Heidemarie Ithaler-Muster zum Fasching
So geheimnisvoll wie der Ozean

- hochgeladen von Waltraud Fischer
"Arielle" Heidemarie Ithaler-Muster möchte mit ihren Faschingstexten Menschen zum Lachen bringen.
Die Zeichentrickfigur "Arielle", die Meerjungfrau hat mit einem Kuss den Prinzen erobern können, den sie geliebt hat. Wassernixen, obwohl es nur Märchenfiguren sind, haben für mich etwas ganz mystisches an sich. Am Faschingsdienstag ließ ich mich von meiner Stylistin als zweite Maske des heurigen Fasching, als Arielle schminken. In der Farbe des tiefen Ozeans, stahlblau, leistete der Pinsel, geführt von Connys Hand, seine künstlerische Aufgabe. Mein Gesicht nahm Konturen an und verwandelte sich. Wellen, Muscheln, Sterne, gemalt auf sanfter weicher Haut, damit ich authentisch wirkte. Ich trug ein Top in gleicher Farbe der Schminke und meine Visagistin nähte mir am Ausschnitt meines Hemdchen echte Muscheln und Seesterne an. Diese hatte ich schon lange von meinen Reisen gesammelt, aufbewahrt als Dekor in meinem Zimmer in den Regalen. Wenn man sie an die Nase und an die Ohren hielt, konnte man das Rauschen des Meeres hören und das salzige Wasser, das einen Geschmack wie Fisch hat, riechen.
Ein Seepferdchen am rechten Oberarm, ein Seepferdchen am linken Oberarm, auf den Knien, den Beinen blaue Wasserwellen und die Maske war fertig. Als unser Oberarzt zur Tür herein kam, entlockte ihm mein Anblick ein „Um Gottes Willen!“, denn in meinem Gesicht war fast keine Stelle mehr frei, die nicht bemalt war. Mein Blick in den Spiegel ließ mich über meine Verwandlung staunen und ich stellte fest, dass sogar meine Lippen Farbe bekommen hatten, die nicht kussecht war. So galt an diesem Tag das Verbot, nicht geküsst zu werden, um die Maske nicht zu zerstören und um den „Täter“ nicht zu entlarven. Zu Fuß machte ich mich mit meinen Freunden auf den Weg in unser Stammcafe. Als Meerjungfrau wäre ich, da ich im wirklichen Leben auch eine Wasserratte bin, natürlich gerne auf einer Wasserstraße im Meer dorthin geschwommen. Überall wurde ich bewundert, man schmunzelte mir zu, meine Kostümierung stach vielen ins Auge. Man konnte originell maskierte Menschen sehen, wo ich mir schon mal meine Gedanken gemacht habe, warum gerade diese Kostümierung gewählt wurde. Sie spielten für einen Tag eine Rolle, die sie im wirklichen Leben wohl gerne leben würden. Ich sah Blumenkinder, deren Zeit schon in den Siebziger Jahren abgelaufen war und mich ein bisschen zurück erinnern ließen. Nur die Kinder waren im Lokal für mich authentisch, denn ihre Welt schien nicht nur am Faschingsdienstag in Ordnung zu sein. Sie dürfen spielen, übermütig sein, die Zeit vergessen. Manche Erwachsene tobten sich heute aus. waren guter Laune, hatten sich zum Teil nicht mehr unter Kontrolle, weil sie zu viel Sekt konsumierten. Sie tanzten ausgelassen zu der lauten rhythmischen Musik und so mancher ertränkte seine Alltagssorgen und den Stress einfach mit Alkohol und der Leichtigkeit des Tages. Eine feuchtfröhliche aber auch explosive Stimmung war spürbar. Als besondere Geste des Lokalbesitzers standen Krapfen für jeden zum Greifen nahe auf den Tischen. Die Wassernixe durfte der Sage nach, nur wenige Stunden an Land sein, sonst würden ihr wieder die Flossen wachsen. Ich wollte das nicht, denn so war ich wunderschön. Ob sich ein irdischer Mensch in mich verlieben könnte, um mich mit einem Kuss zu erlösen? Mein Wassermann war heute auf der Strecke geblieben, so behielt ich meine Jungfräulichkeit, die man den ertrunkenen Wassernixen nachsagt. Gott sei dank, war es nur ein Faschingskostüm, das ich mir am Abend wieder vom Körper waschen konnte. Nach dieser Prozedur war ich wieder ein Mensch, nämlich die Heidemarie, wie mich alle kennen. Und in dieser, meiner Rolle, darf ich auch geküsst werden und mein Unterkörper besteht nicht aus Schuppen. Doch manchmal geht es mir trotzdem wie einer Wassernixe, die das nicht bekommt, was sie haben will und der sie nicht küsst, der sie erlösen würde.
„Arme Arielle!“


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