Interview NAbg. Josef Muchitsch
"Die Teuerung überrollt uns"
NAbg. Josef Muchitsch lässt kein gutes Haar an der Regierung, wie er im Interview klar zum Ausdruck bringt.
Die Regierung muss mit der Spaltung der Gesellschaft aufhören. Es geht um die Existenz vieler Familien und nicht darum, wer bei der nächsten Wahl ein paar Prozente mehr oder weniger hat. Dazu führten wir ein gewohnt offenes Gespräch mit Abg. z. NR Josef Muchitsch.
Die Bevölkerung ist verunsichert – Corona und der Krieg in der Ukraine haben unsere Arbeitswelt verändert. Nicht alle wollen in ihren alten Job zurück. Warum?
JOSEF MUCHITSCH: Durch Corona bekam die Digitalisierung einen enormen Schub. Darauf muss sich die Arbeitswelt einstellen. Gleichzeitig herrscht durch das verkorkste Krisenmanagement der Bundesregierung Unsicherheit. Noch nie hatte eine Regierung so schlechte Vertrauenswerte. Die Politik muss jetzt gemeinsam über alle Parteigrenzen hinweg alles dafür unternehmen, wieder Vertrauen aufzubauen.
Wie sieht dann eine Arbeitswelt aus, in der sich die Beschäftigten wohlfühlen?
MUCHITSCH: Die Krisen bringen einen großen Umbruch. Das Verhältnis zwischen Freizeit und Arbeitszeit muss neu geordnet werden. Durch den Schock der Krisen sind die Menschen nicht mehr bereit, bis zu zwölf Stunden oder mehr an bis zu sechs Tagen in der Woche zu arbeiten und auf ihre Freizeit mit Freunden und Familie zu verzichten. Deshalb muss offen über eine 4-Tage-Woche diskutiert werden. Fakt ist, bei mehr Freizeit steigt die Produktivität, die Gesundheit und Zufriedenheit. Auf der anderen Seite machen zu lange Arbeitszeiten krank, mindern die Konzentration und steigern die Fehlerhäufigkeit. Immer mehr Betriebe bieten deshalb eine 4-Tage-Woche mit weniger Arbeitsstunden ohne finanzielle Einbußen mit Erfolg an.
"Es reicht! Wir gehen auf die Straße! Steh jetzt mit uns auf und komm am 17. September 2022 um 14 Uhr zu einer der bundesweiten „Preise runter!”-Demos." NAbg. Josef Muchitsch
Eine Teuerungswelle überrollt uns. Das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben stimmt in immer mehr Haushalten nicht mehr. Wie kann eine faire Ordnung wiederhergestellt werden?
MUCHITSCH: Hier versagt die Regierung. Sie hat den Kontakt zu den Menschen und zur Realität verloren – sie lässt die Bevölkerung im Stich. Durch ihr Teuerungspaket wird kein Produkt in Österreich günstiger. Die Einmalzahlungen kommen zu spät und sind zu gering, um gegen die Teuerung vorzugehen. Das ist wie ein Tropfen auf dem heißen Stein – der verpufft, bevor er ankommt. In anderen Ländern wurde bereits reagiert und die Kosten auf Energie, Sprit, Lebensmittel und Wohnen gesenkt, während unsere Regierung untätig zuschaut.
Also sind die Maßnahmen der Regierung zu wenig bzw. kommen zu spät?
MUCHITSCH: Ja, nicht einmal der Energiebonus, welcher Anfang des Jahres angekündigt wurde, ist in den Geldbörsen angekommen. Die Bonuszahlungen zahlt sich die Bevölkerung selbst. Wobei sie nur einen Bruchteil von dem zurückbekommt, was der Finanzminister jetzt mehr einnimmt. Maßnahmen, damit auch die Gewinner der Krise einen Beitrag leisten, fehlen. Es kann nicht sein, dass die Energiekonzerne Milliardengewinne auf Kosten der Bevölkerung verzeichnen, ohne sich finanziell an der Entlastung beteiligen zu müssen. Die Zusatzgewinne und die Zusatzeinnahmen des Finanzministers und der Energiekonzerne müssen an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Um die Bundesregierung aufzuwecken, gibt es am 17. September um 14.00 Uhr eine Demo des ÖGB zum Thema „Preise runter“. Ich lade alle ein, teilzunehmen und ein Zeichen zu setzen. Die Regierung muss endlich ins Handeln kommen oder zurücktreten.
Wird sich die Teuerung auch auf die Gemeinden auswirken?
MUCHITSCH: Das tut sie schon! Gemeinden drehen schon jetzt jeden Euro um, bevor sie ihn investieren – Vieles bereits budgetiertes wird einfach nicht mehr leistbar sein. Investitionen in Bildung, Verkehr, Freizeit und andere Infrastruktur werden zurückgestellt. Die Verantwortlichen in den Gemeinden müssen mit offenen Karten spielen – die Zeit der großen Versprechungen ist endgültig vorbei. Es muss klar und deutlich gesagt werden, was geht und was nicht. Bund, Länder und Gemeinden müssen in Zukunft enger zusammenrücken. Wenn wir jetzt alle an einem Strang ziehen, werden wir auch diese Krisen gemeinsam überstehen – genau das hat Österreich immer ausgezeichnet.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.