Kulturpakt Gleisdorf 2014: Das Bottom up-Prinzip

- Die Kooperation im Zusammenführen von Ehrenamt und Hauptamt gehört zu den anspruchsvollen Bedingungen des Kulturpaktes.
- hochgeladen von martin krusche
Der TIP Tourismusverband Gleisdorf ist Projektträger des LEADER-Projektes „Kulturpakt Gleisdorf 2014“, das in Kooperation mit dem Gleisdorfer Kulturlabor Kunst Ost realisiert wird.
Eine ganze Reihe wesentlicher Förderprogramme, durch die von außen Budgets in die Region kommen, so auch LEADER, haben eine ausdrückliche Bedingung: Das Bottom up-Prinzip.
Das bedeutet, Projekte, die mit Geldern aus solchen Programmen kofinanziert werden, müssen von der Basis der Bürgerinnen und Bürger aus entwickelt werden. Nicht durch Funktionäre, nicht durch Bürgermeister, sondern von privater Ebene des Gemeinwesens her.
Bei uns nennt man das „Bürgerbeteiligung“. Das klingt freundlich, ist aber auf beiden Seiten keine Selbstverständlichkeit.
Eine Kooperation zwischen zivilgesellschaftlicher Basis, Verwaltung und Politik bringt sehr kontrastreiche Kreise in Wechselbeziehung. Jeder dieser Sektoren hat seine ganz eigenen Piroritätenlisten, seine eigenen Sprach-Codes, seine eigenen Verfahrensweisen.
Die Praxis des Bottom up-Prinzips verlangt, zwischen diesen Unterschieden zu vermitteln. Außerdem muß geschafft werden, daß sich Hauptamt und Ehrenamt längerfristig verbinden lassen, um die Qualitäten aus beiden Bereichen zusammenzuführen.
Das bedeutet unter anderem, in laufenden Projekten machen Menschen ihren Job, haben in der Freizeit aber ganz andere Dinge im Sinn. Dem stehen Menschen gegenüber, die einen Job haben, sich jedoch in ihrer Freizeit hier engagieren.
Manche der Akteurinnen und Akteure haben in solchen Projekten beruflich zu tun, werden also dafür bezahlt, arbeiten aber auch in der Freizeit, also unbezahlt, daran weiter. Je weitreichender das Projekt, desto bunter kann die Mischung der Rollen und Positionen ausfallen.
Sollen demnach komplexe Projekte gelingen, die aus ganz verschiedenen Budgets plus ehrenamtlicher Arbeit gespeist werden, treffen kontrastreiche, oft extrem unterschiedliche Kulturen der Arbeitswelt aufeinander.
Dazu kommt, daß in derlei Vorhaben einige Leute weisungsgebunden sind, weil sie innerhalb einer Firmen- oder Gemeindehierarchie stehen. Andere sind völlig selbstbestimmt unterwegs. Manche sind erfahrene Teamarbeiter, andere sind leitende Kräfte, von denen Teams geführt werden.
Damit nicht genug, gerade der Kulturbereich zieht oft engagierte Menschen an, die ein reizvolles Betätigungsfeld suchen, auf dem sie ausdrücklich jenseits vertrauter Hierarchien ihrer Arbeitswelt tätig werden können, also in größter Autonomie.
Die Praxis zeigt überdies, daß nicht allen willkommen ist, was hier – gestützt auf EU-Gelder -- entsteht. Projekte, in denen Selbstbestimmung eine Grundbedingung ist, um Budgets von auswärts zu lukrieren und dabei neue Verfahrensweisen in örtlicher und regionaler Gemeinschaft einzuführen, sind manchen alteingesessenen Kräften ein Ärgernis.
Der Grund dafür ist simpel: In jeder Neuordnung der Dinge werden bestehende Positionen und Arbeitsweisen in Frage gestellt. Das kann im schlimmsten Fall auch dazu führen, daß etablierte Kräfte junge Projekte anfeinden, abzustellen versuchen.
Wer aber auf solche Art das Bottom up-Prinzip beschädigt, gefährdet die Zusatzbudgets, derer die Region dringend bedarf. Das Jahr 2014 liegt in einer Ära des zweiten maastrichtkonformen Doppelbudgets der Steiermark. Das bedeutet: Sparpaket und Budgeteinbrüche.
Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung sind also sehr darauf angewiesen, daß engagierte Menschen in allen Lagern miteinander neue Modi erkunden, um verfügbare Mittel besser nutzen zu können, um zukunftsträchtige Projekte zu entwickeln und zu realisieren, um so unter anderem Gelder von außen in die Region zu bringen.
Es geht aber nicht bloß um materielle Belange. Welche Aufgaben hat der Staat und welche mögen in privater Hand liegen? Welche Mischformen und Kooperationen erscheinen wünschenswert, um aktuelle Aufgabenstellungen zu bewältigen? Der Kulturpakt Gleisdorf ist ein Fallbeispiel, um solchen Fragen nachzugehen.
+) Der Bottom-up-Ansatz in einem Satz:
„Damit ist die Einbeziehung der lokalen AkteurInnen, der gesamten Bevölkerung sowie der sozialen und wirtschaftlichen Interessengruppen und öffentlichen und privaten Einrichtungen in die Entscheidungsfindung gemeint.“
Quelle: LEADER Österreich: [link]
+) Kunst Ost: [link]



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