Wissensarbeit als kollektive Kulturpraxis

Bürgerliche Repräsentationskultur hat eine andere Geschichte und erfüllt andere Aufgaben als gemeinwesenorientierte Kulturarbeit.
  • Bürgerliche Repräsentationskultur hat eine andere Geschichte und erfüllt andere Aufgaben als gemeinwesenorientierte Kulturarbeit.
  • hochgeladen von martin krusche

Viele sind, wie ich, damit aufgewachsen, daß große kluge Menschen den kleinen dummen Leuten was beibringen, notfalls eintrichtern. Dabei wurden allerhand Klischeebilder zementiert. Davon ist auch der heimische Kunstbetrieb nicht frei, obwohl gerade da die formellen Grade und Hierarchien ohne jeden inhaltlichen Wert sind.

Es ist ziemlich ermüdend, wenn man sich derlei Getue anhören muß: „Ja, Herr Professor...“ „Sie meinen, Herr Magister?“ „Aber sicher, Herr Professor.“

Ich hab in meiner Arbeit laufend mit exzellenten Akademikern zu tun, manche davon mit erheblicher Reputation ausgestattet, bei denen ich so ein Herumgezicke noch nie erleben mußte.

Worauf weist das entnervende Geblödel hin? Ich muß sowas ja auch bei so mancher Vernissage hinnehmen, wo sich etwa ein eher belangloser Kulturbeauftragter, der vor Jahrzehnten eine Dissertation als Volkskundler geschafft hat, was für seine heutigen Job extrem irrelevant ist, gerne öffentlich und ausdauernd als „Herr Doktor“ promoten läßt.

Wie erwähnt, in der Kunst ist das eigentlich höchst überflüssig und nichtssagend. Das Getue hat aber mit einem sozialen Anspruch zu tun. Jemand möchte sich auf „Herrschaftswissen“ gestützt sehen und beansprucht anderen gegenüber Definitionsmacht, rechnet sich also selbst einer Definitionselite zu.

Ich darf diesen Satz in „Alltäglich“ übersetzen? „Weil ich Sachen weiß, die andere nicht wissen, darf ich sagen was es ist und andere sollen das Maul halten. Wo kämen wir denn hin, wenn das jeder machen wollte?“

Warum ich das erzähle? Weil ich anschaulich machen möchte, wie sich ein völlige veraltete Idee von Wissenserwerb und Wissen selbst per Inszenierung am Leben erhält, uns dabei den Blick auf zeitgemäße Zugänge verstellt. Damit will ich eine Erörterung der Frage einleiten, was „Wissensarbeit“ ist und warum wir uns damit befassen sollen.

Wir haben uns hier in Europa längst von einer Industriegesellschaft zu einer „wissensbasierenden Gesellschaft“ gewandelt, auch wenn diese Transformation noch nicht im Kasten ist. Das meint ungefähr, daß alle wesentlichen gesellschaftlichen Bereiche nur dann florieren, wenn die handelnden Menschen dabei wissensabhängige Vorgänge bewältigen.

Die so bestehende „Wissensgesellschaft“ stützt sich aber nicht auf den eingangs skizzierten antiquierten Begriff von Wissen, der eine Elite (Deutungselite) vom Rest, vom „Pöbel“, unterscheidet. Das heute nötige Wissen kann nur in Gemeinschaft erworben werden.

Ein zentraler Aspekt der aktuellen Auffassung von Wissen ist die Überzeugung, daß Wissen ungewiß ist, also IMMER mit Nichtwissen verknüpft.

Diese Erkenntnis ist keineswegs neu, sondern in Stück abendländischer Kulturgeschichte. Platon ließ Sokrates einst sagen: „Ich weiß, daß ich nicht weiß.“

Sokrates sagte keineswegs, daß er „nichts“ wisse, sondern „nicht“ wisse. Der Unterschied ist entscheidend. Er besagt, daß wir nie wissen können, wie ausreichend und gesichert unser Wissen ist.

Wir sind also seit über zwei Jahrtausenden angeregt, uns laufend Wissen zu erwerben, uns aber nicht darauf auszuruhen. Wissen ist kein Konsumgut, das wir uns holen wie einen Doktortitel, um es dann „konsumieren“, „verbrauchen“ zu können.

Wissen will stets neu erschaffen werden. Es liefert keine „Wahrheit“, sondern bloß die Rohstoffe für unsere Problemlösungen. Es gibt also kein Wissen ohne Nichtwissen. Der Wissenserwerb verlangt in diesem Sinn nach kollektiven Beühungen, nach gemeinsamem Tun.

Das schließt nicht aus, sich in individueller Anstrengungen ein herausragendes persönliches Fachwissen anzueignen. Aber es bleibt genauso flüchtig, stets revisonsbedürftig, wie allgemeinere Wissensgebiete. Wissensarbeit ist also jene Anstrengung, durch die verfügbares Wissen laufend überprüft, neues Wissen konstruiert und all das stets erweitert wird. Das kann niemals von einem Menschen allein und für sich geleistet werden.

Wer sich von dieser Anforderung abgestoßen fühlt, riskiert eine Existenz in niedrig qualifizierten Jobs, was bedeutet, permanent abstiegsgefährdet zu sein, am Rande dieser oder jener Armutsfalle zu leben.

Wir sind im Kulturlabor „kunst ost“ schon geraume Zeit mit einigen praktischen Fragen solcher Zusammenhänge befaßt. Kollektive Kulturarbeit ist ein Weg, um herauszufinden, was die hier eingangs skizzieren Entwicklungen in der Praxis bedeuten und verlangen.

Anders ausgedrückt: Gemeinwesenorientierte Kulturarbeit ist eine zeitgemäße Praxis der Wissensarbeit.

+) kulturpakt gleisdorf [link]

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