Grundwerte
Wiederkehr fordert Sanktionen für Integrations-Verweigerer
Am Freitag hielt Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) eine Grundsatzrede zum Zusammenleben in Österreich. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel habe auch kulturelle Konflikte in Wien und Österreich in den Vordergrund gebracht, weshalb es nun einen nationalen Schulterschluss brauche, um den sozialen Frieden und die Freiheit zu schützen. Wiederkehr forderte die Bundesregierung auf, ein Konvent einzuberufen, um das "Prinzip Österreich" festzulegen, das für ein gutes Zusammenleben notwendig sei. Darin sind auch härtere Sanktionen für Integrations-Verweigerer vorgesehen.
ÖSTERREICH. Zu Beginn seiner Grundsatzrede sprach Wiederkehr darüber, was die Bundeshauptstadt ausmache: Wien sei dank des Pluralismus eine bunte, weltoffene und spannende Stadt. Zugewanderte Menschen seien ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft und würden einen wichtigen Beitrag leisten, betonte der Vizebürgermeister. Die Stadt schöpfe aus ihrer Vielfalt ihre Kraft, aber "wo Kraft entsteht, entsteht auch Reibung". Dies habe man in den vergangenen Wochen zu spüren bekommen.
"Das hat in Wien nichts zu suchen"
Wiederkehr sprach den Terrorangriff der Hamas auf Israel an, der "die Welt ein ganzes Stück dunkler" gemacht habe. Der Angriff habe auch in Wien kulturelle Konflikte an die Oberfläche gebracht; der Vizebürgermeister erwähnte in diesem Zusammenhang den Brandanschlag auf den Zentralfriedhof, antisemitische Parolen bei Demonstrationen und Übergriffe auf den jüdischen Tempel. Es sei "verstörend und erschreckend", dass Menschen, die vor Krieg und Terror aus ihren Heimatländer geflohen sind, dies nun feiern. "Das hat in Wien nicht zu suchen und ist inakzeptabel", verurteilte Wiederkehr solches Vorgehen.
Der Vizebürgermeister betonte, dass man sich nun gemeinsam gegen die Feinde der Demokratie und europäischen Werte zur Wehr setzen müsse, die von innen und außen wirken würden. Es sei an der Zeit, eine Debatte über die Werte für ein gutes Zusammenleben zu führen.
Menschenwürde, Pluralismus und Demokratie
Für Wiederkehr gebe es drei Grundprinzipien, die für alle in Österreich gelten müssten und die nicht verhandelbar seien. Zunächst handle es sich dabei um die Menschenwürde: So habe jede und jeder Einzelne von Geburt an das Recht, das eigene Leben in Freiheit und nach eigenen Vorstellungen zu leben. "Dazu gehört im Kern, dass Mann und Frau gleichgestellt sind", so Wiederkehr.
Als zweites Prinzip nannte der Vizebürgermeister den Pluralismus. Die Freiheit der Einzelnen bedeute auch, dass man tolerant gegenüber "allen Lebensentwürfen, Glaubensrichtungen, Weltanschauungen und sexuellen Orientierungen" sei. Wichtig sei, dass die Freiheit von anderen nicht eingeschränkt werde.
Beim dritten und letzten Grundprinzip handelt es sich um die Demokratie, wie Wiederkehr betonte. Hierbei gehe es um die Spielregeln, nach denen man in Österreich zusammenlebe. Diese Regeln erstelle man zusammen und auf rechtsstaatliche Weise. "Keine Religion steht über den staatlichen Institutionen. Es herrscht das Recht und nicht das Recht des Stärkeren", so der Vizebürgermeister. Die Gesellschaft habe eine Verantwortung für den Schutz der Minderheiten.
"Populistische Aussagen können nichts bewegen"
Bei diesen drei Grundprinzipien handle es sich um Werte, an die sich alle halten müssen. Jeder, der in Wien und Österreich leben möchte, habe dies zu akzeptieren, so Wiederkehr:
"Es muss egal sein, wen Du liebst. Es muss egal sein, woran Du glaubst oder nicht glaubst. Es muss egal sein, welchen Geschlechts oder welcher Herkunft Du bist. Denn danach sollst Du niemals beurteilt werden!"
Wiens Vizebürgermeister betonte, dass in der Bundeshauptstadt bereits viel unternommen werde, um der Diskriminierung, dem Hass und dem Antisemitismus entgegenzuwirken. Zufrieden zeigte sich Wiederkehr damit aber nicht, da man an vielen "kleineren und größeren Schrauben" drehen müsse. Mit einzelnen Maßnahmen oder "populistischen Aussagen" könne man nichts bewegen.
Nationaler Schulterschluss für das "Prinzip Österreich"
Wien habe ein Bildungs- und Integrationsangebot wie kaum eine andere Stadt, aber darauf könne man sich nicht ausruhen. Es brauche nun Maßnahmen in ganz Österreich: "Die Zeit ist jetzt, um das demokratische Haus Österreich zu sanieren". Hierfür brauche es einen nationalen Schulterschluss, der über die Parteipolitik hinausgehe. Daher forderte Wiederkehr Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dazu auf, ein Konvent einzuberufen, um Prinzipien für ein gutes Zusammenleben festzulegen. Beim "Prinzip Österreich" sollen auch der Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Landesregierungen, Gemeindevertreter oder die Religionsgemeinschaften eingebunden werden.
Das Konvent solle strukturelle Maßnahmen und ein Bekenntnis ablegen. Im konkreten forderte Wiederkehr folgende Punkte:
- "Wir müssen treffsicher abschieben und zwar mit klaren Vorgaben. Dass der brave Lehrling oder die Vorzugsschülerin von Spezialeinheiten aus ihrer Umgebung gerissen werden, die Hassprediger und Straftäter aber nicht, kann nicht in unser aller Sinne sein!"
- "Wir müssen Förderangebote verpflichtend machen. Wer die Angebote ausschlägt, verliert schrittweise den Anspruch auf Sozialleistungen."
- "Wir müssen Vereine genau unter die Lupe nehmen: Verstoßen sie gegen die Prinzipien, darf es keine Förderungen mehr geben, bei wiederholten Verstößen sind die Vereine zu schließen."
- "Bundesländer, die ihre Asylquote nicht erfüllen, sollen Strafe zahlen müssen."
- "Die Bewährungshilfe muss zu einer engmaschigen und langfristigen Begleitung ausgebaut werden."
- "Wir brauchen ein verpflichtendes Unterrichtsfach 'Leben in einer Demokratie' – ab der Volksschule.
Keine pauschalen Verurteilungen
Wiederkehr betonte, dass es einen tabulosen Diskussionsprozess über Sanktionen brauche, die eingeführt werden sollen, wenn gewisse Grundwerte nicht gelebt werden. Zugleich dürfe es aber keinen Pauschalverdacht gegen alle Migranten geben. "Unsere Vielfalt ist ein Schatz" und der "tüchtige syrische Marktstandler am Brunnenmarkt oder die Pflegerin aus Afghanistan" hätten es nicht verdient, "mit den Feinden unserer Demokratie in einen Topf geworfen zu werden". Man könne dem Antisemitismus und der problematischen Stimmung daher nur gemeinsam mit der muslimischen Community entgegentreten.
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