelmann in der Vorwoche für die Schwoicher überraschend einen Verzicht auf Asbest-haltige Abfälle medienwirksam verlautbarte – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten. "Wir sind nur Statisten in diesem Schauspiel", stellte Hofreiter mit Blick auf zuvor gescheiterte Verhandlung und den überraschenden Schwenk Edelmanns am folgenden Tag fest. Zweifel hegt die Bürgerinitiative auch an der Laufzeit der Deponie. "Sie sagen, nach 20 Jahren ist Schluss. Aber wer weiß, vielleicht folgt dann eine Phase zwei, eine Phase drei, vielleicht geht sich auch noch eine Phase vier aus...", so Hofreiter.

Hofreiter gab einen Überblick über den Stand der Dinge sowie den bisherigen Verlauf der Proteste und Verhandlungen.
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Schwoicher sollen wegen Schwermetallen bluten

Der Verzicht auf Asbest allein ist den Schwoichern aber zu wenig, denn zahlreiche zur Ablagerung angedachte Stoffe haben es im wahrsten Sinne des Wortes in sich: Dr. Albert Zawadil ist als direkter Anrainer der geplanten Deponie in der Bürgerinitiative aktiv und gab den Schwoichern einen ungustiösen Vorgeschmack auf die Risiken und Nebenwirkungen einer möglichen Schwermetallbelastung. Potenziell Krebs erregende und anderweitig krank machende Stoffe befürchten sie nun trotzdem "schlucken" zu müssen. Oft sei es schwierig bis unmöglich im Nachhinein einen direkten Zusammenhang zwischen Erkrankungen und nahen Deponieflächen nachzuweisen, wie Dr. Zawadil ausführte.
Um dies eventuell zu ermöglichen, haben die Schwoicher nun einen ungewöhnlichen Plan ausgeheckt: Ärztin Dr. Sunhild Hofreiter-Schütte machte das Angebot von Massen-Blutabnahmen und Laboruntersuchungen, die bald starten sollen. Damit wolle man Basis-Werte erheben und künftig jährlich neue Laboruntersuchungen durchführen, um zu überprüfen, ob sich die Schwermetall-Konzentrationen im Blut der Schwoicher bei Betrieb der Deponie verändern.

"Wenn wir bei einer Reihe von Leuten ähnliche Anstiege von Werten nachweisen können, ist das schon ein sehr gewichtiger Hinweis"

Dr. Sunhild Hofreiter-Schütte

Bei Gruppen von je 30 Schwoichern könne bei einem befreundeten Labor ein Rabatt für die Kosten der Untersuchungen schlagend werden, 40 Euro koste dies dann pro Person. Die Ärztin hofft auf zahlreiche Teilnehmer, manche ließen sich bereits an diesem Abend dafür vormerken.

Drei Beispiele aus über 60 Abfallarten, die "Rohrdorfer" in Schwoich deponieren will.
  • Drei Beispiele aus über 60 Abfallarten, die "Rohrdorfer" in Schwoich deponieren will.
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Bislang sei, wie Aktivistin Birgit Feldkircher erklärte, noch kein neuer oder abgeänderter Antrag des Unternehmens beim Land Tirol eingegangen. Wenn "Rohrdorfer" die Deponiegenehmigung komplett neu beantrage, müsse ein neues Verfahren begonnen werden und die Schwoicher nochmals um Parteistellung ansuchen. Dann wird es auch wieder einen Vor-Ort-Termin der Behörde geben.

Podium sagte einstimmig Unterstützung zu

Nach der Informations-Serie, bei der Armin Hofreiter und Christian Feldkircher die bisherigen Aktionen Revue passieren ließen und auch veranschaulichten, welche Auflagen der Bezirkshauptmannschaft ihrer Ansicht nach im Steinbruch aktuell nicht eingehalten würden, bekamen die Schwoicher auch das Protestlied und Video der "Old Flegl" zu hören und zu sehen. Im Anschluss startete eine Podiumsdiskussion mit Iris Kahn (Bezirkssprecherin Grüne), NAbg Carmen Schimanek (FPÖ), Daniel Veselinovic – in Vertretung des im Urlaub befindlichen NAbg Christian Kovacevic – (SPÖ/Junge Generation), LA Markus Sint (Liste Fritz) und Michael Riedhart (VP) unter der Moderation von Martin Heis.
Rege diskutierten die Schwoicher und ihre Gäste über Chancen und Möglichkeiten der Politik, um die Deponiepläne zu stoppen. Fritz Kraner, Bezirksrichter im Ruhestand, erkennt in den Plänen und Machenschaften eine "politisch gewünschte Deponie" und sieht "das Abfallwirtschaftsgesetz gebogen". Einhellig war die Meinung der Zuhörer als auch der Politiker auf dem Podium, dass die geltenden Gesetze und Verordnungen jedenfalls auch durch die zuständigen Behörden kontrolliert werden müssen. Dies geschehe nach Ansicht der Schwoicher kaum bis nicht. Sie haben den Eindruck, Land und BH würden sich "auf das Wort des Unternehmens verlassen", dass alles in Ordnung und gesetzeskonform sei im Steinbruch.
Einhellig erklärten alle anwesenden Wahlkandidaten und Abgeordneten ihre vollste Unterstützung für die Anliegen der Bürgerinitiativen in Schwoich und auch Kufstein.

Moderator Martin Heis, Iris Kahn, Carmen Schimanek, Daniel Veselinovic, Markus Sint und Michael Riedhart (v.re) am Podium.
  • Moderator Martin Heis, Iris Kahn, Carmen Schimanek, Daniel Veselinovic, Markus Sint und Michael Riedhart (v.re) am Podium.
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Lange kam der in Kritik geratene Schwoicher Bürgermeister Josef Dillersberger in der Diskussion ungeschoren davon, bis Hofreiter in die Offensive ging, Veselinovic für seine Schoicher SPÖ-Genossen feststellte der Bgm untergrabe seine eigenen Beschlüsse im Gemeinderat und der Bürgerinitiativensprecher schließlich meinte: "Sepp, du hast der Baurestmassendeponie in jeder medialen Äußerung das Wort geredet." Die Reaktion des Bürgermeisters wurde von den Zuhörern mit spärlichstem Applaus und viel Argwohn quittiert.

Schwoichs Bürgermeister Josef Dillersberger musste sich viel und harsche Kritik gefallen lassen.
  • Schwoichs Bürgermeister Josef Dillersberger musste sich viel und harsche Kritik gefallen lassen.
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Neben der Exekution geltender Gesetze durch die Verwaltung fordert die Bürgerinitiative unter anderem auch ein Wiederaufstellen der um die Jahrtausendwende abgebauten Luftmessstation am Eiberg. Zudem riefen die Schwoicher das Ziel aus, die Deponie maximal als "Inertdeponie" zum Betrieb zulassen zu wollen. Nur dann sei ausgeschlossen, dass höchst gesundheitsschädliche Stoffe in Boden, Trinkwasser und Luft gelangen könnten. 

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