AK-Präsident Josef Pesserl im WOCHE-Interview: "Politik muss gestalten!"

AK-Präsident Josef Pesserl | Foto: Oliver Wolf
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Knapp ein Jahr nach der Wahl zieht der steirische Arbeiterkammer-Präsident im Interview mit der WOCHE erstmals Bilanz.

Energisch, präsent und doch in sich ruhend: Der Sessel des steirischen Arbeiterkammer-Präsidenten passt für ihn offenbar gut, die Menschen und die Themen in diesem Umfeld sind ganz klar seine: Josef Pesserl im großen WOCHE-Interview.

Ist der Job so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Nun, ich hatte schon meine Vorstellungen, wo ich anpacken wollte. Was mich wirklich erwartet, hab ich aber nicht gewusst.

Und ...?
Ich bin in ein tollles Haus gekommen, in dem die Mitarbeiter höchst professionell und engagiert unterwegs sind, quer durch alle Ebenen. Das hat mir den Einstieg sehr erleichtert, auch, weil schnell eine Vertrauensbasis da war.

Trotz des Hardliner-Images, das Ihnen vorausgeeilt ist?
Dieses Image wurde zum Teil auch an mir konstruiert (schmunzelt). Ich bin jemand, der Engagement und Leistungsbereitschaft verlangt, nur dann kann ein Unternehmen auch erfolgreich sein. Auf der anderen Seite stehe ich auch hinter unseren Mitarbeitern, stärke ihnen den Rücken – fordern und fördern lautet da mein Motto.

Mit Ecken und Kanten, oder?

Sie bezeichnen es als Ecken und Kanten. Ich sage: Ich bin jemand, der klare Standpunkte einnimmt. Damit die anderen wissen, woran sie sind. Ich bin fassbar und angreifbar, man weiß wofür ich stehe.

Auch gegenüber der Wirtschaft?
Auch da gibt es eindeutige Positionen. Aber es gibt da keine Gegner, nur Partner. Die Vertreter der Wirtschaft und jene der Arbeitnehmer müssen sich – im positiven Sinn - zusammenraufen, um Lösungen zu finden. Da bin ich durchaus streitbar, aber immer lösungsorientiert.

Was ist Ihnen in Ihrer bisherigen Amtszeit gelungen?

Ich war sehr viel in den Bezirken, in den Betrieben draußen, habe das Gespräch mit den Menschen gesucht. Und wir haben viele Themen angestoßen.

Wie zum Beispiel?
Pflegegregress, Beschäftigung, Gesundheit am Arbeitsplatz, Anti-Mobbing-Maßnahmen, Bildung und einiges mehr.

Stichwort Bildung: Da rührt sich nichts, oder?

Es scheint leider sehr schwer, hier auf politischer Ebene eine Eingung zu finden. Die Ganztagesschule wäre ein sehr wichtiger Schritt, es müssen die Strukturen gefunden werden, damit Lehrkräfte und Kinder gleichermaßen unterstützt werden. Auch im Hinblick darauf, dass Eltern ob ihrer beruflichen Belastung oft nicht ausreichend in der Lage sind, sich um ihre Kinder zu kümmern.

Woran scheitert's?
Soweit sind SPÖ und ÖVP da nicht auseinander. Es wäre halt klug, nicht alles gleich öffentlich zu diskutieren. Man sollte hinter den Kulissen einmal einen gemeinsamen Nenner finden und diesen dann präsentieren.

Von der Bildung zum Arbeitsmarkt ...

Das ist leider eine beängstigende Situation. Und es ist erschreckend, dass die Politik weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene adäquate Maßnahmen gegen die steigende Arbeitslosigkeit findet.

Welche Maßnahmen könnten das sein?

Die öffentliche Hand muss die anstehenden Investitionen in die Infrastruktur endlich tätigen: Wohnbau, Schulen, Straßen, Energieversorgung, Kommunikation. Und da rede ich noch gar nicht von Forschung und Entwicklung, die wesentlich für unseren Wettbewerbsvorteil sind. Eines ist klar: Mit Sparpolitik an der falschen Stelle wird es nicht gehen. Die Politik muss endlich wieder gestalten, sie muss Rahmenbedingungen schaffen. 60.000 Arbeitslose allein in der Steiermark: Das gefährdet den sozialen Frieden, das schafft den Nährboden für Extremismus und Radikalismus.

Was muss sich ändern?

Wir brauchen mehr Stimmung, wir brauchen ein ivestitionsfreundliches Klima. Das Geld wäre bei den Unternehmern da, aber es gibt viele Unsicherheiten, deshalb warten viele ab, wie es weitergeht. Und: Wir müssen die Kaufkraft der Massen stärken, der Arbeiter, der Pensionisten, der kleinen und mittleren Betriebe. Erst dann springt die Konjunktur wieder an.

Stichwort Steuerreform ...?
Ja, wir haben gemeinsam mit der Gewerkschaft 900.000 Stimmen für eine Lohnsteuerreform gesammelt. Wir erwarten, dass diese in einem Ausmaß kommt, die wirklich die Kaufkraft steigert. Das ist keine Frage der Finanzierung, das ist ausschließlich eine Frage des politischen Willens!

Man hat aber das Gefühl, es tut sich nichts ...

Nein, ich habe den Eindruck, dass bei den Verhandlungen etwas weitergeht, Mitte März soll es ja Ergebnisse geben.

Und wenn die nicht zufriedenstellend sind?

Wir werden die Ergebnisse beraten und bewerten. Wenn das Ziel, die Stärkung der Massenkaufkraft nicht erreicht wird, werden wir die weitere Vorgehensweise beraten.

Klingt kämpferisch.

Ja.

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