Aus einer Kolchose nach Dirnbach

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Aus der Ukraine ins Steirische Vulkanland, das ist ein weiter Weg, den Heimatdichter Johann Scheucher aus Muggendorf gemeinsam mit der Jubilarin in einem seiner Bücher (Es war einmal …, 2008) aufgezeichnet hat.

Schon die Eltern von Marfer, in Österreich wird sie später Martha genannt, müssen 1917, während der Revolution von ihrer kleinen Landwirtschaft wegziehen. Der Großvater von Martha widersetzte sich dieser Anordnung, wurde kurzer Hand auf einen Lastwagen gezerrt, in ein Straflager gebracht und nie wieder gesehen. Die Eltern von Martha arbeiteten fortan auf einer Kolchose, Essensgutscheine gab es sehr selten, der Hunger wurde immer schlimmer. Zwei ältere Brüder von Martha und eine jüngere Schwester, 1929 geboren, verhungerten. Martha wuchs in bitterlicher Armut auf. Nach Abschluss der Schule arbeitete auch sie auf einer Kolchose.
1941 marschierten deutsche Truppen in Russland ein und besetzten die Ukraine. 1943 wurde Martha mit anderen Männern und Frauen einberufen, sie kamen zur Musterung in ein deutsches Lager. Martha wurde für tauglich befunden, auf einen Lastwagen gepfercht und Richtung Deutschland abtransportiert. Sie landete schließlich in Wien, wo alle diese Zwangsarbeiter auf die Bundesländer aufgeteilt wurden. So kam Martha in die Steiermark, genauer gesagt auf den Hof der Familie Fleischhacker, vulgo Löffelmacher in Dirnbach, wo sie zu Arbeiten in der Landwirtschaft herangezogen wurde. Nach vielen Wochen gab es hier auf dem Bauernhof wieder ein Bett zum Schlafen, regelmäßige Mahlzeiten und eine wohltuende Aufnahme in eine Familie. Aber auch in ihrer neuen Heimat rückte gegen Ende des 2. Weltkrieges der Krieg näher, Martha musste mit der Löffelmacher-Familie erneut flüchten.

Mit Ende des Krieges war die Zwangsarbeit eigentlich zu Ende. Martha fühlte sich auf dem Bauernhof wohl und sie entschied sich zu bleiben, weil sie sich auch in ihrer alten Heimat vor Repressalien fürchtete. Einige Jahre später erhielt sie die österreichische Staatsbürgerschaft.

Heute ist Martha 90 Jahre alt. Vieles hat sie in der Zwischenzeit noch erlebt: Heirat an einem Faschingsdienstag, Übertritt zum römisch-katholischen Glauben, Auf- und Ausbau ihres neuen Heimes, Übernahme der Mutterrolle bei ihrem nunmehrigen Nachbarn, Versuch der Kontaktaufnahme mit ihrer Verwandtschaft in ihrer alten Heimat, und, und, und …

Heute lebt Martha auf ihren kleinen Bauernhof in Dirnbach, liebevoll umsorgt von ihren „Geschwistern und Ziehkindern“.

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