Murau/Murtal
Corona-Krise verstärkt die Leiden
Die Beratungseinrichtungen der Region verzeichnen in allen Bereichen ein Plus. Die Krise setzt vielen zu.
MURTAL/MURAU. Zwei Wellen, drei Lockdowns, Maskenpflicht, Social Distancing, Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Quarantäne und und und... Die letzten zwölf Monate haben uns Österreicher nicht wirklich viel Positives beschert. Am 16. März jährt sich der Lockdown zum ersten Mal. Wir haben dieses Ereignis zum Anlass genommen, um bei den Sozial- und Hilfseinrichtungen der Region nachzufragen, inwieweit die Krise die Menschen getroffen hat.
Depressionen & Paarkonflikte
Eine Zunahme von Depressionen und Angststörungen verzeichnete man in den psychosozialen Beratungsstellen der Region. Bei bereits stabilisierten Personen seien Symptome wieder aufgeflammt und auch bei Abhängigkeitserkrankungen habe man eine erhöhte Rückfallsrate verzeichnet. Ängste, depressive Symptome, Schlaf- und Essstörungen hätten sich auch bei Kindern bemerkbar gemacht und Paarkonflikte und familiäre Probleme hätten ebenso zugenommen wie Scheidungsberatungen.
Trennungen
"Es hat seit Corona einerseits viel mehr Trennungen gegeben, andererseits sind die Leute auch zusammengewachsen. Paare, die sich für eine Trennung/Scheidung entschieden haben, mussten verzögerte Scheidungstermine hinnehmen und aufgrund von Jobverlust, Kurzarbeit etc. war es vielen in Trennung lebenden Eltern nicht möglich, auch eine räumliche Abgrenzung zu vollziehen. Manche Familien leben seit dem ersten Lockdown zusammen, obwohl sich die Eltern getrennt haben und das ist für die Kinder ein Wahnsinn", berichtet auch Xenia Hobacher von Rainbows Steiermark, die Kinder und Jugendliche nach Trennung/Scheidung/Tod naher Angehöriger unterstützt. "Im Murtal und Murau hatten wir vermehrte Anfragen auch die allgemeine familiäre Situation betreffend. Homeschooling, fehlende Kontakte etc. haben sich oftmals auch in schulischem Leistungsabfall bemerkbar gemacht", so Hobacher.
Aggressionen & Ängste
Ähnliches berichtet auch Ilma Moser vom Kinderschutzzentrum Oberes Murtal. "Wir hatten letztes Jahr, neben zahlreichen persönlichen Beratungen und Therapien, auch sehr viele telefonische Kontakte. Es ging dabei vielfach um Aggressionen von Kindern und Jugendlichen, die durch die veränderte Situation noch stärker in Erscheinung traten bzw. durch fehlende Kontakte mit weiteren Personen (Großeltern, Lehrern, Freunden usw.) nicht abgefedert werden konnten. Auch ein extremer Medienkonsum und der oft damit verbundene Rückzug von der Familie sowie Verhaltensauffälligkeiten waren immer wieder Thema von hilfesuchenden Eltern. Es war und ist insgesamt auch ein starker Anstieg bei Ängsten und Zwängen bis hin zu Suizidgedanken erkennbar".
Ungerechtigkeit
Dass die Corona-Krise dazu beigetragen hat, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sichtbarer zu machen, bestätigt man auch bei NOVUM- Zentrum für Frauen. "Die Pandemie-Situation hat die Belastungen und Herausforderungen von Frauen immens verschärft, und damit ‚wieder einmal‘ die Frauen weit zurückgeworfen! Homeoffice und die Herausforderung des Homeschoolings traf zumindest 90% Frauen. Außerdem sind es großteils, schon seit Beginn der Pandemie mehrheitlich Frauen, die in der Grundversorgung, in systemerhaltenden Branchen arbeiten (Pflege, Handel, Gesundheitswesen, Dienstleistungsbranchen), sie stehen dabei unter hohem Druck, da in diesem Sektor die Arbeitsbelastung ebenfalls zunimmt. Das Erwerbsleben von Frauen ist wieder vermehrt von Unterbrechungen, Teilzeitarbeit, Geringfügigkeit, prekären Beschäftigungsverhältnissen geprägt – alle diese Situationen verschärfen die Gefahr, in die Armutsspirale bzw. in die Altersarmut abzurutschen", so Geschäftsführerin Anny Lori Sperl.
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