Mediziner Piero Lercher
Behörde entscheidet erst Ende Dezember über Impfstoff

Piero Lercher über die Corona-Impfung und die Massentests. | Foto: meduniWien/Matern
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Die Massentests in Österreich gehen an den Start, und auch die Impfung gegen Corona wurden von der Regierung für das erste Quartal 2021 angekündigt. Verpflichtende Tests und Impfungen wird es wohl für bestimmte Personengruppen geben. Doch wie sieht das vom medizinischen Standpunkt aus? Der Sport- und Umweltmediziner Piero Lercher von der MedUni Wien sieht das kritisch. Und er verweist im Gespräch mit den Regionalmedien Austria punkto Impfstoff auf die europäische Arzneimittelagentur, laut der erst Ende Dezember entschieden wird, ob genügend Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit eines Corona-Impfstoffs vorliegen.

Herr Doktor, was halten Sie von einer Impfpflicht für das Gesundheitspersonal?
Piero Lercher: Diese Medaille hat zwei Seiten: Eine gut funktionierende Impfung ist sicherlich ein Segen, aber es braucht auch die entsprechende Zeit für eine Entwicklung. Die Frage ist, ob das in dieser kurzen Zeit möglich war, noch dazu bei einem Virus, dessen Dynamik und Verhaltensweise noch im Forschungsstadium ist. Von der europäischen Arzneimittelagentur heißt es, dass Ende Dezember 2020 entschieden wird, ob genügend Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit eines COVID-19-Impfstoffs vorliegen. Andererseits gibt es jetzt auch schon eine dringende Impfempfehlung beispielsweise für Hepatitis B beim Gesundheitspersonal und bei Menschen, die beruflich eng mit anderen zusammenarbeiten, wie Friseure oder Köche. Diese Impfung ist etabliert, der Impfstoff sicher und es gibt auch keinen Widerstand sich impfen zu lassen.

Sie sind also für eine verpflichtende Impfung bei diesen Personengruppen?
Eine gut funktionierende Impfung ist wichtig, aber es hängt davon ab, um welche Impfung es sich handelt und wie gut der Impfstoff erforscht ist. Trotz der kurzen Entwicklungsphase muss jedoch garantiert werden, dass der Impfstoff einen hohen Wirkungsgrad hat und möglichst wenig bis keine Nebenwirkungen zeigt. Diese Garantie ist eine der Grundbedingungen. Die Verpflichtung zu einer Impfung erzeugt mehr Widerstand, als eine vernünftige, aufklärende und verständliche Empfehlung.

Soll es eine Pflicht zu Testungen im Gesundheitsbereich geben?
Prinzipiell ist Testen gut, weil man viele unentdeckte Fälle herausfiltern und die Infektionskette durchbrechen kann. Es ist aber kein Allheilmittel, weil es nur eine punktuelle Analyse ist. Da könnte der Irrglaube entstehen, dass man nach einem negativen Test nicht mehr potentiell ansteckend ist. Wichtig wäre zusätzlich, aktive Maßnahmen zu setzen, um das Immunsystem zu fördern. Hier ist auf jeden Fall Nachholbedarf gegeben.

Wie bewerten Sie die Kommunikation der Regierung?
Der Krankheitserreger SARS-CoV-2, auch Coronavirus genannt, ist gefährlich und ernst zu nehmen. Mit dauernd wechselnden Horuck-Aktionen und Strategiewechseln nimmt die Bevölkerung wirksame Maßnahmen möglicherweise nicht mehr ernst und neigt dazu, diese sogar lächerlich zu machen bzw. diese lebensbedrohende Krankheit zu ignorieren. Gefordert ist, dass die Gesundheitskompetenz und -kommunikation über Experten/innen in einer besonnenen, motivierenden und animierenden Form erfolgt. Es sollten übrigens dringend auch Maßnahmen propagiert werden, um das Immunsystem zu stärken, etwa über Ernährung oder Sport. Auch sollte neben den Hygienemaßnahmen und Impfstoffentwicklungen auch die Entwicklung geeigneter Medikamente und Wirkstoffe stärker forciert werden.

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Piero Lercher über die Corona-Impfung und die Massentests. | Foto: meduniWien/Matern
Lercher: Eine gut funktionierende Impfung ist wichtig, aber es hängt davon ab, um welche Impfung es sich handelt und wie gut der Impfstoff erforscht ist.  | Foto: Pixabay

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