Archäologische Funde
Kelten-Relikte in St. Barbara entdeckt

Bei den archäologischen Ausgrabungen in Mitterdorf: Archäologen und Projektbeteiligte mit den bisherigen Funden. | Foto: Koidl
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Bei archäologischen Grabungen in St. Barbara-Mitterdorf wurde eine Siedlung der Späthallstattzeit gefunden. Unter anderem weisen Reste eines für diese Zeit typischen Hängewebstuhls,  ein Rasiermesser sowie andere einschlägige Funde auf Siedlungstätigkeiten hin. 2024 soll eine größere Untersuchung noch mehr Schätze zum Vorschein bringen.  

ST. BARBARA. Der gebürtige Veitscher Günter Singer begab sich im Mürztal auf die Spurensuche der Kelten. Herausgekommen dabei: die Wiederentdeckung bisher nicht erforschter, historisch bedeutender Kelten-Schauplätze in St. Barbara und eine Hollywood-Filmproduktion – von der MeinBezirk.at bereits exklusiv berichtete.

Archäologe Raimund Karl, ein Freund von Singer, und Kelten-Fachmann in Europa, entdeckte gemeinsam mit seinem Team bei Grabungen in St. Barbara-Mitterdorf am Wochenende eine Siedlung der Späthallstattzeit (ca. 800-450 v.Chr.). Eine wahre Sensation, denn Siedlungen aus dieser Zeit sind aus dem Mürztal bisher unbekannt gewesen.

Hängewebstuhl entdeckt

"Bei der kleinen Grabung kam auch ein besonderer archäologischer Fund zu Tage, nämlich die Reste eines für diese Zeit typischen Hängewebstuhls zur Herstellung von Stoffen. Aufgrund der Lage der tönernen Webgewichte im Boden kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Weberin oder der Weber einen Stoff in Leinenbindung webte, als wohl durch ein Unglück ein Feuer ausbrach und das Haus, in dem der Webstuhl stand mitsamt diesem niederbrannte", vermutet Archäologe Raimund Karl.

Neben vielen beschädigten Webgewichten konnte ein fast ganzes Webgewicht auch ausgegraben werden. | Foto: Karl
  • Neben vielen beschädigten Webgewichten konnte ein fast ganzes Webgewicht auch ausgegraben werden.
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Archäologische Belege
für solche Webstühle sind sehr selten wie er betont. Aus der Hallstattzeit in Österreich sind bisher nur etwa eine Handvoll vergleichbarer Befunde bekannt. "Auf dem Webstuhl, von dem sich etwa 20 bis 22 Stück Webgewichte im Boden ganz oder teilweise erhalten hatten, konnten vermutlich Stoffbahnen von bis zu 1,2 Meter Breite gewebt werden", erklärt Raimund.

Hinweise auf Siedlungstätigkeit

Neben dem Webstuhl konnten auch in den beiden anderen Erdausgrabungen Hinweise auf die Siedlungstätigkeit gefunden werden. Neben einer Fundamentgrube eines Pfostens und einer Abfallgrube mit größeren Mengen zerscherbter Keramik, wurden zudem ein eisenzeitliches Rasiermesser und ein Augsburger Kreuzer aus dem Jahr 1726 entdeckt.

Aus dem Oberboden in Schnitt 2 – so wird das dokumenterit – kommt dieses eisenzeitliche (eisernes) Rasiermesser, wie sie gerne auch in Keltengräbern auftauchen.  | Foto: Karl
  • Aus dem Oberboden in Schnitt 2 – so wird das dokumenterit – kommt dieses eisenzeitliche (eisernes) Rasiermesser, wie sie gerne auch in Keltengräbern auftauchen.
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Schon in den 70er Jahren gab es in St. Barbara-Mitterdorf bereits ein paar Zufallsfunde: es wurde damals zwei Speerspitzen und ein Kannenhenkel vermutlich von einer römischen Bronzkanne gefunden. Und genau von diesen Funden las Günter Singer vor vielen Jahren in einem englischsprachigen Buch.

Untersuchungen begannen

Bei einem Heimatbesuch heuer im Sommer gab Singer den Anstoß für weitere Untersuchungen und begutachtete auch die Speerspitzen im Burgmuseum in der Burgruine Lichtenegg in Wartberg. Dann wurde seitens der Gemeinde eine geophysikalische Prospektion, eine Magentikmessung, auf einigen Feldern in Mitterdorf ein Auftrag gegeben. Durchgeführt hat diese die GeoSphere Austria – die Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie.

Schon bei den Vorbereitungen für die eigentlichen Grabungen wurde direkt unter der Erdoberfläche ein eisenzeitliches (eisernes) Rasiermesser gefunden. Gleich am Beginn ein Erfolgserlebnis für das Team. | Foto: Karl
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"Da bekomme ich Gänsehaut"

Von Anbeginn engagiert bei diesen Untersuchungen ist der Amtsleiter von St. Barbara Mario Ellmeier. "Da bekomme ich Gänsehaut, wenn ich das sehe", sagt Ellmeier, als das Archäologen-Team einen Fund nach dem anderen aus der Erde holt. "Es ist dies die einmalige Chance, unsere Geschichte aufzuarbeiten, denn schließlich waren die Kelten unsere Vorfahren", so der Amtsleiter.

"Riesen-Chance für die Steiermark"

Mit dabei bei dem Lokalaugenschein bei den Grabungen am Wochenende war auch Andreas Herz. Er ist nicht nur stellvertretender Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark und Unternehmer, sondern ebenfalls ein guter Freund von Günter Singer. Auch er ist in das geplante Filmprojekt miteingebunden. "Es ist natürlich für die Steiermark ein großer Wirtschaftsfaktor, für die Steiermark eine Riesen-Chance wenn das zustande kommt", so Herz.

Zentimeter für Zentimeter wird die Erde in den Grabungsschnitten untersucht.  | Foto: Koidl
  • Zentimeter für Zentimeter wird die Erde in den Grabungsschnitten untersucht.
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2024 große Grabung

Aufgrund der interessanten Ergebnisse und um mehr über die späthallstattzeitliche Siedlung von Mitterdorf herauszufinden will das Team von Archäologen im späten Oktober und frühen November 2024 für eine vierwöchige Grabungskampagne an diese Fundstelle zurückkehren. Gemeinsam mit Studierenden der Archäologie und archäologieinteressierten freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter will man dann mehr über die 2.500 Jahre alten Überreste erfahren.

Hollywood zu Gast in St. Barbara

Wie berichtet, werden Netflix und Warner Bros in St. Barbara, aber auch in anderen Orten in der Steiermark einen Film und zehn Folgen über das Keltentum drehen. Grundlage dafür ist das Drehbuch des gebürtigen Veitschers Günter Singer. Die Vorproduktion startet bereits im nächsten Jahr, gedreht soll dann 2025 werden.

Mehr zum geplanten Hollywood-Film liest du hier!

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