Gegen Extremismus: Stadt und Land berufen Expertenrat ein
400 Prozent mehr Hassmeldungen

 „Gerade die Covid-19-Zeit hat uns gesellschaftlich vor besondere Herausforderungen gestellt und Spaltungen sowie Extremismen verschärft. Hinzu kommt eine neue Art des Extremismus, die uns seit wenigen Monaten begegnet", erklärt die  Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark Daniela Grabovac. | Foto: Prontolux
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  • „Gerade die Covid-19-Zeit hat uns gesellschaftlich vor besondere Herausforderungen gestellt und Spaltungen sowie Extremismen verschärft. Hinzu kommt eine neue Art des Extremismus, die uns seit wenigen Monaten begegnet", erklärt die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark Daniela Grabovac.
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Die Pandemie hat unser Leben in eine Ausnahmesituation geführt, in der die unschönen Seiten einer Gesellschaft eklatant zum Vorschein treten: Radikalisierung und Extremismus haben sich durch Krise verschärft und das Internet fungiert dabei als zusätzlicher "Brandbeschleuniger". Strömungen und Trends sind im Netz früher und in ausgeprägter Schärfe sichtbar. Zudem kam es im vergangenen Herbst zu mehreren mutmaßlich extremistisch motivierten Anschlägen in Graz – unter anderem gegen den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz Elie Rosen, die Synagoge und eine Einrichtung der RosaLila Pantherinnen.
Um dieser Entwicklung zu begegnen beziehungsweise entgegenzusteuern, setzt das Land Steiermark nun gemeinsam mit der Stadt Graz ein eigenes Expertengremium ein, das bis Jahresende einen Bericht über den Ist-Zustand erarbeiten soll. "Gerade die Covid-19-Zeit hat uns gesellschaftlich vor besondere Herausforderungen gestellt und Spaltungen sowie Extremismen verschärft. Hinzu kommt eine neue Art des Extremismus, die uns seit wenigen Monaten begegnet", schildert die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark Daniela Grabovac.

Zunehmender Hass gegen Polizei

Die Banhate-App, die seit mittlerweile vier Jahren Seismograph für Hass-Postings aller Art ist, hat allein heuer bereits 817 Meldungen verzeichnet. Neu ist dabei der Hass, der sich gegen die Polizei richtet. Neben Politikerinnen und Politiker wird nun die Polizei zunehmend zum Angriffsobjekt im virtuellen Raum, der Gewalt angedroht wird und diese Art von Demokratiefeindlichkeit in außerordentlicher Manier zeigt. Jede zweite Hassmeldung (395) hatte einen Zusammenhang mit den Covid-19-Maßnahmen und wird von Extremistinnen verschiedener Strömungen für die Mobilisierung und Radikalisierung gekonnt genutzt. Im Detail sind die Hassmeldungen im Jahr 2020 um 400 Prozent angestiegen, 82 Prozent davon stehen in Zusammenhang mit der Pandemie. Im Fokus der Meldungen stehen Verschwörungstheorien und fake news. Erschreckend ist auch die Zunahme antisemitischer Kommentare: Fast jedes zehnte gemeldete Hassposting ist gegen Juden gerichtet.

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Prävention gegen Radikalisierung

"Zu erkennen ist eine zunehmende Gefahr von Radikalisierung, Gewalt und Demokratiefeindlichkeit. Ängste werden geschürt und die Gesellschaft wird gespalten. Hier müssen wir gegenwirken und unsere Bemühungen fortsetzen", erklärt Soziallandesrätin Doris Kampus. Auch der Grazer Stadtrat Kurt Hohensinner bestärkt: "Wir brauchen ein striktes Vorgehen der Bundesbehörden dort, wo Extremismus bereits manifestiert ist. Gleichzeitig müssen wir verstärkt in Präventionsarbeit investieren, damit wir extremistischen Tendenzen bereits frühzeitig den Nährboden entziehen. Das neue eingerichtete Expertengremium ist eine wichtige Anlaufstelle für Politik und Verwaltung, um Empfehlungen für Maßnahmen auszusprechen und bestehende Projekte auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen."
Konkret soll sich das neu geschaffene Gremium  den Themen Antisemitismus, Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus sowie Sektenfragen und Verschwörungsideologien widmen. Unter den Expertinnen und Experten befinden sich unter anderem Helmut Konrad, Dieter-Anton Binder, Heinz Peter Wassermann und Katharina Scherke als Leiterin eines renommierten Forschungsnetzwerkes der Karl-Franzens-Universität Graz. Weitere Vertreterinnen und Vertreter kommen aus den Bereichen Bildung, Polizei, Strafvollzug, Justiz und Jugend. Die zentrale Aufgabe des Expertengremiums ist die Formulierung von Empfehlungen und die Ausarbeitung von Maßnahmen zur Prävention von Extremismus in der Steiermark. Sie bilden die Basis für die Erstellung des ersten steirischen Extremismusberichts bis Ende des Jahres.

 „Gerade die Covid-19-Zeit hat uns gesellschaftlich vor besondere Herausforderungen gestellt und Spaltungen sowie Extremismen verschärft. Hinzu kommt eine neue Art des Extremismus, die uns seit wenigen Monaten begegnet", erklärt die  Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark Daniela Grabovac. | Foto: Prontolux
Über die BanHate-App gingen in diesem Jahr bereits 817 Meldungen ein. 
 | Foto:  Land Steiermark/Drechsler
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