Südoststeiermark
Die kalte Winterzeit ist die Schnapsbrennerzeit

Maria und Josef Tischler beim Schnapsbrennen. | Foto: WOCHE
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  • Maria und Josef Tischler beim Schnapsbrennen.
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In den kalten kalten Wintertagen strömt oft ein eigenartiger Geruch aus den Kellern der Bauernhäuser. Wenige Tage bis mehrere Wochen lang brodelt dann die Maische unterschiedlichster Früchte in den Schnapsbrennkesseln, bis der kostbare „Klare“ getrunken werden kann.

Das Schnapsbrennen bei einem der Bauern spricht sich in den jeweiligen Dörfern schnell herum.Um den Brenner, der Tage- oder Wochenlang den Brennkessel beheizen und ununterbrochen beaufsichtigen muss, die Zeit zu verkürzen, wird dieser von Freunden und Nachbarn besucht und der Neugebrannte auch an Ort und Stelle sofort beurteilt. Bei diesen Schnapsbrennabenden werden alle Neuigkeiten der Region ausgetauscht, Karten gespielt und wie es noch vor einigen Jahrzehnten Brauch war, Bauernspiele durchgeführt. Besonders beliebt dabei waren das Eselreiten, Stockschlagen, Faustschieben, Vögel malen, Schlüssel abtreten, Stellung gehen, Zug fahren oder Hakelziehen.

Schnapsbrennen im Jahr 1978 im Haus Pock in Raabau. | Foto: WOCHE
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Ein bekannter Abfindungsbrenner der Südoststeiermark ist Josef Tischler aus Muggendorf. „Als Abfindungsbrenner darf man nur Früchte brennen, die auf dem eigenen Grund wachsen, oder wildwachsende Früchte, die man selbst gesammelt hat. Ich brenne nur Sortenrein, zuerst den Rauhbrand, bei dem der Alkohol von der Maische getrennt wird und dann kommt der Feinbrand, das Herzstück. Kein Trinkschnaps ist der Rauhbrand, der meist nur in der Volksmedizin zur Anwendung kommt. Weit verbreitet ist, dass mit dem Rauhbrand schmerzende Körperstellen eingerieben werden“, erklärte Tischler, der für seine Schnäpse und Liköre bereits fünf Mal mit der höchsten Auszeichnung, dem Goldenen Stamperl, zwei Mal mit dem Alpen-Adria-Preis, unzähligen Landessiegen und mehr als 50 Goldmedaillen ausgezeichnet worden ist. Bei der Verkostung der 30 verschiedenen Tischler-Schnäpsen serviert Maria Tischler, nach alten Rezepten, frisch gebackene Topfenflecken.

Imker Rauch aus Oedt brennt einen Streuobstapfelschnaps. | Foto: WOCHE
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Schnaps findet auch bei Verspannungen der Muskeln Anwendung, wird nach einem Kreuzotterbiss getrunken und auf Wunden bei den Rindern geschüttet. Kampfer vermischt mit Schnaps hat sich bei Einreibungen von schmerzenden Stellen bewährt. Bei Venenentzündungen wird ein auf Rosskastaniensamen angesetzter Schnaps als Einreibung verwendet. „In meiner Jugendzeit wurde bei Kleinkindern der Schnapszutzl angewendet. Ein Fetzerl (Stoffstück) hat man mit Honig, Zucker und Schnaps getränkt und dem Kind zur Beruhigung in den Mund gesteckt, worauf es meist einschlief“, erzählte der verstorbene Krusdorfer Bauer Franz Neubauer.

Verschiedene Spiele gehören zum Schnapsbrennen. | Foto: WOCHE
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Der ehemalige Bürgermeister von Stainz bei Straden Karl Lenz erinnerte sich, dass in seiner Jugendzeit in fast allen Bauernhäusern des Raumes Straden im Winter Schnaps gebrannt wurde: „Die Brennmenge musste der Zollbehörde gemeldet werden, was auch vom Zöllner kontrolliert wurde. Die Bauern versuchten mehr als erlaubt war zu brennen. So wurde gebrannter Schnaps versteckt“.

Die Hausfrau Maria Tischler serviert Topfenflecken. | Foto: WOCHE
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Wie mühevoll der Weg zu einem Spitzenschnaps ist, bei dem Fruchtgeschmack, milde und Alkoholanteil perfekt harmonieren, ist von der speziellen Vorbereitungsarbeit abhängig. Die Zeit, in der nur ein feuriger Doppelgebrannter von Wert war, der den Schnapszutzlern beim Trinken die Tränen aus den Augen drückte, ist längst vorbei. Für einen perfekten Himbeer-, Traubenkirsch-, wildwachsenden Holunder- oder Schlehdornschnaps müssen 100 Kilogramm Früchte für 2,5 Liter Trinkschnaps gesammelt werden. „Eine Person schafft von diesen wildwachsenden Früchte an einem Tag 15 Kilogramm zu sammeln. Damit man 100 Kilogramm erreicht ist man rund eine Woche unterwegs. Einfacher ist es bei der Williamsbirne. Da geht das Einsammeln schnell und aus 100 Kilogramm werden sechs Liter Trinkschnaps“, sagt Tischler, der beim Schnapsbrennen einmal schwer verletzt wurde. Also gilt auch bei dieser Arbeit wegen Explosionsgefahr größte Aufmerksamkeit.

Josef Tischler in seinem Schnapsarchiv. | Foto: WOCHE
  • Josef Tischler in seinem Schnapsarchiv.
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Die Früchte aus seinem eigenem Obstgarten werden vom Imker Alois Rauch in Oedt bei Feldbach sowie von vielen anderen Brennern selbst gebrannt. Auch er hat eine hauseigene Spezialität anzubieten:„Ich brenne Schnaps auch aus Most von Äpfeln der alten Streuobstbäume. Das ist mein bekannter und begehrter Obstler. Weiters bevorzuge ich sortenreine Schnäpse aus Zwetschken, Birnen, Quitten und Pfirsiche.“

Verkostet werden die Edelbrände bei Tischler im Verkostungsraum. | Foto: WOCHE
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Das Schnapsbrennen ist eines der letzten Relikte der bäuerlichen Winterarbeiten, bei denen sich wie in vergangenen Zeiten, Nachbarn und Freunde einige Tage lang, zur gemeinsamen Arbeit und Unterhaltung treffen. Zu diesen beliebten Arbeitsabenden zählten einst das Maisschälen (Woazheitn), Federnschleißn, Bohnen- und Nußnkiefeln. Um bei der Arbeit mehr Freude zu haben, servieren die Hausleute den in dieser Region bekanntesten Schnaps, den „doppelgebrannten Zwetschgernen“.

Beim Imker Rauch sorgen die Gäste für unterhaltsame Gespräche. | Foto: WOCHE
  • Beim Imker Rauch sorgen die Gäste für unterhaltsame Gespräche.
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