Trügerische Idylle im Naturpark

Die sieben Naturpark-Gemeinden wehren sich gegen die vom Land bestimmte Fusion mit 1. Jänner 2015. Foto: Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen
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Wie das gallische Dorf den Kampf gegen die Römer aufgenommen hat, wehren sich auch die Naturparkgemeinden rund um Neumarkt erbittert gegen die Reformpläne des Landes. Der Zaubertrank ist in diesem Fall der Weg zum Verfassungsgerichtshof (VfGH), den die Gemeinden Neumarkt und Dürnstein antreten werden. Die Aussichten auf Erfolg? Mäßig.

„Reform hat keine Struktur“

Neumarkts Bürgermeister Bernhard Walzer von der Lis-te „FPÖ und Unabhängige“ erklärt seine Beweggründe: „Es ist, als ob man seit 780 Jahren erfolgreich einen Betrieb führt, ein ausgeglichenes Budget hat. Dann kommt auf einmal das Land und sagt: ‚Du musst jetzt sechs andere Betriebe dazunehmen.‘ Dann ist kein ausgeglichener Haushalt mehr möglich. Da kannst du dir gleich einen Kopfschuss geben.“ Drastische Worte vom Gemeindechef, der dieses Amt erst Ende Jänner von Reinhardt Racz übernommen hat, sich aber schon weit länger mit der Materie auseinandersetzt. Er nennt auch ein Beispiel: „Mariahof passt etwa überhaupt nicht zu Neumarkt. Die Gemeinde ist landwirtschaftlich geprägt, bei uns dominieren Handel und Gewerbe.“
Beim Land argumentiert man damit, dass ab 5.000 Einwohnern auch die Bedarfszuweisungen steigen. „Alles Blödsinn, alles Lügen“, sagt Walzer. „Diese Reform hat keine Struktur - warum darf zum Beispiel Mühlen alleine bleiben?“ Walzer ist nicht grundsätzlich gegen Reformen, der Sparstift sollte seiner Meinung nach aber anderswo angesetzt werden - etwa in der Verwaltung des Landes selbst. Eine Meinung, mit der er im Naturpark nicht alleine dasteht.

Comeback möglich

Zeutschachs Bürgermeister Walter Markolin (Bürgerliste) tritt unter anderem wegen Ungereimtheiten aufgrund der Fusion mit Ende Juli zurück. „Ich bin nicht gegen die Fusion an sich, sondern gegen die Art und Weise, wie sie durchgezogen wird“, ärgert sich Markolin. SPÖ und ÖVP hätten sich den Bezirk einfach aufgeteilt. Er habe seine Aufgaben erledigt, die Fusion vorbereitet. Für die Zeit danach sagt er: „Ein Comeback ist nicht ausgeschlossen, wenn alles mit rechten Dingen zugeht.“
Einen Schwenk vollzogen hat in den vergangenen Wochen die Opposition in Neumarkt und St. Marein. Die ÖVP war erst gegen die Fusion und mahnt jetzt zur Besonnenheit: „Wir müssen die Realitäten akzeptieren und uns mit dem Thema auseinandersetzen. Es ist höchste Zeit, das Thema Fusion aktiv anzugehen“, sagt Vizebürgermeister Ferdinand Wölfl aus St. Marein. Gemeindechef Peter Müller (FPÖ) wollte ebenfalls beim VfGH klagen, ist damit aber im Gemeinderat abge-blitzt.
In Dürnstein ist die Situation ohnehin festgefahren. Jüngst haben sich die Bürger sogar dafür ausgesprochen, eher nach Kärnten wechseln zu wollen als mit Neumarkt zu fusionieren. Bürgermeisterin Christine Kneisl (SPÖ) will vorerst die Entscheidung des VfGH abwarten und dann weitersehen.
Vorausschauend gearbeitet hat Bernhard Walzer schon: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, Gespräche mit allen anderen Bürgermeistern geführt. Ein böses Erwachen wird es am 1. Jänner nicht geben“, sagt Walzer. Allerdings: „Die Fusion bleibt Plan B.“ Sollte es bei der 7er-Gemeinde bleiben, wird Walzer nicht mehr als Bürgermeister zur Verfügung stehen: „Ich wollte Positives bewegen - das ist dann nicht mehr möglich.“

Kritik an Vorgehensweise

Doch nicht alle der sieben Gemeinden sprechen sich völlig gegen die Fusion aus. „Wir haben uns nie gewehrt, weil man eh nicht auskommt“, so der Bürgermeister von Perchau am Sattel, Matthäus Össl (ÖVP). Ein Problem entstehe nur, wenn sich die „großen“ Gemeinden nicht zusammensetzen wollen. Össl sieht Neumarkt ohnehin als als infrastrukturellen Mittelpunkt der kleinen Gemeinde. Es befinden sich viele Anlaufstellen für die Bevölkerung in der Stadt, wie Kindergarten und Standesamt.
Diese Meinung teilt auch der Bürgermeister von Kulm am Zirbitz, Johann Obermayer (ÖVP). „Wir sind Neumarkt“, lautet sein Statement. „Neumarkt ist Bürgernähe.“ Zudem könne die kleine Gemeinde in Zukunft wohl nicht eigenständig bleiben, da die Abwanderung sehr hoch ist. „Wir müssen in Zukunft anders denken. Es gibt nur ‚Zusammenhalten‘. Das war alles eine ‚Rumps-Pumps-Geschichte‘, doch über lange Zeiträume passiert genauso viel wie wenn man unter Zeitdruck steht“, äußert sich der Bürgermeister.
Auch der Mariahofer Gemeindevorstand Florian Plank (ÖVP) war mit der Art und Weise, wie das Land vorgegangen ist, nicht einverstanden. Dennoch hat sich die Gemeinde für eine freiwillige Fusion mit Neumarkt entschieden.
Der Bürgermeister beschreibt die Aufruhr in den anderen Gemeinden als Zeit, die verloren geht, aber sinnvoller genutzt werden könnte. „Es geht um mehr als die Meinung eines Bürgermeisters, es geht um die Region.“

Info

Laut Gemeindestrukturreform des Landes werden Neumarkt, St. Marein bei Neumarkt, Dürnstein, Mariahof, Perchau am Sattel, Kulm am Zirbitz und Zeutschach mit 1. Jänner 2015 fusioniert.
Die neue Gemeinde wird Neumarkt in Steiermark heißen und über 5.200 Einwohner haben.
Zwei Gemeinden (Neumarkt und Dürnstein) haben dagegen eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht.

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