Einige Totalausfälle
Erntebilanz nach Extremwetter drückt auf Erträge

Der Kürbisanbau hate durch die Regenfälle große Probleme.  | Foto: Symbolbild Waltraud Fischer
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  • Der Kürbisanbau hate durch die Regenfälle große Probleme.
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Die Landwirtschaftskammer zieht Erntebilanz: Die Klimakrise schlägt am Acker voll zu und es gibt deutliche Mindererträge. Die Bäuerinnen und Bauern steuern aktiv gegen den Klimawandel.

STEIERMARK. Der Klimawandel hat auch heuer wieder voll zugeschlagen und hat sich im Ackerbau mit einem neuen grimmigen Gesicht gezeigt. „Haben im Vorjahr Hitze und Trockenheit die Ernte wichtiger Kulturen erheblich dezimiert, stand sie heuer durch den anhaltenden Dauerregen und den viel zu tiefen Temperaturen teils auf Messers Schneide“, analysiert Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher die bisher noch nie so herausfordernde Anbau- und beginnende Vegetationszeit wie im Jahr 2023.

Die Erntebilanz im Überblick

Diese extreme Witterung hat massive Spuren bei wichtigen Kulturen hinterlassen. Sie führte zu einer Ertragsmisere bei Mais (-20 Prozent). Die kühlen Temperaturen und hohen Niederschlägen bremste Wachstum der Jungpflanzen und wirkte sich somit negativ auf die Mais-Erträge aus. Bei den wärmeliebenden Kürbiskulturen hat die Kombination aus nass-kühler Witterung und fehlendem Beizschutz die Kernerträge drastisch einbrechen lassen. Das hatte auch Einfluss auf die Ackerflächen, denn diese gingen in der Steiermark ging die Anbaufläche bei Ölkürbis auf 7.873 Hektar zurück. Das sind rund 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Grund dafür liegt in der vorjährigen Rekordernte und im misslichen Zusammenspiel von Dauerregen und fehlendem Beizschutz im heurigen Jahr. Rund 1.000 Hektar Ölkürbisfläche wurden mit alternativen Kulturen wie Soja, Mais oder Hirse neubestellt.

Schlecht ausgefallen ist auch die Gerstenernte, bei Erdäpfeln gab es teils Totalausfälle. Schwere Böden mussten Ausfälle von bis zu 40 Prozent hinnehmen. Die Speisekartoffelpreise haben im Vergleich zum Vorjahr mit 40 Euro je Dezitonne deutlich angezogen (2022: 25€/dt).

Winter viel zu warm, Frühjahr viel zu kalt und dazu anhaltender Dauerregen, der Anbau und Aufgang der Kulturen beeinträchtigte. | Foto: Michael Holzmann
  • Winter viel zu warm, Frühjahr viel zu kalt und dazu anhaltender Dauerregen, der Anbau und Aufgang der Kulturen beeinträchtigte.
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Einmal mehr haben Spätfröste Anfang April einen Großteil der Apfelblüten zerstört und die Apfelernte um 40 Prozent reduziert. Allerdings ist die heimische Versorgung dennoch ausreichend gesichert. Durch den warmen, sonnigen Herbst sind die heimische Äpfel zudem besonders süß und geschmackvoll. Bei der Birnen-Ernte gibt es durch den Spätfröste noch stärkere Einbußen (-70 Prozent) als bei den Äpfel. Bei den Marillen gab es durchwegs einen Totalausfall, bei den Kirschen gab es gerade einmal 15 Prozent einer Normalernte. Pfirsich und Zwetschken brachten mit 20 Prozent ebenso nur eine sehr kleine Ernte.

Beim Wein stimmen erste Verkostungen äußerst zuversichtlich. Es wird ein fruchtig-frischer Steirerwein nach einer klimatisch turbulenten und herausfordernden Saison erwartet. Einschätzungen gehen von etwa 200.000 Hektoliter aus. Das wäre im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Minderertrag von etwa 10 Prozent.

Das sehr feuchte und kühle Wetter während des Anbaus der Käferbohnen Ende April hat bei einem Teil der Betriebe zu schlechtem Aufgang geführt, sodass der Anbau wiederholt werden musste. Der häufige Regen und die nicht so extrem heißen Sommertemperaturen kamen der Entwicklung der Kultur sehr zugute, somit erwartet der Großteil der Betriebe eine gute Ernte. Diese beginnt voraussichtlich im November.

Die Salat-Saison 2023 war herausfordernd, für die meisten Betriebe aber zufriedenstellend. Einzelne Betriebe hatten durch Hagel und Regenfälle große Ausfälle zu verbuchen. Die weiterhin sehr feuchten Bedingungen sorgten immer wieder für geringe Mengen am Markt und meist zufriedenstellende Preise. Durch den schönen Herbst besserte sich Mitte August die Mengenverfügbarkeit bei guter Qualität. Einem guten Saisonabschluss dürfte nichts im Weg stehen. 

Die heimischen Bauern beklagen Ernteausfälle. Für das Heu gab es nur ein kleines Zeitfenster. | Foto: Symbolfoto: RMA
  • Die heimischen Bauern beklagen Ernteausfälle. Für das Heu gab es nur ein kleines Zeitfenster.
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Vegetation verändert sich

Vom vielen Regen profitiert hat hingegen das Grünland, das in den vergangenen fünf Jahren ständig unter starker Trockenheit gelitten hat. Weitere Erkenntnis: Durch Klimawandel verlängert sich die Vegetationszeit bis Oktober. Hohe Nachttemperaturen führen nun dazu, dass die ausdauernden Grünlandpflanzen teils auch im Herbst stark nachtreiben, anstatt sich eigentlich auf die Winterruhe vorzubereiten. Das sind aber schlechte Nachrichten für die Heuernte: Die Heuernte und Silage-Bereitung war dieses Jahr meist in nur kleinen Zeitfenstern möglich. Die Heupreise liegen zwischen 16 und 24 Cent pro Kilogramm ab Hof, Siloballen zwischen 28 und 35 Euro pro Stück ab Hof. Auch gentechnikfreies Soja hat die Witterung erfreulicherweise gut verkraftet.

Klimakrise schreitet voran

Der Winter war viel zu warm, das Frühjahr viel zu kalt und dazu gab es noch anhaltenden Dauerregen, der den Anbau und den Aufgang der Kulturen beeinträchtigte. Noch nie waren die heimischen Bäuerinnen und Bauern mit derart lange anhaltenden Niederschlagsphasen konfrontiert wie heuer. Das Problemfenster hat sich erweitert: Im Großraum Bad Radkersburg zogen sich die anhaltenden Niederschläge über die Monate April, Mai, Juni und Juli – es fiel mehr als die doppelte Niederschlagsmenge verglichen mit dem langjährigen Schnitt. Im Raum Fürstenfeld waren es im April und Mai um 70 Prozent mehr Regen.

„In den Hauptackerbauregionen konnten folglich die Äcker vielfach nicht befahren werden, eiskalter Regen beeinträchtigte Aufgang und Wachstum der Kulturen, vielfach müsste kostenintensiv nachgesät werden oder die Kulturen wurden teuer neu angebaut.“
Franz Titschenbacher, Landwirtschaftskammer-Präsident 

Auch die Zahlen der Österreichischen Hagelversicherung bescheinigen diese Problematik: 2.538 Überschwemmungsmeldungen haben ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Der Gesamtschaden durch Wetterkapriolen lag 2023 in der Steiermark bei 39 Millionen Euro, wovon 23 Millionen durch Frost (Obst) und 16 Millionen durch Hagel entstanden sind.


Bäuerinnen und Bauern steuern gegen Klimawandelfolgen

„Eine Schlüsselrolle nimmt dabei der Boden ein. Hier sind die steirischen Bäuerinnen und Bauern auf einem guten Weg, die Widerstandskraft der Böden gegen Niederschläge zu verbessern“, betont Kammerpräsident Franz Titschenbacher und verweist in diesem Zusammenhang auf das von der Landwirtschaftskammer in Feldbach (Bezirkskammer Südoststeiermark) eingerichtete Kompetenzzentrum für Acker, Humus und Erosionsschutz. Und weiter: „Mehr Humus am Acker schützt Pflanzen und Böden vor Regen und Trockenheit, unterstützt die Bodenfruchtbarkeit und verhindert Abschwemmungen von wertvollsten, obersten Bodenschichten, Erosionen sowie Erdanlandungen auf Straßen“. Im Jahr 2023 haben sich 2.638 steirische Ackerbauern mit 25.906 Hektar sich besonders dem Humusaufbau durch Begrünungen von Ackerflächen verschrieben.

Auch mehrere steirische Gemeinden im steirischen Ackerbaugebiet setzen auf die Kompetenz der Humusberater der Landwirtschaftskammer. „Wir unterstützen nicht nur Landwirte, sondern auch Gemeinden, um Erosionen durch Starkregen zu verhindern. Neu ist, dass Ackerbauern, Humusberater und Gemeindeverantwortliche gemeinsame Erosionshotspots identifizieren und ein Maßnahmen-Programm entwickeln, um künftig die Abschwemmung und Anlandung von Erde auf Straßen, Wasserdurchlässen sowie Straßengräben stark zu reduzieren“, erklärt Vizepräsidentin Maria Pein.

Erste positive Praxiserfahrungen gibt es bereits mit den Gemeinden Paldau, Gleichenberg und Kirchberg/Raab. Im kommenden Jahr kommen acht weitere Gemeinden dazu. 

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